Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitslosengeld II. Angemessenheit der Unterkunftskosten. Wohnflächengrenze bei Zusammenleben mit den Enkelkindern

 

Leitsatz (amtlich)

Im SGB 2-Leistungsrecht ist die gemeinschaftliche Nutzung einer Wohnung nur dann relevant, wenn sie durch eine Bedarfsgemeinschaft iS von § 7 Abs 3 SGB 2 erfolgt. Das Zusammenleben von Großeltern mit Enkeln in einem Haushalt wird von der gesetzlichen Regelung der Bedarfsgemeinschaft nicht erfasst. Lebt eine Leistungsberechtigte mit ihren Enkeln, für die sie die Vormundschaft besitzt, familienhaft in einer Wohnung zusammen, gelten für sie die Richtwerte für Einzelpersonen - sowohl hinsichtlich der Wohnflächengrenzen als auch hinsichtlich der Unterkunftskosten.

 

Normenkette

SGB II § 7 Abs. 3 Nrn. 4, 2, § 9 Abs. 5, § 22 Abs. 4; SGG § 86b Abs. 2 S. 4; ZPO § 920 Abs. 2; GG Art. 19 Abs. 4

 

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Der Antragsgegner hat der Antragstellerin auch die notwendigen außergerichtlichen Kosten für das Beschwerdeverfahren zu erstatten.

Der Antragstellerin wird für das Beschwerdeverfahren ratenfreie Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt P. aus H. bewilligt.

 

Gründe

I.

Der Antragsgegner und Beschwerdeführer wendet sich gegen ein Beschluss des Sozialgerichts Magdeburg (SG), das ihn im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet hat, die anteiligen Unterkunftskosten der Antragstellerin für die im Mai 2013 bezogene Wohnung in der N-straße, ... Etage rechts, in T., sowie die Kosten für den Umzug dorthin zu übernehmen.

Die 1956 geborene alleinstehende Antragstellerin bezieht vom Antragsgegner laufende Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Aus einer Nebenbeschäftigung erzielt sie ein monatliches Einkommen in wechselnder Höhe (bis zu 100 EUR). Sie bewohnte alleine eine 50,9 m² große Wohnung in der S.-straße in T., für die sie eine monatliche Gesamtmiete von 274,26 EUR zu zahlen hatte.

Mit Bewilligungsbescheid vom 3. September 2012 bewilligte der Antragsgegner für den Zeitraum von Oktober 2012 bis März 2013 monatliche Leistungen iHv 648,26 EUR. Dabei gewährte er die Wohnkosten vollständig als Kosten der Unterkunft und Heizung (KdU). Mit Änderungsbescheid vom 4. Dezember 2012 verringerte er die Leistungsbewilligung für Januar und Februar 2013, da in diesen Monaten ein Betriebskostenguthaben zur Anrechnung gelangte. Für März 2013 erhöhte er die Leistung auf insgesamt 656,26 EUR.

Mit Beschluss des Amtsgerichts Q. vom 4. Dezember 2012 wurde der Antragstellerin für ihre Enkelkinder L. R., geboren am ... 2007, und P. R., geboren am ... 2009, die Vormundschaft übertragen, da die Eltern zur Erziehung nicht in der Lage seien. Seit dem 5. Dezember 2012 wohnten die Kinder, die zuvor in einer Pflegefamilie untergebracht waren, mit in der Wohnung in der S.-straße.

Am 13. Dezember 2012 beantragte die Antragstellerin beim Antragsgegner die Zusicherung zur Übernahme der KdU für eine neue Wohnung. Sie beabsichtige, Anfang Januar 2013 umzuziehen. Wegen der Aufnahme ihrer Enkelkinder benötige sie eine größere Wohnung. Ihrem Antrag fügte sie eine Kopie des Beschlusses des Amtsgerichtes sowie drei Wohnungsangebote ihrer bisherigen Vermieterin, der Wohnungsgenossenschaft T., bei. Sie bezogen sich auf 71,8 m² große Wohnungen in der N-straße in T., für die Gesamtmieten zwischen 500 und 511 EUR zu bezahlen waren. Die Antragstellerin gab an, sie interessiere besonders die Wohnung in der N.- straße, ... Etage rechts. Für diese war eine Gesamtmiete iHv 500 EUR (Grundmiete iHv 326 EUR, Müllpauschale iHv 5,76 EUR, Vorauszahlungen für Betriebskosten iHv 33,24 EUR, für Wasser iHv 45 EUR, für Heizung einschließlich Warmwasser iHv 90 EUR) zu zahlen.

Mit Bescheid vom 21. Dezember 2012 lehnte der Antragsgegner den Antrag auf Zusicherung ab. Wegen der Aufnahme der Enkelkinder in den Haushalt sei der Umzug erforderlich. Jedoch entsprächen die Mietangebote nicht seinen Richtlinienwerten. Daher könne dem Umzug nicht zugestimmt werden. Es würden keine Kosten für den Umzug und die Kaution übernommen. Wenn sie gleichwohl umziehe, würden maximal die bisherigen KdU berücksichtigt werden. Dagegen legte die Antragstellerin am 5. Januar 2013 Widerspruch ein, über den - soweit ersichtlich - noch nicht entschieden worden ist.

Mit weiterem Änderungsbescheid vom 9. Januar 2013 senkte der Antragsgegner die Leistungsbewilligung für die Monate Februar und März 2013 erneut ab. Er berücksichtigte nunmehr nur noch 1/3 der Aufwendungen für die bisherige Wohnung iHv 91,42 EUR. Zugleich bewilligte er der Antragstellerin einen Mehrbedarf für Alleinerziehung.

Am 17. Januar 2013 hat die Antragstellerin beim SG einen Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes zur Übernahme der Umzugskosten und Berücksichtigung der nach dem Umzug tatsächlich anfallenden KdU für die Wohnung in der N.-Straße. gestellt. Die vom Antragsgegner vorgegebenen Höchstwerte für die KdU beruhten nicht auf einem schlüssigen Konzept und seien zu niedrig. Sie könne k...

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