Entscheidungsstichwort (Thema)

Grundsicherung für Arbeitsuchende. Leistungsausschluss für Auszubildende. behinderter Mensch. Teilhabe am Arbeitsleben. Bezug von Ausbildungsgeld nach § 122 SGB 3. Wohnheimunterbringung. Beibehaltung der bisherigen Unterkunft für Wochenendheimfahrten. kein Unterkunftskostenzuschuss nach § 27 SGB 2. Übernahme der Unterkunftskosten durch den Rehabilitationsträger

 

Leitsatz (amtlich)

1. Der Leistungsausschluss nach § 7 Abs 5 SGB 2 findet auch Anwendung, wenn eine dem Grunde nach im Rahmen der §§ 60 bis 62 SGB 3 förderfähige Ausbildung von Auszubildenden absolviert wird, die als behinderte Menschen Anspruch auf Ausbildungsgeld nach §§ 122 ff SGB 3 haben.

2. Ein Anspruch auf einen Zuschuss nach § 27 Abs 3 SGB 2 zu den angemessenen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung besteht nicht für Auszubildende mit Anspruch auf Ausbildungsgeld, bei denen sich der Bedarf nach § 123 Abs 1 Nr 2 SGB 3 bemisst.

3. Wird während einer Ausbildung mit Unterbringung in einen Wohnheim oder Internat von Auszubildenden, die in ausbildungsfreien Zeiten nicht am Heimatort in der Wohnung der Eltern oder eines Elternteils wohnen können, eine eigene Wohnung beibehalten, kommt ein Anspruch auf Kostenübernahme gegen den Träger in Betracht, der die Kosten der Maßnahme trägt.

 

Tenor

Die Beschwerde wird in der Hauptsache zurückgewiesen. Die Verpflichtung des Antragsgegners zur Erstattung außergerichtlicher Kosten der Antragstellerin wird aufgehoben.

Die Beigeladene zu 1. hat die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin im Beschwerdeverfahren zu erstatten.

 

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten im einstweiligen Rechtsschutzverfahren im Beschwerdeverfahren darüber, ob die Antragstellerin Anspruch auf Leistungen für die Kosten der von ihr in B. angemieteten Wohnung hat.

Die am ... 1988 geborene Antragstellerin ist ein behinderter Mensch (wegen der Folgen einer Muskelschwunderkrankung) mit einem anerkannten Grad der Behinderung von 50 vom Hundert. Sie verfügt noch über keine Berufsausbildung. Die Antragstellerin ist alleinige Mieterin einer Wohnung in B., Ortsteil K. Nach dem Mietvertrag hat die Antragstellerin als Miete monatlich 208,80 EUR sowie Vorauszahlungen von monatlich 60,00 EUR für Nebenkosten und monatlich 62,40 EUR für Heizkosten zu leisten. Die Antragstellerin bezieht seit dem Tod ihrer Mutter eine Halbwaisenrente. Der monatliche Zahlbetrag dieser Rente beträgt 138,84 EUR. Zudem erhält die Antragstellerin Kindergeld in Höhe von 184,00 EUR monatlich. Der Name und der Aufenthalt des Vaters der Antragstellerin sind unbekannt.

Die Antragstellerin nahm bis zum 28. Juli 2012 an einer behindertenspezifischen Berufsvorbereitungsmaßnahme mit Internatsunterbringung teil, die vom B. S. GmbH in D. (im Folgenden: BBW) durchgeführt und von der Bundesagentur für Arbeit - der Beigeladenen zu 1. - gefördert wurde. Während dieser Zeit erhielt die Antragstellerin Arbeitslosengeld II (Alg II) als Leistung zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) aufgrund einer Verpflichtung des Antragsgegners zur Leistungserbringung im einstweiligen Rechtsschutzverfahren (Beschluss des Senats vom 6. Dezember 2011 - L 2 AS 438/11 B ER).

Am 5. Juni 2012 stellte die Antragstellerin bei dem Antragsgegner einen Antrag auf Weiterbewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für die Zeit nach dem Ende der Berufsvorbereitungsmaßnahme. Sie gab auf Nachfrage an, am 2. September 2012 (Anreisetag) beim BBW eine Ausbildung zur Bürokauffrau zu beginnen. An dem in Kopie vorgelegten "Rehabilitationsvertrag" vom 1. Juni 2012 sind die Antragstellerin, das BBW und als Rehabilitationsträger die Beigeladene zu 1. beteiligt. Die Ausbildung soll vom 3. September 2012 bis zum 2. September 2015 dauern. Als Urlaubszeiten sind im Jahre 2012 zehn Tage, in den Jahren 2013 und 2014 jeweils 30 Tage und im Jahre 2015 20 Tage vorgesehen. Der Antragstellerin wird während der festgelegten Ausbildungszeiten ein Wohnheimplatz zur Verfügung gestellt, wobei die Unterbringung an die Anerkennung der Wohnheimordnung gebunden ist. Die Kosten für die Unterbringung und die Verpflegung während der Ausbildungszeiten werden von der Beigeladenen zu 1. getragen. Für die Dauer der Ausbildung bewilligte die Beigeladene zu 1. der Antragsstellerin mit Bescheid vom 25. September 2012 ein Ausbildungsgeld in Höhe von 104,00 EUR monatlich, welches nach dem Inhalt des Bescheides jeweils monatlich nachträglich gezahlt wird.

Mit Bescheid vom 23. Juli 2012 lehnte der Antragsgegner die Bewilligung von Leistungen für die Zeit ab dem 3. September 2012 mit der Begründung ab, die Antragstellerin befinde sich ab diesem Zeitpunkt in einer Ausbildung, die nach dem Sozialgesetzbuch Drittes Buch - Arbeitsförderung (SGB III) förderungsfähig sei, so dass ein Leistungsausschluss bestehe. Gegen diesen Bescheid erhob die Antragstellerin am 31. August 2012 Widerspruch, den die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 28. September...

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