Entscheidungsstichwort (Thema)

Gewährung eines trägerübergreifenden Persönlichen Budgets zur Sicherstellung der Pflege in der eigenen Wohnung durch einstweiligen Rechtsschutz

 

Orientierungssatz

1. Voraussetzung des einstweiligen Rechtsschutzes durch Inanspruchnahme des Gerichts ist die Einleitung eines Verwaltungsverfahrens bei der Behörde. Dazu gehört die vollständige Mitteilung der für die Behördenentscheidung maßgebenden Angaben. Macht der Antragsteller die Bewilligung eines trägerübergreifenden Persönlichen Budgets für die Sicherstellung der Pflege in der eigenen Wohnung geltend, so hat er zur Glaubhaftmachung des Anordnungsanspruchs sowohl ein aktuelles medizinisches Gutachten zur geltend gemachten Pflegebedürftigkeit vorzulegen als auch seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse darzulegen.

2. Verweigert der Antragsteller den entsprechenden Nachweis, so ist dem Gericht eine Feststellung verwehrt, ob bzw. in welchem Umfang tatsächlich Leistungen durch Pflegekräfte erbracht werden und hierdurch Kosten entstehen, die nach § 17 Abs. 3 S. 3 SGB 9 Voraussetzung für die Berücksichtigung im Rahmen des Persönlichen Budgets wären.

 

Tenor

Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Halle vom 1. April 2011 wird zurückgewiesen.

Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

I.

Die Antragstellerin (Ast.) begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes von dem Antragsgegner (Ag.) die Gewährung eines trägerübergreifenden Persönlichen Budgets für die Sicherstellung ihrer Pflege in der eigenen Wohnung.

Für die am ... 1931 geborene Ast. ist eine Pflegebedürftigkeit im Sinne des Elften Buches Sozialgesetzbuch (Soziale Pflegeversicherung - SGB XI) nach der Pflegestufe III sowie vom Versorgungsamt ein Grad der Behinderung (GdB) von 100 mit den Merkzeichen "B", "G", "aG", "H" und "RF" anerkannt. Aus dem von den Pflegefachkräften Thon und Reiter und der Fachärztin f. Allgemeinmedizin/Sozialmedizin Dr. S., Sozialmedizinischer Dienst H. der Deutschen Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See, erstellten Gutachten zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit vom 3. Februar 2011 ergibt sich auf Grund der Untersuchung am Tag des Gutachtens eine in erhöhtem Maße eingeschränkte Alltagskompetenz der Ast. seit dem 19. Mai 2005. Als Umfang der pflegerischen Versorgung wird dort eine häusliche Krankenpflege durch Medikamentengabe (dreimal täglich), Hilfe in Bezug auf die Kompressionsstrümpfe (zweimal täglich) und Pflege eines - seit dem 19. Januar 2011 beauftragten - Pflegedienstes (einmal täglich) angegeben. Zurzeit versorge der Verfahrensbevollmächtigte die Ast. im hauswirtschaftlichen und grundpflegerischen Bereich bei Abwesenheit des Pflegedienstes (mehr als 28 Stunden in der Woche). Er habe angegeben, ab dem 1. März 2011 berufstätig zu sein. Pflegerelevante Einschränkungen der Ast. bestünden durch eine vaskuläre Demenz, Morbus Parkinson, Stuhl- und Harninkontinenz, einen Zustand nach Operation eines Gebärmuttertumors mit anschließender Bestrahlung und nach Schlaganfall mit Kraftminderung rechts sowie eine Knotenstruma mit Kurzatmigkeit. Die Ast. befinde sich in einem guten Pflege- und Ernährungszustand und einem reduzierten Kräftezustand. Die Begutachtungssituation sei von ihr nicht erfasst worden.

Die Ast. führte in ihrem am 13. Januar 2011 - unter Bezugnahme auf eine frühere telefonische Antragstellung - bei dem Sozialamt H. eingegangenen Schreiben aus, sie übe, vertreten durch ihren mit einer Betreuungsvollmacht ausgestatteten Verfahrensbevollmächtigten - "ihr Wahlrecht entsprechend SGB XI" dahin gehend aus, dass sie weiter Pflege in der Häuslichkeit wünsche. Sie beantrage Leistungen der Hilfe zur Pflege einschließlich der hauswirtschaftlichen Versorgung und Eingliederungshilfe, jeweils durch Erstattung der Kosten für selbstbeschaffte Pflegekräfte einschließlich der Kosten für die Lohn- und Gehaltsabrechnung, der Aufwendungen des Verfahrensbevollmächtigten zzgl. eines Pflegegeldes. Da die Kosten für Unterkunft und Heizung für ihre Pflegepersonen nicht mehr übernommen würden, könne die Pflege durch Familienangehörige nicht mehr wie bisher fortgesetzt werden.

Nach Absendung von Antragsformularen zur Einkommens- und Vermögenssituation der Ast. ist im Rahmen eines am 2. Februar 2011 von einer Mitarbeiterin des Sozialamts H. mit dem Verfahrensbevollmächtigten der Ast. geführten Telefonats auf die Notwendigkeit entsprechender Angaben hingewiesen worden. Die sodann mit Einschreiben/Rückschein an den Verfahrensbevollmächtigten nochmals abgesandten Unterlagen sind während der Lagerzeit bei der Post von dem Empfänger nicht abgeholt worden.

Mit dem bei dem Sozialamt H. am 6. Februar 2011 eingegangenen Schreiben teilte die Ast. mit, es sei beabsichtigt, ab dem 1. März 2011 "Assistenten" einzustellen. Das Sozialamt H. antwortete hierauf mit Schreiben vom 8. Februar 2011, die erforderlichen Unterlagen, die Voraussetzung einer Prüfung der Anspruchsvoraussetzungen für ein Persönliches Budget im Rahmen der Vorrangigkeitsprüfung seien...

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