Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialhilfe. Überprüfungsverfahren. Befugnis des Leistungserbringers zur Stellung eines Überprüfungsantrags. Umfang der sachlichen Zuständigkeit des Sozialhilfeträgers für eine stationäre Leistung nach § 97 Abs 4 SGB 12. Hilfe bei Krankheit. Leistungskatalog der GKV

 

Leitsatz (amtlich)

1. Ein Antrag nach § 44 SGB X kann grundsätzlich nur von dem Leistungsberechtigten selbst verfolgt werden. Selbst die aktive Übertragung von Sozialleistungsansprüchen durch einen Leistungsberechtigten greift grundsätzlich nicht in das Sozialrechtsverhältnis ein und verleiht insbesondere nicht die Verfahrensrechte des SGB X und des SGG (so bereits LSG Halle vom 9.5.2019 - L 8 SO 17/17 = juris RdNr 27).

2. Der Sozialhilfeträger ist nach § 97 Abs 4 SGB XII für die Erbringung stationärer Betreuung einem Behinderten gegenüber zuständig. Bei gesetzlich versicherten Hilfebedürftigen deckt sich der Inhalt der Hilfe bei Krankheit nach § 48 SGB SGB XII mit dem Leistungskatalog der Gesetzlichen Krankenversicherung nach dem SGB V. Ein darüber hinausgehender Anspruch, insbesondere im Sinne einer Art "Ausfallversicherung" bei einer bestandskräftigen Ablehnung von Leistungen durch die Krankenkasse, wird durch die Hilfe bei Krankheit nach dem SGB XII nicht begründet (vgl LSG Halle vom 9.5.2019 - L 8 SO 17/17 = juris RdNr 28).

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 28. Februar 2018 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits. Ihr werden auch die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen auferlegt.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Der Rechtsstreit betrifft die Frage, ob die Klägerin Anspruch auf Vergütung von Leistungen der ambulanten Krankenpflege in Höhe von 3.014,46 € für Zeiträume von Juli 2007 bis Oktober 2008 hat.

Die Klägerin ist im umstrittenen Zeitraum Trägerin einer stationären Einrichtung der Behindertenhilfe (..... in M.) gewesen. Dabei hat es sich um ein Wohnheim für Erwachsene mit wesentlichen seelischen und seelischen und mehrfachen Behinderungen infolge Sucht (im Folgenden: Wohnheim) gehandelt. Außerdem hat die Klägerin im umstrittenen Zeitraum einen ambulanten Pflegedienst betrieben, der in der stationären Einrichtung Leistungen der ambulanten Krankenpflege erbracht hat.

Der am ... 1950 geborene .... (Leistungsberechtigter) ist im umstrittenen Zeitraum bei der Beigeladenen gesetzlich krankenversichert gewesen. Er lebte von ....... in der durch die Klägerin betriebenen stationären Einrichtung.

Mit den an den Betreuer adressierten Bescheiden vom 21. Juni 2007, 10. April und 24. Juli 2008 bewilligte die Stadt H. im Namen des Beklagten dem Leistungsberechtigten für den Zeitraum vom 1. Juli 2007 bis zum 31. Mai 2008 bzw. vom 1. Juni 2008 bis zum 31. Mai 2009 Leistungen der Eingliederungshilfe für behinderte Menschen, Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung und Hilfe zum Lebensunterhalt in Einrichtungen. Diese Bewilligungsbescheide sind bestandskräftig geworden.

Dem Leistungsberechtigten wurden für verschiedene Zeiträume Behandlungen durch verschiedene Ärzte verordnet. Der von der Klägerin betriebene Pflegedienst erbrachte die verordneten Leistungen in der Einrichtung. Die auf dieser Grundlage vom Leistungsberechtigten bei der Beigeladenen beantragten Leistungen lehnte diese mit Bescheiden vom 18. und 23. Juli 2007 mit der Begründung ab, der Leistungsberechtigte wohne vollstationär in einer Einrichtung der Behindertenhilfe. Dort habe er keinen Anspruch auf häusliche Krankenpflege, da er keinen eigenen Haushalt führe.

Am 27. Juli 2007 beantragte der Leistungsberechtigte - ohne Einschaltung seines Betreuers - bei dem Landkreis .... die Bewilligung von Leistungen aus den o.g. ärztlichen Verordnungen. Der Landkreis .... leitete den Antrag mit Schreiben vom 10. September 2007 an die Stadt H. weiter, die den Antrag gegenüber dem Betreuer des Leistungsberechtigten mit Bescheid vom 19. September 2007 ablehnte. Zur Begründung führte sie aus, in der Leistungsbeschreibung der Einrichtung vom 30. Oktober 2000, die Bestandteil der Vereinbarung nach § 75 Abs. 3 Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch (Sozialhilfe - SGB XII) sei, habe der Leistungserbringer schriftlich fixiert, dass die medizinische Betreuung durch eine im Haus beschäftigte Krankenschwester und über das Hausarztprinzip gewährleistet werde. Die medizinische Betreuung sei daher Bestandteil der vereinbarten Leistung und werde deshalb bereits über die vereinbarte Vergütung finanziert. Nach § 55 SGB XII umfasse die Eingliederungshilfe in Einrichtungen der Behindertenhilfe auch die Pflegeleistungen in der Einrichtung. Die Kosten der häuslichen Krankenpflege seien nach § 43 Abs. 2 Elftes Buch Sozialgesetzbuch (Soziale Pflegeversicherung - SGB XI) Bestandteil der Pflegeleistung. Ein Widerspruch hiergegen lässt sich der Verwaltungsakte nicht entnehmen.

Am 17. März 2008 beantragte der Leistungsberechtigte ohne Einschaltung des Betreuers bei der Stadt H. erneut die Bewilligung von Leistungen aufg...

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