Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. einstweiliger Rechtsschutz. keine Anordnung der aufschiebenden Wirkung. Interessenabwägung. Grundsicherung für Arbeitsuchende. Aufforderung zur Beantragung einer vorzeitigen Altersrente. keine Unbilligkeit. verfassungskonforme Auslegung

 

Orientierungssatz

Zum Nichtvorliegen der Voraussetzungen für die Anordnung der aufschiebenden Wirkung eines Rechtsbehelfs gegen eine Aufforderung, einen Antrag auf vorzeitige Altersrente nach § 12a SGB 2 zu stellen.

 

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes über die Rechtmäßigkeit der an die Antragstellerin ergangenen Aufforderung des Antragsgegners, vorzeitig Altersrente zu beantragen.

Die am ... 1951 geborene Antragstellerin steht beim Antragsgegner seit 1. Oktober 2010 im laufenden Bezug von Grundsicherungsleistungen für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuches (SGB II). Sie bewohnt ein 86 qm großes, 1892 erbautes und unsaniertes Eigenheim.

Der Antragsgegner bewilligte der Antragstellerin Leistungen nach dem SGB II ab Januar 2013 bis März 2015 in Höhe von monatlich zwischen 522,60 EUR (Januar 2013) und 738 EUR (März 2015). Die monatlichen Kosten für Unterkunft und Heizung (KdU) errechnete er aus einem Zwölftel der im Kalenderjahr aufzubringenden Aufwendungen. Die Heizkosten übernahm er nach einer Kostensenkungsaufforderung nur in Höhe des aus seiner Sicht angemessenen Betrages in Höhe von 80 EUR/Monat, ab 1. September 2014 in Höhe von 70 EUR/Monat.

Ausweislich einer Kurzauskunft der Deutschen Rentenversicherung Bund vom 28. April 2014 könne die Antragstellerin ab 1. September 2014 eine vorgezogene Altersrente mit einem Abschlag von 7,2% in Höhe von monatlich 675,19 EUR brutto (604,29 EUR netto) beziehen.

Mit Schreiben vom 5. Mai und 26. Juni 2014 hatte der Antragsgegner die Antragstellerin aufgefordert, einen Antrag auf Gewährung von Altersrente zu stellen. Nach Durchführung eines Verfahrens des einstweiligen Rechtsschutzes hatte er diese Aufforderungen auf Hinweis des Sozialgerichts Magdeburg wegen Fehlens einer Ermessensausübung mit Schriftsatz vom 31. Juli 2014 zurückgenommen.

Mit Bescheid vom 4. August 2014 forderte der Antragsgegner die Antragstellerin erneut auf, Altersrente zu beantragen. Am 2014 vollende sie das 63. Lebensjahr. Da das Arbeitslosengeld II nur eine nachrangige Sozialleistung darstelle, sei sie entsprechend § 12a SGB II verpflichtet, andere Sozialleistungen zu beantragen, die die Hilfebedürftigkeit nach dem SGB II verkürzten, verringerten oder beseitigten. Gründe, die die Antragstellung unbillig erscheinen ließen, seien nicht vorgetragen worden und aus dem Aktenvorgang auch nicht ersichtlich. Es gingen weder Ansprüche auf Arbeitslosengeld (Alg I) nach dem Dritten Buch des Sozialgesetzbuch (Arbeitsförderung - SGB III) verloren noch sei innerhalb der nächsten drei Monate der Bezug einer abschlagsfreien Rente möglich. Eine sozialversicherungspflichtige Tätigkeit liege aktuell nicht vor und ein glaubhafter Nachweis einer Arbeitsaufnahme in naher Zukunft sei ebenso nicht gegeben. Somit scheide eine Unbilligkeit vorliegend aus. Nach Abwägung des Interesses der Antragstellerin an dem fortlaufenden Arbeitslosengeld II-Bezug bis zum Zeitpunkt des Erreichens des Regelrentenalters und dem öffentlichen Interesse an der Vermeidung bzw. Verringerung der Hilfebedürftigkeit, komme er (der Antragsgegner) zu dem Ergebnis, dass die Aufforderung zur Rentenbeantragung verhältnismäßig sei. Aus den Unterlagen (Kurzauskunft der Deutschen Rentenversicherung Bund vom 28. April 2014) sei ersichtlich, dass der Anspruch auf Altersrente mit Abschlag höher sei als der aktuelle Leistungsanspruch nach dem SGB II oder nach dem Zwölften Buch des Sozialgesetzbuches (Sozialhilfe - SGB XII). Da die Antragstellerin möglicherweise einen Anspruch auf Altersrente habe, werde sie aufgefordert, den entsprechenden Antrag zu stellen. Im Fall, dass sie die Voraussetzungen für eine Altersrente noch nicht erfüllte, werde sie gebeten, eine Rentenauskunft einzureichen, die bescheinige, ab welchem Zeitpunkt sie die Rente beantragen könne. Im Fall, dass sie dieser Aufforderung nicht nachkomme, sei er (der Antragsgegner) entsprechend § 5 Abs. 3 SGB II berechtigt, den Antrag von Amts wegen zu stellen.

Hiergegen legte die Antragstellerin unter dem 14. August 2014 Widerspruch ein, über den - soweit ersichtlich - noch nicht entschieden worden ist.

Am 18. August 2014 hat sie beim Sozialgericht einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz gestellt. Die Aufforderung zur vorzeitigen Beantragung der Rente sei rechtswidrig. Die aufschiebende Wirkung ihres Widerspruchs gegen das Aufforderungsschreiben vom 4. August 2014 solle festgestellt sowie der Antragsgegner verpflichtet werden, bis zur Entscheidung über den Widerspruch keinen Rentenantrag zu stellen. Ihr drohten durch den Bezug der vorzeitigen Altersrente unzumutbare Nachteile, die...

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