Entscheidungsstichwort (Thema)
Soziale Pflegeversicherung. Pflegequalität. Streit über die Ergebnisse der Qualitätsprüfung. Transparenzbericht. einstweiliger Rechtsschutz gegen die Veröffentlichung. Verfassungsmäßigkeit von § 115 Abs 1a SGB 11 und der Pflege-Transparenzvereinbarung ambulant (PTVA). beweisrechtliche Bedeutung der Kernaussagen der Wissenschaftlichen Evaluation zur Beurteilung der Pflege-Transparenzvereinbarungen. verfassungskonforme Auslegung von § 2 S 2 PTVA. Stichprobenverfahren. Anzahl der geprüften Pflegebedürftigen
Leitsatz (amtlich)
1. Die Veröffentlichung von Pflegetransparenzberichten nach § 115 Abs 1a SGB 11 und der Pflegetransparenzvereinbarung Ambulant (PTVA) unterliegt keinen grundsätzlichen rechtlichen Bedenken.
2. Den Kernaussagen der Wissenschaftlichen Evaluation zur Beurteilung der Pflegetransparenzvereinbarungen für den ambulanten (PTVA) und stationären (PTVS) Bereich vom 21.7.2010, denen der Beirat in seinen Handlungsempfehlungen gefolgt ist, kommt eine erhebliche beweisrechtliche Bedeutung zu.
3. § 2 S 2 PTVA ist in verfassungskonformer Auslegung dahin auszulegen und anzuwenden, dass 10 Prozent oder mindestens 10 und höchstens 15 pflegebedürftige Menschen in die Prüfung einbezogen werden müssen.
Orientierungssatz
Da weder in der Ankündigung der Veröffentlichung eines Transparenzberichtes noch in dem Transparenzbericht oder der Veröffentlichung selbst ein Verwaltungsakt liegt, kann vorläufiger Rechtsschutz zur Abwehr drohenden Verwaltungshandelns nur über den Erlass einer Sicherungsanordnung nach § 86b Abs 2 S 1 SGG erreicht werden.
Tenor
Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 3. März 2011 aufgehoben. Den Antragsgegnern wird vorläufig, längstens bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens (3 P 71/10) untersagt, die Ergebnisse der die Antragsgegnerin betreffenden Qualitätsprüfung vom 19. Juli 2010 zu veröffentlichen.
Die Antragsgegner haben die Kosten des Verfahrens in beiden Instanzen zu tragen.
Der Streitwert wird auf 5.000,00 EUR festgesetzt.
Gründe
I.
Die Antragsstellerin und Beschwerdeführerin (nachfolgend: ASt) wendet sich im Verfahren auf einstweilige Anordnung dagegen, die Ergebnisse der Qualitätsprüfung (Transparenzbericht) vom 19. Juli 2010 über den von ihr betriebenen ambulanten Pflegedienst zu veröffentlichen.
Die ASt betreibt einen nach § 72 Elftes Buch Sozialgesetzbuch - Soziale Pflegeversicherung - (SGB XI) durch Versorgungsvertrag vom 1. Januar 2006 zugelassenen ambulanten häuslichen Krankenpflegedienst mit ca. 68 (Stand im Juli 2010) zu versorgenden Personen, in dem die Antragsgegner und Beschwerdegegner (nachfolgend: AG) am 19. Juli 2010 durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Sachsen-Anhalt (MDK) eine Qualitätsprüfung als Regelprüfung nach den §§ 114 ff SGB XI durchführen ließen. Von den zum Prüfungszeitpunkt versorgten 68 Personen waren 35 Leistungsempfänger nach dem SGB XI und dem SGB V, 29 ausschließlich nach dem SGB V und vier ausschließlich nach dem SGB XI.
Im Prüfbericht wird angegeben, es seien im Rahmen der Überprüfung der Ergebnisqualität fünf als P1 bis P5 bezeichnete Pflegebedürftige mit den Pflegestufen I bis III ausgewählt und überprüft worden. Nach dem Bericht ist mit vier Pflegebedürftigen ein Gespräch zur Zufriedenheit durchgeführt worden. Fachlicher Gegenstand der Überprüfung waren Behandlungspflege, Mobilität, Ernährung und Flüssigkeitsversorgung, Ausscheidung, Umgang mit Demenz und Körperpflege und sonstige Aspekte der Ergebnisqualität, wobei die den einzelnen Pflegebereichen zugeordneten Prüfkriterien zum Teil nicht auf alle geprüften Pflegebedürftigen zutrafen. Im Qualitätsbereich I wurden die Fragen 2., 8., 9., 10., 12., 13. von jeweils zwei Pflegebedürftigen und die Fragen 3., 4., 6., 7., 11., 15., 16. von jeweils drei Pflegebedürftigen beantwortet. Bezogen auf den Qualitätsbereich II sind sechs von zehn Fragen unbeantwortet geblieben.
Mit Schreiben vom 3. August 2010 übersandte der MDK der ASt den Prüfbericht, die dazu unter dem 23. und 31. August 2010 ausführlich Stellung nahm. Mit Schreiben vom 27. August 2010 kündigten die AG an, bis zum 24. September 2010 eine eingehende Prüfung der eingereichten Unterlagen vorzunehmen. In einem weiteren Schreiben begehrte die ASt - nun anwaltlich vertreten - von den AG bis zum 10. September 2010 die Erklärung, dass bis zum 24. September 2010 keine Veröffentlichung des Berichts erfolgen werde. Dies bestätigten die AG mit Schreiben vom 8. September 2010. Später verlängerten sie die Frist bis zum 8. Oktober 2010. Die MDK-Pflegekraft S. setzte sich in einem neunseitigen Schreiben vom 7. Oktober 2010 mit den Einwänden der ASt auseinander. Diese Stellungnahme übernahmen die AG in einem Schreiben vom 11. Oktober 2010 und kündigten an, den Bericht mit oder ohne Kommentierung der ASt am 22. Oktober 2010 zu veröffentlichen.
Der vorläufige Transparenzbericht enthält auf der ersten Seite unter der Überschrift "Qualität des ambulanten Pflegedienstes Hä...