Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. einstweiliger Rechtsschutz. Angelegenheit der Sozialhilfe. gerichtliche Ersetzung einer Schiedsstellenentscheidung nach § 81 SGB 12. Kosten des Verfahrens nach Verweisung. Unzulässigkeit einer Ersetzungsklage
Leitsatz (amtlich)
1. Zum einstweiligen Rechtsschutz bei dem Begehren einer gerichtlichen Ersetzung der noch ausstehenden Entscheidung der Schiedsstelle nach § 81 SGB XII .
2. Zu den Kosten des Verfahrens nach Verweisung: Mehrkosten iS von § 17b Abs 2 S 2 GVG fallen bei einer Verweisung vom LSG an das SG im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes im Gegensatz zu der entsprechenden Verweisung im Hauptsacheverfahren nicht an.
Orientierungssatz
Soweit in der höchstrichterlichen Rechtsprechung insbesondere für die gesetzliche Krankenversicherung auf der Grundlage von § 69 Abs 1 S 3 SGB 5 und § 319 Abs 1 S 1 BGB eine Ersetzungsklage als besondere Form der Leistungsklage nach § 54 Abs 5 SGG für zulässig erachtet wird (vgl zB zur häuslichen Krankenpflege statt aller BSG vom 23.6.2016 - B 3 KR 26/15 R = BSGE 121, 243 = SozR 4-2500 § 132a Nr 10 RdNr 17 ff), gilt dies für den Geltungsbereich des SGB 12 nicht.
Tenor
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 17. Oktober 2023 wird zurückgewiesen.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens (einschließlich der Kosten für das Verfahren vor dem Landessozialgericht Sachsen-Anhalt L ..... ) und die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 17.441,00 € festgesetzt.
Gründe
I.
Die Antragstellerin und Beschwerdeführerin (im Folgenden: Bf.) verlangt im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes während des laufenden Schiedsstellenverfahrens die Verpflichtung des Landes Sachsen-Anhalt als Beschwerdegegner (im Folgenden: Bg.) zu höheren Zahlungen für Investitionsaufwendungen.
Die Bf. hat zunächst am 9. August 2023 vor dem Landessozialgericht (LSG) Klage mit dem Ziel der Verpflichtung des Bf. erhoben, ihr als Trägerin der ungeförderten vollstationären Pflegeeinrichtung „Pflegezentrum F. “ gesondert berechnete Investitionskosten in Höhe von 17,69 € je Pflegetag und Bewohner vom 24. Februar bis zum 31. Dezember 2023 zu vergüten (Az. .... ). Nach Verweisung des Rechtsstreits mit Beschluss des Senats vom 28. August 2023 ist das Klageverfahren noch bei dem Sozialgericht Dessau-Roßlau anhängig.
Mit dem gleichzeitig mit der vorgenannten Klage bei dem LSG eingegangenen Antrag (Az. ..... ) hat die Bf. den Erlass einer einstweiligen Anordnung mit dem Begehren der Hauptsache, insoweit seit dem 24. Februar 2023 „bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache oder einem anderen Abschluss des Hauptsacheverfahrens“, geltend gemacht. Das Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes ist mit dem Klageverfahren an das Sozialgericht Dessau-Roßlau als Gericht der Hauptsache übergegangen und dort als Verfahren ....... registriert worden.
Parallel zu den vorgenannten Verfahren führt die Bf. das am 24. Februar 2023 eingeleitete Verfahren vor der Schiedsstelle des Landes Sachsen-Anhalt nach § 81 Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch (Sozialhilfe - SGB XII) mit dem Ziel eines Schiedsspruchs mit der Verpflichtung des Bg., zu ab dem 1. Januar 2023 um 7,01 € je Pflegetag und Bewohner höheren Zahlungen für Investitionsaufwendungen weiter. Mit Schreiben der Schiedsstelle vom 13. September 2023 ist ein Schlichtungstermin für den 27. September 2023 anberaumt worden, der auf Grund einer Erkrankung des Schiedsstellenvorsitzenden aufgehoben worden ist. Auf Antrag des Bg. ist der für den 17. Januar 2024 anberaumte Termin der Schiedsstelle aufgehoben und die mündliche Verhandlung auf den 6. März 2024 verlegt worden.
Dem Schiedsstellenverfahren liegt der von der jetzigen Geschäftsführerin damals als Einzelunternehmerin mit dem Bg. seit dem Jahr 2006 vereinbarte Investitionskostensatz von 10,68 € pro Pflegetag und Bewohner zugrunde. Der Aufforderung des Bf. vom 10. November 2022, ab dem 1. Januar 2023 auf der Grundlage von § 76a Abs. 3 SGB XII i.V.m. § 82 Abs. 4 Elftes Buch Sozialgesetzbuch (Soziale Pflegeversicherung - SGB XI) eine Vereinbarung über Investitionskosten in Höhe von 17,69 € je Pflegetag und Bewohner abzuschließen, kam der Bg. nicht nach. Dieser verwies darauf, dass die von der Bf. ihrer Kalkulation zugrunde gelegten Mietaufwendungen nicht berücksichtigt werden könnten, da die Einrichtung bis zum 30. Juni 2020 in Trägerschaft ihrer aktuellen Geschäftsführerin gestanden habe, von der die Immobilie nun von der Bf. zu 9,00 €/m² angemietet werde. In Bezug auf diesen Quadratmeterpreis rechne die Bf. mit einem Durchschnittswert für „Büro/Praxen“ von 7,53 € (Spanne 2,41 bis 12,65 €). Hinzu komme ein Aufschlag für die besondere Gebäudeausstattung einer Pflegeimmobilie am oberen Rand der Spanne für die „Spezialimmobilie“. Der Mietspiegel für H. (Saale) für das Jahr 2022 weise beispielsweise für eine Wohnung mit 22 m² eine Nettokaltmiete vo...