Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung für Arbeitsuchende. Vermögensberücksichtigung. Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung gegen die Eltern nach Forderungsabtretung zu deren Befreiung von Verbindlichkeiten gegen Übertragung des Eigentums an deren Haus erst in 5 Jahren. Nichtigkeit des Vertrages wegen fehlender notarieller Beurkundung. keine baldige Beschaffung eines Hausgrundstücks. keine besondere Härte
Leitsatz (amtlich)
1. Ein Bereicherungsanspruch nach § 812 Abs 1 BGB ist als Vermögen iS des § 12 Abs 1 SGB 2 anzusehen.
2. Vermögen dient nicht der "baldigen" Beschaffung eines Hausgrundstücks von angemessener Größe, wenn die Eigentumsübertragung erst fünf Jahre nach Antragstellung erfolgen soll.
3. Bei der Frage, ob die Verwertung des Vermögens eine besondere Härte iS des § 12 Abs 3 S 1 Nr 6 SGB 2 bedeutet, kommt es nicht darauf an, ob die Verwertung eine besondere moralische Härte darstellen würde.
Tenor
1. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Koblenz vom 11.02.2009 aufgehoben.
Die Klage wird abgewiesen.
2. Außergerichtliche Kosten des Rechtsstreits sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Streitig ist, ob der Kläger in der Zeit vom 15.12.2006 bis zum 31.07.2007 Anspruch auf ergänzende Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) hat.
Der am … 1982 geborene Kläger erlitt im Juli 1998 mit seinem Moped einen Verkehrsunfall und hat einen Grad der Behinderung (GdB) von 100. Außerdem erfüllt er die Voraussetzungen der Merkzeichen "G", "aG" und "H". Aufgrund der Verletzungsfolgen ist der Kläger querschnittsgelähmt und zur Fortbewegung auf einen Rollstuhl angewiesen. Die Mutter des Klägers H G (H.G.) hatte 1994 für den Kläger bei der D AG eine private Unfallversicherung abgeschlossen, die beim Kläger unfallbedingt einen Invaliditätsgrad von 100 % anerkannte und ihm im August 1999 eine Invaliditätsleistung von 390.000,00 DM (entspricht 199.403,83 Euro) zahlte.
Im Unfallzeitpunkt lebte der Kläger mit seiner Mutter in der O in N . Dieses Haus hatten seine Eltern 1981/1982 gebaut; die Grundstücksgröße beträgt 700 m² und die Wohnfläche 123 m². Seit der Scheidung der Eltern des Klägers im Jahre 1993 ist H.G. Alleineigentümerin dieses Hauses. Sie hat noch einen Sohn, der 1980 geboren ist. H.G. hat nach ihrer Scheidung erneut geheiratet. Von 1992 bis Ende 2008 arbeitete sie in Teilzeit als kaufmännische Angestellte und verdiente 590,00 € netto. Ihr Ehemann verdiente im streitigen Zeitraum ca. 1.800,00 € netto.
1999 wurde das zu diesem Zeitpunkt bereits nicht mehr mit Verbindlichkeiten belastete Haus in der O behinderungsgerecht umgebaut. Um von der Garage in das Wohnzimmer gelangen zu können, wurde eine Rampe an das Haus angebaut, die Türen wurden verbreitert, das Bad verändert, ein Treppenlift eingebaut und die Kellerräume umgebaut. Die Kosten hierfür betrugen 53.000,00 DM (entspricht 27.098,46 Euro). Für den Umbau erhielt der Kläger Zuschüsse von der B (B ), der Stadt- und der Kreisverwaltung N (Wohnungsbauförderung, Wiedereingliederungshilfe).
Am 16.08.1999 schloss der Kläger bei der V AG eine kapitalbildende Risikolebensversicherung mit automatischer Anpassung ab. Versicherte Person im Todesfall war seine Mutter. Die dem Kläger von der privaten Unfallversicherung ausgezahlte Versicherungssumme wurde zum Teil für behinderungsbedingte Anschaffungen des Klägers, z.B. Sportrollstühle, den Umbau des Hauses und eines Fahrzeugs verwendet. Eine Summe von umgerechnet 100.000 Euro zahlte der Kläger, vertreten durch seine Mutter, nach seinen Angaben vierteljährlich in die V AG in fünf Raten ein. Zum 01.09.2002 wurde der Versicherungsvertrag (T ...-...) geändert. Danach beträgt das Todesfallkapital zum Stichtag 01.09.2002 85.855,00 Euro und das Erlebensfallkapital bei Abruf zum 01.09.2006 119.018,00 Euro, bei Abruf zum 01.09.2007 123.618,00 Euro, bei Abruf zum 01.09.2008 128.396,00 Euro, bei Abruf zum 01.09.2009 133.358,00 Euro, bei Abruf zum 01.09.2010 138.512,00 Euro und bei Ablauf des Versicherungsvertrages zum 01.09.2011 143.865,00 Euro. Für den Kläger und seine Mutter stand von Anfang an fest, dass die Lebensversicherung erst bei Ablauf des Versicherungsvertrages ausgezahlt werden soll.
Die Mutter des Klägers erwarb für sich und ihren Ehemann am 23.05.2006 ein Einfamilienhaus in der H in E . Hierbei handelt es sich einen Bungalow mit einer Wohnfläche von ca. 80 m² und einer Grundstücksgröße von ca. 500 m². Der Kaufpreis betrug 154.000,00 Euro. Zur Finanzierung des Kaufpreises nahm die Mutter des Klägers am 24.05.2006 bei der V bank N eG zwei Darlehen in Höhe von 85.000,00 Euro (Darlehensvertrag-Nr.: … ; bis zum 01.09.2011 festgeschriebener Zinssatz von 4,1500 % jährlich) und 70.000,00 Euro (Darlehensvertrag-Nr.: … ; bis zum 01.05.2014 festgeschriebener Zinssatz von 4,2500 % jährlich) auf. Seit Abschluss der Darlehensverträge zahlt H.G. hierauf nur die anfallenden Zinsen, Tilgungsleistungen erfolgen nicht.
Ebenfalls am 24.05.2006 trat der Kläger sei...