Entscheidungsstichwort (Thema)

Pflegeversicherung. Zur Streitwertbestimmung beim Streit um das Unterlassen eines Pflegetransparenzberichtes

 

Leitsatz (amtlich)

1. Für eine Beschwerdeentscheidung zur Höhe des Streitwertes ist der gesamte Senat zuständig und nicht lediglich der Berichterstatter. Entgegen einer verbreiteten Ansicht anderer Landessozialgerichte findet § 66 Abs 6 Satz 1 GKG keine Anwendung.

2. In der Streitwertbewertung sind Verfahren auf Unterlassung von zu veröffentlichenden Pflegetransparenzberichten und Verfahren, die konkrete Maßnahmebescheide zum Gegenstand haben, nicht gleichzusetzen (aA: LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 2.5.2012, L 10 P 5/12 B ER). Maßnahmebescheide betreffen konkrete Handlungen oder Unterlassungen, die in ihrer wirtschaftlichen Bedeutung differenzierbar sind. Auch die Zielsetzung und Rechtsfolge beider Verfahren ist unvergleichbar. Eine Gleichsetzung führt zudem zu erheblichen Bewertungsschwierigkeiten.

 

Orientierungssatz

Parallelentscheidung zu dem Beschluss des LSG Halle vom 2.10.2012 - L 4 P 19/12 B, der vollständig dokumentiert ist.

 

Normenkette

GKG § 66 Abs. 6 S. 1, § 52 Abs. 2, § 63 Abs. 3 S. 2, § 68 Abs. 1 S. 5; SGG § 155 Abs. 1; ZPO § 568 Sätze 1-2; SGB XI § 115 Abs. 2-3

 

Tenor

Die Beschwerde der Klägerin wird zurückgewiesen.

Der Beschluss ergeht gerichtskostenfrei.

Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

I.

Umstritten ist ein Streitwertbeschluss des Sozialgerichts Halle vom 6. Juni 2012 in einem Verfahren, in dem die Beschwerdeführerin (im Folgenden: Klägerin) die Beschwerdegegner (im Folgenden: Beklagte) auf Unterlassung gegen die Veröffentlichung eines Transparenzberichts gemäß § 115 Abs. 1 a Sozialgesetzbuch Elftes Buch - Soziale Pflegeversicherung (SGB XI) in Anspruch genommen hatte.

Die Klägerin betrieb eine ambulante Pflegeeinrichtung. Der Medizinische Dienst der Krankenversicherung (MDK) führte am 26. Juli 2011 im Auftrag der Beklagten eine Qualitätsprüfung nach § 114 SGB XI durch. Daraufhin beantragte die Klägerin im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes, es zu unterlassen, den streitigen Transparenzbericht zu veröffentlichen (stattgebender Beschluss des Sozialgerichts Halle vom 5. Dezember 2011, S 21 P 81/11 ER). Am 22. Dezember 2011 hat die Klägerin in der Hauptsache Klage beim SG Halle erhoben. Nach einer erneuten MDK-Prüfung am 12. März 2012, die zu einem deutlich besseren Ergebnis geführt hatte, wurde das Verfahren von der Klägerin für erledigt erklärt. Die Beklagten erklärten sich bereit, die Kosten zu übernehmen.

Im Beschluss vom 6. Juni 2012 hat das SG den Beklagten die Kosten des Verfahrens auferlegt und den Streitwert auf 5.000,00 EUR festgesetzt. Die Klägerin hat gegen den ihr am 11. Juni 2012 zugestellten Beschluss am 25. Juni 2012 Beschwerde gegen die Streitwertfestsetzung eingelegt und geltend gemacht: Nach der zutreffenden Bewertung des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen im Beschluss vom 2. Mai 2012 - L 10 P 5/12 B ER sei die Veröffentlichung eines Transparenzberichts nicht nur mit dem Auffangstreitwert, sondern höher zu bewerten. Die Veröffentlichung eines Transparenzberichts sei mit der Bestimmung des Streitwertes bei Maßnahmebescheiden zu vergleichen und daher gleich zu behandeln.

Die Klägerin beantragt nach ihrem schriftlichen Vorbringen,

den Beschluss des Sozialgerichts Halle vom 6. Juni 2012 abzuändern und den Streitwert auf 25.000,00 EUR festzusetzen.

Die Beklagten beantragen nach ihrem schriftlichen Vorbringen,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie haben vorgetragen: Nach der ständigen Rechtsprechung des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt sei in derartigen Fällen grundsätzlich vom Auffangstreitwert in Höhe von 5.000,00 EUR auszugehen.

Das SG hat der Beschwerde am 30. August 2012 nicht abgeholfen.

II.

Im vorliegenden Fall ist der gesamte Senat zur Entscheidung über die Beschwerde zuständig. Entgegen einer verbreiteten Auffassung anderer Landessozialgerichte ergibt sich aus § 66 Abs. 6 Satz 1 Gerichtskostengesetz (GKG) keine Befugnis des Berichterstatters als Einzelrichter allein zu entscheiden (vgl. zu dem Meinungsstreit Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Auflage 2012, § 155 Rdn. 9d). Nach dem Gesetzeswortlaut sowie nach der Entstehungsgeschichte der Norm und der Parallelvorschrift des § 568 Satz 1 und 2 Zivilprozessordnung (ZPO) soll eine Entscheidung nur dann von einem einzelnen Richter des Spruchkörpers getroffen werden, wenn die jeweilige Prozessordnung in der konkreten Fallkonstellation eine Übertragung auf den Einzelrichter erlaubt. Dies ist in der Sozialgerichtsbarkeit im Beschwerdeverfahren jedoch nicht der Fall. In § 155 Sozialgerichtsgesetz (SGG) findet sich für das Beschwerdeverfahren keine entsprechende Regelung (so zutreffend Landessozialgericht Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 27. April 2009, L 5 B 451/08 KA, zitiert nach juris).

Die Beschwerde ist zulässig. Die Beschwerdefrist ist gewahrt. Die Klägerin hat die Beschwerde innerhalb von sechs Monaten eingelegt, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt hat od...

Dieser Inhalt ist unter anderem im SGB Office Professional enthalten. Sie wollen mehr?