Entscheidungsstichwort (Thema)

Erledigung eines mit der Anfechtungsklage angegriffenen Bescheides durch Zeitablauf. Voraussetzungen der Zulässigkeit einer Fortsetzungsfeststellungsklage

 

Orientierungssatz

Hat sich ein ergangener Bescheid gemäß § 39 Abs. 2 SGB 10 durch Zeitablauf erledigt, so entfaltet er keine Rechtswirkung mehr. Er kann infolgedessen den Kläger nicht mehr verletzen. Die erhobene Anfechtungsklage ist unbegründet. Für die Zulässigkeit einer nachfolgenden Fortsetzungsfeststellungsklage nach § 131 Abs. 1 S. 3 SGG bedarf es eines bestehenden Fortsetzungsfeststellungsinteresses. Hierzu ist eine Vorgreiflichkeit, eine Wiederholungsgefahr oder ein Rehabilitationsinteresse erforderlich.

 

Tenor

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.

 

Gründe

I.

Der Kläger wendet sich gegen einen Verwaltungsakt des Beklagten, mit dem eine Eingliederungsvereinbarung (EV) ersetzt wurde.

Der 1961 geborene Kläger bezog von dem Beklagten bis zum Ende des Jahres 2009 Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Am 1. Januar 2010 ist er von L ... im Zuständigkeitsbereich des Beklagten nach W. (Brandenburg) umgezogen. Er bezieht seither SGB II-Leistungen vom Jobcenter P ...

Nachdem am 26. März 2009 bei einer Vorsprache des Klägers Verhandlungen über den Abschluss einer EV scheiterten, erließ der Beklagte am selben Tag einen die EV ersetzenden Bescheid gemäß § 15 Abs. 1 Satz 6 SGB II, der für den Zeitraum vom 26. März bis zum 25. September 2009 gelten sollte. Den dagegen eingelegten Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 30. Juli 2009 als unbegründet zurück. Dagegen hat der Kläger am 1. September 2009 Klage beim Sozialgericht Stendal, später übergegangen in das Sozialgericht Magdeburg (SG), erhoben. Im Erörterungstermin am 23. September 2011, an dem der Kläger nicht teilgenommen hat, hat der Beklagte die Regelung des angegriffenen Bescheids zur begrenzten Erstattung der Bewerbungskosten aufgehoben und insoweit ein Anerkenntnis bis zur Höhe der angemessenen Kosten abgegeben. Dazu hat sich der Kläger in der Folge nicht geäußert.

Nach Durchführung der mündlichen Verhandlung am 5. August 2013, an der der Kläger nicht teilgenommen hat, hat das SG mit Urteil die Klage abgewiesen. Diese sei unzulässig, weil von dem angegriffenen Bescheid keine Beschwer mehr ausgehe. Dieser habe sich nach Ablauf seiner Geltungsdauer am 25. September 2009 gemäß § 39 Abs. 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X) durch Zeitablauf erledigt und sei unwirksam geworden. Eine für diesen Fall denkbare Umstellung der Anfechtungsklage in eine Fortsetzungsfeststellungsklage durch den Kläger sei nicht erfolgt. Eine nach dem Meistbegünstigungsgrundsatz denkbare Auslegung des Klagebegehrens als Antrag auf Feststellung der Rechtswidrigkeit des Bescheids vom 26. März 2009 scheide hier aus, denn die Fortsetzungsfeststellungsklage sei unzulässig. Der Kläger habe kein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit des Bescheids. Vorgreiflichkeit liege nicht vor, denn es gebe keine Anhaltspunkte für eine Absicht des Klägers, Amtshaftungsansprüche geltend zu machen. Eine Wiederholungsgefahr bestehe nicht, weil der Kläger zwischenzeitlich aus dem Zuständigkeitsbereich des Beklagten verzogen sei. Ein Rehabilitationsinteresse bestehe nicht, weil der Verwaltungsakt keinen diskriminierenden Charakter gehabt habe und dem Kläger keine Verhaltungspflichten auferlegt worden seien, die inhaltlich über die bereits im SGB II normierten Pflichten hinausgingen.

Gegen das ihm am 13. September 2013 zugestellte Urteil hat der Kläger am 9. Oktober 2013 u.a. Berufung eingelegt und ausgeführt, das Verfahren weise Mängel auf. Es liege ein Eingriff in sein Persönlichkeitsrecht vor, da ein zielführendes Gespräch zum Abschluss einer EV nicht stattgefunden habe. Zudem hat er die Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) für das Berufungsverfahren beantragt.

Der Kläger beantragt nach seinem schriftsätzlichen Vorbringen,

das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 5. August 2013 und den Bescheid des Beklagten vom 26. März 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30. Juli 2009 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, ihm seine tatsächlichen Bewerbungskosten zu erstatten.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen. Die genannten Unterlagen waren Gegenstand der Beratung des Senats.

II.

Der Senat kann die Berufung vorliegend nach erfolgter Anhörung der Beteiligten durch Beschluss zurückweisen, da kein Fall des § 105 Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) vorliegt und er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält (§ 153 Abs. 4 Sätze 1 und 2 SGG).

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