Entscheidungsstichwort (Thema)

Abschluss eines Vertrages über die hausarztzentrierte Versorgung. Verfahren zur Bestimmung der Schiedsperson oder Festlegung des Vertragsinhalts. keine erstinstanzliche Zuständigkeit des LSG. Begriff der antragsbefugten Gemeinschaft iS von 73b Abs 4 S 1 SGB 5

 

Leitsatz (amtlich)

1. Weder für Verfahren betreffend die Bestimmung der Schiedsperson noch für Verfahren betreffend die Festlegung des Vertragsinhalts durch diese (§ 73b Abs 4a Satz 4 SGB 5) ist die erstinstanzliche Zuständigkeit des Landessozialgerichts nach § 29 Abs 2 SGG gegeben.

2. Vom Begriff der antragsbefugten Gemeinschaft iS von § 73b Abs 4 S 1 SGB 5 werden nur die zur hausärztlichen Versorgung zugelassenen Fachärzte für Allgemeinmedizin und Fachärzte für Innere Medizin und Allgemeinmedizin erfasst.

 

Tenor

Die Anträge werden abgelehnt.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme derjenigen des Beigeladenen, die nicht zu erstatten sind.

Der Gegenstandswert wird auf 5.000,00 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I.

Umstritten ist die Bestimmung der Schiedsperson für das Schiedsverfahren zum Abschluss eines Vertrages über die hausarztzentrierte Versorgung durch die Antragsgegnerin, gegen die sich die Antragstellerin mit dem vorliegenden einstweiligen Rechtsschutzverfahren und einer Klage wendet.

Die Antragstellerin nimmt als geöffnete Betriebskrankenkasse im gesamten Bundesgebiet am System der gesetzlichen Krankenversicherung teil. Nachdem sie und der Beigeladene sich mit jeweils voneinander abweichenden Vertragsentwürfen über die hausarztzentrierte Versorgung nicht einigen konnten, beantragte der Beigeladene mit Schreiben vom 29. Juni 2009 bei der Antragsgegnerin die Einleitung eines Schiedsverfahrens. Zuvor hatte sich die Antragstellerin nicht mehr zu der vom Beigeladenen vorgeschlagenen Schiedsperson geäußert. Auf Aufforderung der Antragsgegnerin trug die Antragstellerin zum Antrag des Beigeladenen mit Schreiben vom 17. Juli 2009 zusammengefasst vor, dieser sei unzulässig, da nach dem vom Deutschen Hausärzteverband (DHÄV) vorgelegten Vertragsentwurf nicht der Beigeladene, sondern die Hausärztliche Vertragsgemeinschaft e.G. (HÄVG) Vertragspartner werden solle. Zudem erfülle der Beigeladene nicht die Anforderungen an einer Gemeinschaft i.S.v. § 73b Abs. 4 Satz 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch - Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V); jedenfalls habe er weder den entsprechenden Nachweis über die vorgesehene Quote noch das Vorliegen gesonderter Abschlussvollmachten der beteiligten Allgemeinärzte und auch nicht über deren fachärztliche Qualifikation erbracht. Unabhängig hiervon habe sie dem DHÄV selbst einen Vertragsentwurf zugeleitet (Add-On-Vertrag). Ohne hierauf einzugehen, habe der DHÄV ein eigenes Vertragsangebot (Vollversorgungsvertrag) unterbreitet und so kurze Fristen gesetzt, dass eine wirkliche Verhandlungsbereitschaft über einen Vertrag, welche einer Einigung vorauszugehen habe, nicht ersichtlich sei.

Mit Schreiben vom 10. Dezember 2009 teilte die Antragsgegnerin der Antragstellerin daraufhin mit, sie habe die Mandate der ärztlichen Mitglieder des Beigeladenen formal, inhaltlich und dem Umfang nach geprüft und sei zum Ergebnis gelangt, dass dieser für den Bezirk der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) Sachsen-Anhalt den Nachweis für eine antragsbefugte Gemeinschaft i.S.v. § 73b Abs. 4 Satz 1 SGB V erbracht habe. In den vom Beigeladenen vorgelegten zwei Ordnern seien insgesamt 577 Mandatierungs-erklärungen enthalten, wobei nur die Erklärungen von zur hausärztlichen Versorgung zugelassenen Fachärzten für Allgemeinmedizin und Fachärzten für Innere Medizin und Allgemeinmedizin gewertet worden seien. Diese Erklärungen seien zur Überprüfung mit einer von der KV Sachsen-Anhalt angeforderten aktuellen Liste dieser Allgemeinärzte abgeglichen worden. Aus dieser Liste hätten 978 der insgesamt 982 aufgeführten Allgemeinärzten als Ärzte i.S.v § 73b Abs. 4 Satz 1 SGB V akzeptiert werden können; die übrigen seien wegen abweichender Fachgruppencodes nicht berücksichtigt worden. Im Ergebnis des Abgleichs hätten 72 der vom Beigeladenen vorgelegten Mandate nicht berücksichtigt werden können, so dass dieser ausgehend von 978 Allgemeinärzten und 505 Erklärungen insgesamt das Mandat von 51,64 % der Allgemeinärzte im Bezirk der KV Sachsen-Anhalt inne habe. Die Voraussetzungen für die Bestimmung einer Schiedsperson seien damit erfüllt.

Mit der Antragstellerin am 31. Mai 2010 zugestelltem Bescheid vom 27. Mai 2010 bestimmte die Antragsgegnerin Dr. A N zur Schiedsperson zwischen den Beteiligten und führte zur Begründung im Wesentlichen aus: Sie sei für die Bestimmung der Schiedsperson zuständig; die Antragstellerin unterliege als bundesunmittelbare Krankenkasse seiner Rechtsaufsicht. Der Antrag des Beigeladenen sei auch nicht deshalb unzulässig, weil er ursprünglich die HÄVG als Vertragspartner habe einbeziehen wollen. Entscheidend für die Einleitung des Schiedsverfahrens sei allein, dass der Beigeladene seinen Anspruch auf Vertragsschluss...

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