Entscheidungsstichwort (Thema)
Förderung der ganzjährigen Beschäftigung. Anspruch auf Saison-Kurzarbeitergeld und ergänzende Leistungen. Einsatz auf Baustellen im Ausland. Beschränkung auf Inlandsbeschäftigung. Verfassungsmäßigkeit. Europarechtskonformität
Orientierungssatz
1. Die Gewährung von Saison-Kurzarbeitergeld und ergänzenden Leistungen gem §§ 175, 175a SGB 3 ist auf im Inland auf Baustellen eingesetzte Arbeitnehmer beschränkt.
2. Diese Beschränkung verstößt weder gegen Verfassungsrecht und ist mit dem Europarecht vereinbar. "/≫
Nachgehend
Tenor
1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Koblenz vom 08.04.2014 wird zurückgewiesen.
2. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt für die Monate Februar und März 2012 die Gewährung von Saison-Kurzarbeitergeld (Saison-Kug) nebst ergänzenden Leistungen für ihre auf im EU-Ausland gelegenen Baustellen beschäftigte Arbeitnehmer.
Die Klägerin ist ein im Inland ansässiges Unternehmen, das auf Baustellen der Auftraggeber Arbeiten in Lohnarbeit ausführt. Im Februar 2012 verrichteten ihre Arbeitnehmer Schalungs- und Beton- sowie Rohbauarbeiten auf einer jeweils in Deutschland und in Luxemburg gelegenen Baustelle sowie auf fünf in Österreich gelegenen Baustellen. Im März 2012 beschäftigte sie ihre Arbeitnehmer auf jeweils einer Baustelle in Deutschland und Luxemburg. Am 09.03.2012 beantragte sie bei der Beklagten für Februar 2012 die Gewährung von Saison-Kug nebst ergänzenden Leistungen in Form von Mehraufwand-Wintergeld und pauschalierter Erstattung der Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von (i.H.v.) insgesamt 37.903,06 € (Saison-Kug 22.122,46 €, Erstattung der Sozialversicherungsbeiträge 15.496,10 €, Mehraufwand-Wintergeld 284,50 €) sowie am 10.04.2012 die Gewährung entsprechender Leistungen für März 2012 i.H.v. insgesamt 2.266,30 € (Saison-Kug 1.331,46 €, Erstattung der Sozialversicherungsbeiträge 934,84 €). Die Beklagte bewilligte mit Bescheid vom 23.04.2012 für März 2012 - unter Ablehnung im Übrigen - Leistungen i.H.v. insgesamt 1.191,81 € (Saison-Kug 707,95 €, Sozialversicherungsbeiträge 483,86 €) sowie mit Bescheid vom 10.05.2012 für den Anspruchszeitraum Februar 2012 - unter Ablehnung im Übrigen - Leistungen i.H.v. insgesamt 2.732,41 € (Saison-Kug 1.598,49 €, Sozialversicherungsbeiträge 1.101,42 €, Mehraufwand-Wintergeld 32,50 €). Die Gewährung von Saison-Kug nebst ergänzenden Leistungen für diejenigen Arbeitnehmer, die auf im EU-Ausland gelegenen Baustellen beschäftigt waren, lehnte sie in beiden Bescheiden mit der Begründung ab, witterungsbedingte (und wirtschaftlich bedingte) Arbeitsausfälle auf Baustellen im Ausland könnten aufgrund des Territorialitätsprinzips keine Ansprüche auf Saison-Kug begründen. Die unter Rüge eines Verstoßes gegen die Arbeitnehmerfreizügigkeit beschränkt erhobenen Widersprüche der Klägerin blieben erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 10.07.2012 (Bescheid vom 10.05.2012) sowie Widerspruchsbescheid vom 11.07.2012 (Bescheid vom 23.04.2012)).
Mit ihrer am 01.08.2012 bei dem Sozialgericht Koblenz (SG) erhobenen Klage hat die Klägerin unter Wiederholung ihres bisherigen Vorbringens ihr Begehren weiterverfolgt. Zur Begründung hat sie ergänzend geltend gemacht, die von der Beklagten zitierten Entscheidungen des Bundessozialgerichts (BSG) beträfen eine inzwischen veraltete Rechtslage. Ausgangspunkt dieser Entscheidungen sei noch das Arbeitsförderungsgesetz (AFG) gewesen, in welchem ursprünglich geregelt gewesen sei, dass Wintergeld für die im Geltungsbereich des Gesetzes geleisteten Arbeitsstunden gewährt werde. Eine solche Vorschrift finde sich in den Regelungen über das Saison-Kug im SGB III nicht mehr. Im Rahmen der Regelungssystematik des SGB gelte vielmehr die Vorschrift des § 30 Abs. 1 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I), worin es heiße, dass die Vorschriften dieses Gesetzbuches für alle Personen gelten, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in seinem Geltungsbereich hätten. Diese Voraussetzungen seien vorliegend erfüllt. In der Entscheidung des BSG vom 20.04.1977 (- 7 RAr 55/75 -, juris) werde darauf hingewiesen, dass die bereits in der Widerspruchsbegründung zitierte Vorschrift des Art. 14 Nrn 1a und b VO (EWG) Nr. 1408/71 nicht anwendbar sei. Für die Nachfolgevorschrift des Art. 12 Abs. 1 VO (EG) Nr. 883/2004 sei jedoch anerkannt, dass diese für alle Zweige der sozialen Sicherheit gelte. Es handele sich bei dieser Verordnung der Überschrift nach um eine Verordnung zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit. Hierauf verweise auch das Landessozialgericht Bayern (LSG) in seiner Entscheidung vom 01.07.2009 (- L 9 AL 109/09 B ER -, juris) zum Kurzarbeitergeld. In der Entscheidung des BSG vom 25.07.1985 (- 7 RAr 114/83 -, juris) sei aufgrund einer Entsendung von Mitarbeitern einer Tiefbaufirma in die Schweiz auf die europäischen Vorschriften nicht ...