Entscheidungsstichwort (Thema)

Teilarbeitslosengeldanspruch. Erfüllung der Anwartschaftszeit. Berücksichtigung zweier Teilarbeitsverhältnisse. keine Einbeziehung von vorangegangener Vollzeitbeschäftigung. Verfassungsmäßigkeit

 

Orientierungssatz

§ 162 Abs 2 Nr 3 SGB 3 verletzt nicht dadurch Art 3 Abs 1 und Art 14 Abs 1 GG, dass nur die innerhalb der zweijährigen Rahmenfrist mindestens 12 Monate parallel zueinander ausgeübten Teilzeitbeschäftigungen zur Erfüllung der Anwartschaftszeit für das Teilarbeitslosengeld herangezogen und vorangegangene Vollzeitbeschäftigungen nicht einbezogen werden.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 13.03.2018; Aktenzeichen B 11 AL 23/16 R)

 

Tenor

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Speyer vom 05.12.2013 - S 10 AL 410/12 - wird zurückgewiesen.

2. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Die Klägerin begehrt die Gewährung von Teilarbeitslosengeld (TeilAlg) für die Zeit vom 15.09.2012 bis zum 31.12.2012.

Die 1966 geborene Klägerin war in der Zeit vom 01.02.2006 bis zum 31.07.2010 als pädagogische Fachkraft versicherungspflichtig beschäftigt gewesen. Auf ihre Arbeitslosmeldung vom 02.08.2010 hatte ihr die Beklagte Arbeitslosengeld (Alg) bewilligt. Die Bewilligung war ab dem 10.09.2010 wegen Aufnahme einer Beschäftigung aufgehoben worden.

In der Zeit vom 10.09.2010 bis zum 27.07.2011 hatte sie eine versicherungspflichtige Beschäftigung als wissenschaftliche Lehrkraft beim Land B. an einer Schule in W. ausgeübt. Hiernach war ihr vom 28.07.2011 bis 31.12.2011 Alg weiterbewilligt worden.

Die Klägerin nahm ab dem 01.01.2012 zum einen eine Teilzeitbeschäftigung als Sozialarbeiterin in der Straffälligenhilfe bei dem K. Verein für soziale Dienste (SKV) in der Erzdiözese F. mit einer Arbeitszeit von 19,5 Stunden/Woche, Einsatzort J.(JVA) M., und zum anderen eine weitere Teilzeitbeschäftigung im Umfang von 50 % der durchschnittlichen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit eines Vollbeschäftigten beim Land B. in der JVA M. auf. Beide Tätigkeiten in der JVA umfassten jeweils unterschiedliche Aufgabengebiete.

Ihre für das Land B. bei der JVA M. ausgeübte Tätigkeit gab die Klägerin am 10.09.2012 aus gesundheitlichen Gründen auf und beantragte unter Verweis auf den Verlust dieser Tätigkeit bei der Beklagen die Bewilligung von TeilAlg.

Die Beklagte lehnte den Antrag der Klägerin auf Bewilligung von TeilAlg vom 15.09.2012 mit Bescheid vom 02.10.2012 mit der Begründung ab, die Klägerin sei in den letzten beiden Jahren vor dem 15.09.2012 weniger als 12 Monate versicherungspflichtig beschäftigt gewesen und habe daher die Anwartschaftszeit nicht erfüllt.

Mit ihrem hiergegen gerichteten Widerspruch machte die Klägerin geltend, die Formulierung des § 162 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) sei nicht geglückt. Angesichts auftretender Sonderfälle sei eine verfassungskonforme Auslegung geboten. Der Umstand, dass sie zur Vermeidung weiterer Arbeitslosigkeit sich dazu entschlossen habe, zwei Halbtagsstellen anstelle einer Vollzeitstelle anzunehmen, dürfe ihr nicht zum Nachteil gereichen. Es könne nicht sein, dass ihr Restanspruch aus ihrer vor Annahme der beiden Teilzeitbeschäftigungen ausgeübten Vollzeittätigkeit unberücksichtigt bleibe. Andernfalls wäre die Regelung angesichts des eigentumsrechtlichen Schutzes der sozialversicherungsrechtlichen Anwartschaftsansprüche verfassungswidrig.

Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 08.11.2012 zurückgewiesen. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf TeilAlg; denn sie habe die diesbezügliche Anwartschaftszeit nicht erfüllt. Sie habe innerhalb der Rahmenfrist von zwei Jahren nicht mindestens zwölf Monate eine weitere versicherungspflichtige Beschäftigung ausgeübt. Ihre Beschäftigung bei der JVA M. habe nur den Zeitraum von neun Monaten umfasst. Sie habe auch keinen Anspruch auf Alg gemäß § 136 Abs 1 Nr 1 SGB III, weil sie weiterhin eine 19,5 Stunden/Woche umfassende Beschäftigung ausübe und daher nicht arbeitslos im Sinne des (iSd) § 138 Abs 1 Nr 1 iVm Abs 3 Satz 1 SGB III sei. Die Ausübung von Ermessen sei im vorliegenden Fall ausgeschlossen, weil es sich nach dem Wortlaut des § 162 SGB III um eine gebundene Entscheidung handele.

Die Klägerin hat ihre Beschäftigung beim Katholischen Verein für Sozialdienste in der Erzdiözese F. bis zum 31.12.2012 ausgeübt. Auf ihre Arbeitsuchendmeldung am 18.09.2012 und ihre persönliche Arbeitslosmeldung vom 02.01.2013 gewährte ihr die Beklagte mit Bescheid vom 28.01.2013 für die Zeit vom 01.01.2013 bis zum 30.12.2013 Alg. Nachdem die Klägerin zum 20.03.2013 eine Beschäftigung in einem Umfang von 62,5 % der vollschichtigen Beschäftigung aufgenommen hatte, wurde die Bewilligung aufgehoben. Diese Tätigkeit hat die Klägerin bis zum 06.11.2013 ausgeübt und sodann erneut vom 07.11.2013 bis zum 08.04.2014 Alg bezogen. Seit dem 09.04.2014 übt sie wieder eine Teilzeitbeschäftigung in einem Umfang von 50 % einer Vollzeitbeschäftigung aus.

Mit ihrer bereits am 16.11.2012 bei ...

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