Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosengeld II. Unterkunft und Heizung. unabweisbare Aufwendungen für Reparaturarbeiten am selbstgenutzten Haus mit unangemessener Größe. Schimmelbeseitigung. Gesamtwohnfläche. Verwertbarkeit eines Hausgrundstücks
Leitsatz (amtlich)
Für ein selbstgenutztes Eigenheim, das wegen unangemessener Größe nicht dem Schutz von § 12 Abs 3 S 1 Nr 4 SGB 2 unterfällt, besteht kein Anspruch auf KdU-Leistungen wegen unabweisbarer Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur iS von § 22 Abs 2 SGB 2. Auf die Verwertbarkeit und auf § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 6 SGB 2 kommt es insoweit nicht an.
Normenkette
SGB II § 22 Abs. 2, § 12 Abs. 3 S. 1 Nr. 4; SGG § 86b Abs. 2
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
I.
Die Antragsteller und Beschwerdeführer (im Folgenden: Antragsteller) begehren im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die vorläufige Übernahme der Kosten für eine Schimmelbeseitigung in dem von ihnen bewohnten Wohnhaus durch eine Fachfirma im Rahmen der Gewährung von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).
Die 1964 geborene Antragstellerin zu 1. und der 1965 geborene Antragsteller zu 2. sind verheiratet und stehen seit 2005 im Leistungsbezug beim Antragsgegner. Die Antragstellerin ist Eigentümerin des von ihnen bewohnten Wohnhauses mit Grundstück in J. Im Grundbuch ist die Zwangsversteigerung des Wohnobjekts eingetragen. Das 850 qm große Grundstück ist mit vier Grundschulden in Gesamthöhe von 88.964,77 EUR belastet. Das Einfamilienhaus verfügt über eine Wohnfläche von 184 qm. Im Haus der Antragsteller wohnt auch der Sohn B., der eine eigene Bedarfsgemeinschaft bildet und Regelleistungen ohne Kosten der Unterkunft und Heizung (KdU) bezieht. Er bewohnt mietfrei das Oberschoss (56 qm) bestehend aus zwei Wohnräumen. Die Küche sowie das Badezimmer teilt er mit den Antragstellern gemeinsam.
Im Zeitraum von Mai bis Oktober 2014 bewilligte der Antragsgegner SGB II-Leistungen in Höhe des Regelbedarfs sowie KdU in wechselnder Höhe (zwischen 76 EUR bis 86 EUR pro Person monatlich). Zudem gewährte der Antragsgegner für angemessene Heizkosten als Einmallieferung 2283 Liter Heizöl in Höhe von 1.861,50 EUR. Auf eingereichte Heizungswartungskosten sowie Schornsteinfegerkosten erließ der Antragsgegner den Änderungsbescheid vom 11. Juli 2014 sowie vom 11. August 2014. Am 11. August 2014 beantragten die Antragsteller die Kostenübernahme für eine Schimmelbeseitigung im Treppenhaus des Wohnhauses und legten ein Angebot der Firma L. GmbH vom 20. Juni 2014 über 2.605,37 EUR vor.
Nach einem Aktenvermerk über ein Gespräch vom 12. August 2014 teilten die Antragsteller mit, dass der weitere Sohn S. zum 1. Oktober 2014 eine Arbeit aufgenommen und aus dem Wohnhaus ausgezogen sei. Nach der KdU-Richtlinie des Antragsgegners ergäben sich angemessene KdU in Gesamthöhe von 4.771,40 EUR jährlich. Abzüglich der Betriebskosten in Höhe von 2.500,00 EUR errechne sich daher ein übernahmefähiger Betrag von 2.271,40 EUR pro Jahr. Die Antragsteller seien darauf hingewiesen worden, dass Modernisierungsmaßnahmen generell nicht übernahmefähig seien. Zur Bearbeitung seien drei Kostenangebote erforderlich. Für den Bewilligungsabschnitt von Oktober 2014 bis April 2015 erhielten die Antragsteller den Regelbedarf und wechselnde KdU (zwischen 15,35 EUR bis 80,33 EUR monatlich pro Person).
Nach einem Ermittlungsbericht vom 2. Oktober 2014 stellten die Außendienstmitarbeiter des Antragsgegners in einem Vororttermin im Flur und im Treppenaufgang Schimmel fest. Eine Kostensenkung mittels Eigenleistungen erscheine denkbar. Auf das Erfordernis weiterer zwei Kostenvorschläge sei hingewiesen worden. Im Schreiben vom 16. Oktober 2014 hielt der Antragsgegner näher ausgeführte Teilarbeiten in Eigenleistung für möglich. Auf dieser Grundlage müsse ein neuer Kostenvoranschlag eingereicht werden. Hiergegen legten die Antragsteller - nunmehr anwaltlich vertreten - Widerspruch ein.
Am 3. November 2014 hat zunächst die Antragstellerin zu 1. einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz beim Sozialgericht Dessau-Roßlau (SG) gestellt, die Verpflichtung des Antragsgegners begehrt, Leistungen entsprechend des Angebotes der Fa. L. GmbH vom 20. Juni 2014 in voller Höhe zu bewilligen und vorgetragen: Aus § 22 Abs. 2 SGB II ergebe sich der Anordnungsanspruch auf unabweisbare Instandhaltungsmaßnahmen. Der Treppenflur des selbst genutzten Wohnhauses sei mit Schimmel befallen, was ein umgehendes Handeln erfordere. Der Antragsgegner könne sie nicht darauf verweisen, Arbeiten in Eigenleistung auszuführen, da diese mit erheblichen Gesundheitsgefährdungen verbunden seien. Auch ein Anordnungsgrund sei gegeben, da die Schimmelbeseitigung dringend geboten sei. Der stark schimmelbefallene und damit gesundheitsgefährdende Flur liege zentral im Wohnhaus müsse von den Antragstellern ständig betreten werden...