Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialhilfe. Hilfe zur Pflege. häusliche Pflege. Heranziehung einer besonderen Pflegekraft. Pflege durch Angehörige. Beschäftigung bei einem ambulanten Pflegedienst. Pflegevergütung. Vergütung nach Leistungskomplexen. Anwendbarkeit der Bundesempfehlungen über die pflegerische Versorgung
Leitsatz (amtlich)
1. Familienangehörige oder dem Pflegebedürftigen sonst nahestehende Personen können in der Regel nicht als besondere Pflegekräfte im Sinne des § 65 Abs 1 S 2 SGB XII angesehen werden, die für ihre Pflegeleistungen eine Vergütung erhalten. Vielmehr ist grundsätzlich davon auszugehen, dass die Pflege durch Angehörige und nahestehende Personen unentgeltlich geleistet wird, selbst wenn der oder die Pflegende eine ausgebildete Pflegekraft ist (vgl LSG Darmstadt vom 30.4.2007 - L 7 SO 14/07 ER)
2. Etwas anderes gilt jedoch, wenn der Pflegebedürftige mit einem in der Rechtsform einer juristischen Person betriebenen ambulanten Pflegedienst als zugelassener Pflegeeinrichtung im Sinne des § 72 SGB 11 einen Pflegevertrag geschlossen hat und zwischen dieser Pflegeeinrichtung und einer dem Pflegebedürftigen nahestehenden Person ein reguläres Beschäftigungsverhältnis besteht, im Rahmen dessen die Pflege geleistet wird.
3. Zur näheren Bestimmung des Inhalts der Pflegeleistung finden nach § 61 Abs 6 SGB XII die Rahmenverträge und die Bundesempfehlungen über die pflegerische Versorgung nach § 75 SGB XI entsprechende Anwendung. Nach den Vorbemerkungen in den Bundesempfehlungen sind die Leistungskomplexe so gestaltet, dass bei Kombination mehrerer Leistungskomplexe keine Leistungsüberschneidungen und damit keine Doppelabrechnungen entstehen.
Nachgehend
Tenor
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist die Übernahme der Kosten für die Heranziehung einer besonderen Pflegekraft nach § 65 Abs. 1 Satz 2 Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch (Sozialhilfe - SGB XII) für den Zeitraum von Februar 2010 bis Januar 2011 umstritten.
Der 1979 geborene Kläger war seit 2004 als selbstständiger Messebauer - auch im Ausland - tätig. Am 11. März 2009 erlitt er in M. eine Ponsblutung mit Ventrikeleinbruch. Nach seiner Verlegung in die Universitätsklinik für Neurologie H. am 20. März 2009 wurde er dort zunächst stationär weiterbehandelt und durchlief dann vom 14. April 2009 bis zum 20. Januar 2010 eine stationäre Rehabilitationsmaßnahme im Neurologischen Rehabilitationszentrum L.
Seit dem 1. März 2009 sind beim Kläger ein Grad der Behinderung (GdB) von 100 sowie die Merkzeichen "G", "B", "aG", "H" und "RF" festgestellt. Ferner ist seit Januar 2010 bei ihm die Pflegestufe III nach § 15 Abs. 1 Nr. 3 Elftes Buch Sozialgesetzbuch (Soziale Pflegeversicherung - SGB XI) anerkannt. Er erhält aus einer privaten Berufsunfähigkeitsversicherung bei der A. Lebensversicherung seit dem 1. Januar 2010 monatlich 505,20 EUR bzw. ab dem 1. Dezember 2010 512,00 EUR. Vom 25. bis zum 28. Februar 2010 erhielt er monatliche Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (Grundsicherung für Arbeitsuchende - SGB II) in Höhe von 45,88 EUR und vom 1. März bis zum 31. August 2010 in Höhe von 419,15 EUR. Seit dem 1. September 2010 bezieht er eine Rente wegen voller Erwerbsminderung in Höhe von 373,75 EUR monatlich. Die Stadt H. bewilligte dem Kläger ab dem 1. Dezember 2010 Hilfe zum Lebensunterhalt in Form eines ergänzenden zinslosen Darlehns nach § 37 SGB XII bis zur Gewährung des Wohngeldes in Höhe von 83,40 EUR monatlich. Der Kläger erhielt schließlich im hier maßgebenden Zeitraum von der R. Krankenversicherung AG aus seiner privaten Pflegeversicherung im Sinne des SGB XI für häusliche Pflege durch die Beigeladene, eine gemäß § 72 Abs. 1 Satz 1 SGB XI zugelassene Pflegeeinrichtung, bis maximal 1.510,00 EUR monatlich erstattet. Im Übrigen gewährt dieses Unternehmen dem Kläger Leistungen der häuslichen Krankenpflege (Medikamentengabe und Blutdruckmessungen).
Der Kläger bewohnt seit dem 15. Januar 2010 mit einer gleichfalls behinderten Person gemeinsam eine behinderten- und rollstuhlgerechte Wohnung im Rahmen einer Wohngemeinschaft.
Am 14. Januar 2010 beantragte der Kläger bei der Stadt H. die Bewilligung von Hilfe zur Pflege im Rahmen der Gewährung von Leistungen der Sozialhilfe ab dem 1. Februar 2010.
Unter dem 21. Januar 2010 schloss der Kläger mit der Beigeladenen einen Vertrag über seine ambulante pflegerische Versorgung. Danach erbringt die Beigeladene für den Kläger Leistungen der Pflegeversicherung nach dem SGB XI und Pflegeleistungen nach dem SGB XII. Punkt 2 des Vertrages enthält zu "Leistungsumfang und Vergütungsregelung" insbesondere folgende Regelungen:
2.5. Bewilligte Leistungen der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung oder anderer Sozialleistungsträger werden vom Pflegedienst unmittelbar mit diesen abgerechnet.
2.6. Leist...