Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Berufungsverfahren. Vergleichsabschluss. Streit über die Wirksamkeit. Feststellung der Verfahrensbeendigung durch Beschluss. Kosten. Prozessvergleich. Wirksamkeit und Anfechtbarkeit
Leitsatz (amtlich)
1. Ist ein Rechtsstreit in der Berufungsinstanz durch einen Vergleich erledigt worden und begehrt der Berufungskläger die Fortsetzung des Verfahrens, weil er den Vergleich zu Unrecht für nicht wirksam hält, kann das LSG entsprechend § 153 Abs 4 SGG durch Beschluss feststellen, dass das Verfahren durch den Vergleich beendet worden ist.
2. Enthält der Vergleich bereits eine Kostenregelung, ist in dem Beschluss nur noch über die weiteren Kosten zu entscheiden.
3. Zur Wirksamkeit und Anfechtbarkeit eines Prozessvergleichs.
Tenor
Das erneute Ablehnungsgesuch der Kläger gegen Vorsitzenden Richter am Landessozialgericht Dr. ... wird als unzulässig verworfen.
Es wird festgestellt, dass das Verfahren durch den gerichtlichen Vergleich vom 16. März 2021 beendet worden ist.
Weitere außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Die Kläger begehren nach Anfechtung eines gerichtlichen Vergleichs die Fortführung eines Berufungsverfahrens. In der Sache streiten die Beteiligten über Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende.
Die Kläger sind Eheleute. Sie beziehen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts vom Beklagten.
Mit ihrer am 19. September 2011 beim Sozialgericht (SG) Halle erhobenen Klage haben sie einen Bescheid des Beklagten vom 8. Dezember 2010 über die vorläufige Bewilligung von Leistungen für die Zeit von Januar bis Juni 2011 in der Fassung von „Änderungsbescheiden“ vom 4. August 2011 in der Gestalt eines Widerspruchsbescheids vom 19. August 2011 angegriffen. Für den streitgegenständlichen Zeitraum haben sie einen Anspruch auf höhere Leistungen geltend gemacht und sich gegen Erstattungsforderungen i.H.v. 293,08 € pro Person gewandt.
Mit Urteil vom 24. August 2016 hat das SG die angegriffenen Bescheide dahingehend abgeändert, dass es die Erstattungsforderungen auf 263,08 € pro Person reduziert hat. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen.
Mit ihrer am 22. September 2016 erhobenen Berufung haben die Kläger ihr Begehren weiterverfolgt. Das Verfahren ist zunächst unter dem Aktenzeichen L 2 AS 544/16 geführt worden.
Am 16. März 2021 hat in diesem und in vier weiteren Berufungsverfahren der Kläger ein Termin zur Erörterung der Sach- und Rechtslage stattgefunden. Dazu sind die Kläger persönlich in Begleitung von Rechtsanwältin S. erschienen, die sie in drei der fünf Verfahren vertreten hat, u.a. im vorliegenden. In dem Termin haben die Beteiligten auf Vorschlag des Berichterstatters einen Vergleich geschlossen, der alle fünf Verfahren betraf und außerdem hinsichtlich eines Streitpunktes (Berücksichtigung von Tilgungsleistungen auf mehrere Darlehen als Kosten der Unterkunft) eine Regelung auch für weitere Streitigkeiten zwischen den Beteiligten enthielt. Im Sitzungsprotokoll ist zum Ablauf des Termins Folgendes festgehalten worden:
Es wird ausführlich die vergleichsweise Beendigung sämtlicher hier anhängiger Rechtsstreite erörtert.
Der Kläger erhält noch einmal die Gelegenheit, etwaige Unklarheiten zu klären. Dies geschieht im Gespräch mit seiner Bevollmächtigten, dem Beklagtenvertreter und dem Vorsitzenden.
Der Kläger erklärt:
Ich habe das jetzt verstanden.
Die Beteiligten schließen sodann zur vollständigen Erledigung der fünf Rechtsstreite folgenden Vergleich:
1.
Die Beteiligten sind sich darüber einig, dass der Beklagte ab Juli 2015 die Tilgungsleistungen für das Eigenheim der Kläger als Kosten der Unterkunft berücksichtigt. Es besteht Einigkeit darüber, dass die Tilgungsleistungen vor diesem Zeitpunkt nicht als Kosten der Unterkunft zu berücksichtigen sind. Dies gilt auch für andere, hier nicht anhängige Verfahren.
2.
Der Beklagte verpflichtet sich, an die beiden Kläger zur Abgeltung sämtlicher Ansprüche aus den hier anhängigen Rechtsstreiten noch einen Betrag von insgesamt 600,- € zu zahlen.
3.
Der Beklagte macht gegen die Kläger aus den hier streitgegenständlichen Bescheiden keinerlei Erstattungsforderung mehr geltend.
4.
Der Beklagte erstattet den Klägern in den Verfahren L 2 AS 544/16 und L 2 AS 545/16 jeweils ein Viertel ihrer notwendigen außergerichtlichen Kosten. In den übrigen Verfahren findet keine Kostenerstattung statt.
5.
Damit sind die Rechtsstreite L 2 AS 544/16, L 2 AS 545/16, L 2 AS 294/17, L 2 AS 407/17 und L 2 AS 432/19 vollständig erledigt.
Vorgespielt und vom Kläger, der Klägerin, der Prozessbevollmächtigten der Kläger und dem Beklagtenvertreter genehmigt.
Noch am 16. März 2021 hat der Kläger zu 1. auf der Geschäftsstelle des Senats angerufen und seine Unzufriedenheit mit dem Vergleich bekundet. Wenig später hat er jedoch erneut angerufen und mitgeteilt, dies habe sich erledigt.
In Umsetzung des Vergleichs sowie eines weiteren, am 19. März 2021 vor dem SG Halle geschlossenen Vergleichs hat der Beklagte am 29. Mä...