Entscheidungsstichwort (Thema)
Feststellung der aufschiebenden Wirkung der Berufung bei einem Erstattungsbescheid des Grundsicherungsträgers
Orientierungssatz
1. In den Fällen, in denen die aufschiebende Wirkung eines Rechtsmittels umstritten ist oder in denen eine Vollziehung durch die Behörde trotz der aufschiebenden Wirkung zu erwarten ist, kann das Gericht, bei dem die Klage oder die Berufung anhängig ist, die aufschiebende Wirkung analog § 86 b Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGG deklaratorisch feststellen. Dies ist u. a. dann der Fall, wenn die Behörde zu erkennen gibt, dass sie die aufschiebende Wirkung für nicht gegeben erachtet.
2. Nach § 154 Abs. 1 SGG hat die Berufung aufschiebende Wirkung, soweit die Klage nach § 86 a SGG Aufschub bewirkt. Damit sind für die Dauer des Berufungsverfahrens Zwangsvollstreckungsmaßnahmen aus einem Aufhebungs- und Erstattungsbescheid des Grundsicherungsträgers ausgeschlossen.
Tenor
Die aufschiebende Wirkung der Anfechtung des Erstattungsbescheides der Arbeitsgemeinschaft SGB II Halle GmbH vom 7. September 2006 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 17. Juli 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. Juli 2007 für die Dauer des Berufungsverfahrens wird festgestellt.
Die Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten in diesem Antragsverfahren zu erstatten.
Gründe
I.
Der Kläger wendet sich mit einer in der Berufungsinstanz anhängigen Anfechtungsklage gegen einen Aufhebungs- und Erstattungsbescheid.
Der Kläger und seine Ehefrau bezogen als Bedarfsgemeinschaft ab Anfang des Jahres 2005 als Bedarfsgemeinschaft Arbeitslosengeld II (Alg II) als Leistung zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) aufgrund von Bewilligungen durch die Arbeitsgemeinschaft SGB II Halle GmbH (Arge). Ab dem 1. Januar 2011 ist das Jobcenter Halle der Rechtsnachfolger der Arge.
Mit dem angefochtenen Leistungsbescheid hob die Arge die Leistungsbewilligung für den Zeitraum vom 1. Juli 2005 bis zum 31. Dezember 2005 teilweise auf und forderte gezahlte Leistungen in Höhe von 3130,44 EUR zurück, wobei 1788,00 EUR auf die Regelleistungen entfallen. Zur Begründung führte die Arge aus: Eine der Ehefrau des Klägers im Juli und August 2005 zugeflossene Erbschaft sei anspruchsmindernd ab dem Zufluss zu berücksichtigen. Der Kläger habe die Erbschaft zumindest grob fahrlässig nicht angezeigt. Die nach erfolglosem Widerspruchsverfahren am 8. August 2007 beim Sozialgericht Halle (SG) erhobene Klage hat das SG mit Urteil vom 20. Oktober 2010 als unbegründet abgewiesen.
Gegen das ihm am 17. November 2010 zugestellte Urteil hat der Kläger am 15. Dezember 2010 Berufung eingelegt. Mit Antrag vom 28. Februar 2011 hat er begehrt, die aufschiebende Wirkung der Berufung festzustellen.
Zur Begründung hat der vorgetragen: Seine Berufung habe Kraft Gesetzes aufschiebende Wirkung. Es sei aber zu befürchten, dass diese nicht beachtet werde. Hierzu hat er ein als "Mahnung" bezeichnetes Schreiben der Bundesagentur für Arbeit Berlin-Brandenburg vom 23. Februar 2011 vorgelegt. Hierin wird bezüglich des auf die gezahlten Grundsicherungsleistungen entfallenden Forderungsteils vom 1788,00 EUR festgestellt, der Betrag sei noch offen. Sofern der Betrag nicht binnen einer Woche überwiesen werde, würden "unverzügliche Maßnahmen der Zwangsvollstreckung" veranlasst werden, durch die weitere Kosten entstünden.
Der Berichterstatter hat dem Antragsgegner die Antragsschrift nebst Anlage mit der Möglichkeit "zur kurzfristigen Stellungnahme" übersandt (mit Telefax vom 1. März 2011, zugegangen laut Sendebericht an diesem Tage um 9.02 Uhr). Eine Reaktion darauf ist gegenüber dem Gericht bis zur Beschlussfassung nicht erfolgt.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten verwiesen.
II.
Der Antrag des Klägers auf Feststellung der aufschiebenden Wirkung ist zulässig und begründet.
In den Fällen, in denen die aufschiebende Wirkung eines Rechtsmittels umstritten ist oder in denen eine Vollziehung durch die Behörde trotz der aufschiebenden Wirkung zu erwarten ist, kann das Gericht, bei dem die Klage oder die Berufung anhängig ist, die aufschiebende Wirkung analog § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) deklaratorisch feststellen (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Auflage, § 86b Rdnr. 15). Eine solche Feststellung setzt allerdings voraus, dass dafür ein aktuelles Rechtsschutzinteresse besteht. Dies ist jedenfalls dann der Fall, wenn die Behörde zu erkennen gibt, dass sie die aufschiebende Wirkung für nicht gegeben erachtet (etwa, weil sie von einem Ausschluss kraft Gesetzes ausgeht) oder wenn sie sich auf eine ausdrückliche Aufforderung, ihre Auffassung zum Bestehen der aufschiebenden Wirkung deutlich zu machen, innerhalb einer angemessenen Frist nicht erklärt (Keller, a.a.O., § 86bn Rdnr 15). Einer dieser Fälle liegt hier nicht vor. Aus dem vom Antragsteller vorgelegten Mahnschreiben kann nicht zwangsläufig geschlossen werden, dass der Grundsi...