Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialhilfe. Krankenhilfe. erweiterte Hilfe nach § 19 Abs 5 SGB 12. Aufwendungsersatz. Vermögenseinsatz. Privilegierung selbst bewohnter Hausgrundstücke. Anforderungen an die Bewohnung. rückwirkende Bewilligung von Arbeitslosengeld II. rückwirkende Krankenversicherung nach § 5 Abs 1 Nr 2a SGB 5. Ausschluss der Rückabwicklung durch § 107 Abs 1 SGB 10. Erstattungsanspruchs des Sozialhilfeträgers nach § 103 SGB 10
Leitsatz (amtlich)
1. Die Bewilligung von laufenden Leistungen nach dem SGB 2 bewirkt eine rückwirkende Krankenversicherung in Bezug auf den Zeitraum, für den die Leistungen bewilligt werden. Der Sozialhilfeträger kann keinen Aufwendungsersatz vom Leistungsberechtigten für Krankenbehandlungskosten im streitigen Zeitraum verlangen, da ihr Rückforderungsanspruch nach § 107 Abs 1 SGB 10 durch die rückwirkende Pflichtversicherung des Klägers untergegangen ist. Soweit ein Erstattungsanspruch besteht, gilt nach § 107 Abs 1 SGB 10 der Anspruch des Leistungsberechtigten gegen den leistungsverpflichteten Leistungsträger als erfüllt. Die Erfüllungsfiktion bezweckt nicht nur, dass der Leistungsberechtigte nicht gegenüber dem zuständig gewordenen Leistungsträger erneut die Leistung verlangen kann, sondern schließt gleichzeitig die Rückabwicklung im Verhältnis zwischen dem vorleistenden Träger und dem Leistungsberechtigten aus.
2. Das gelegentliche Aufsuchen eines Gebäudes allein genügt nicht, um dieses iS von § 90 Abs 2 Nr 8 SGB 12 zu “bewohnen„.
Tenor
Auf die Berufung des Klägers werden das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 30. Juni 2009 und die Bescheide der Beklagten vom 22. März 2003 jeweils in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. November 2006 aufgehoben, soweit von dem Kläger eine Erstattung für die ihm für den Zeitraum vom 1. Januar bis zum 12. September 2005 bewilligte Krankenhilfe in Höhe von 22.697,24 EUR gefordert wird.
Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
Die Beklagte hat dem Kläger fünf Sechstel seiner notwendigen außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits in beiden Rechtszügen zu erstatten.
Im Übrigen sind Kosten nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Erstattungspflicht des Klägers für die ihm bewilligten Leistungen der Krankenhilfe nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG) bzw. dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (Sozialhilfe - SGB XII) in Höhe von 26.744,27 EUR.
Der 1959 geborene Kläger leidet an seit September 2003 amtsärztlich bekannten psychischen Problemen in Form einer anhaltenden wahnhaften Störung.
Der Kläger war seit der Grundbucheintragung am 1. Juli 2003 mit seiner früheren Ehefrau in "Ehegemeinschaft" "zu je ½" Eigentümer des im Grundbuch der Gemeinde M. B. Blatt ..., eingetragenen Hausgrundstücks mit einer Gebäude- und Freifläche von 1238 m². Auf dem Anteil des Klägers war eine Sicherungshypothek mit einem Betrag von 6.091,73 EUR eingetragen. Nach dem Auszug aus dem Einwohnermeldeamtsregister war der Kläger dort vom 11. November 1989 bis zum 4. Oktober 2004 mit Hauptwohnung gemeldet. Er nahm ausweislich der entsprechenden Anmeldung zum 4. Oktober 2004 bei seiner Tante, der Zeugin F., seine Hauptwohnung im Sinne des Meldegesetzes.
Der Kläger wurde am 14. Dezember 2004 mit dem Rettungstransport in das Städtische Klinikum M. gebracht und dort stationär aufgenommen (Aufnahmediagnose F 22.0 Wahnhafte Störung). Am 23. Dezember 2004 ging bei der Beklagten der Antrag des Krankenhauses auf Kostenübernahme für die Behandlung des Klägers ein. Mit Schreiben vom 10. Januar 2005 teilte die Barmer Ersatzkasse der Beklagten auf deren Anfrage mit, der Krankenversicherungsschutz des Klägers bei dieser Krankenkasse habe am 5. Juni 2002 geendet. Die Beklagte lud den Kläger daraufhin mit Schreiben vom 14. Januar 2005 zu einer Besprechung zur Abklärung des Hilfebedarfs ein. Aus dem daraufhin unter Einschaltung des Sozialdienstes des Krankenhauses unter dem 14. Januar 2005 ausgefüllten Formularantrag für Sozialhilfe ist insbesondere das Eigentum des Klägers an dem Grundstück in B. zu entnehmen.
Mit Beschluss vom 31. Januar 2005 ordnete das Amtsgericht Magdeburg - Vormundschaftsabteilung - die Betreuung des Klägers (mit einem Recht der Aufenthaltsbestimmung) durch die Zeugin Rechtsanwältin L. an. Ab dem 2. Februar 2005 wurde die Behandlung des Klägers in der Tagesklinik weitergeführt.
Der Rettungsdienstgebührenbescheid vom 16. Februar 2005 stellt die Forderung für den Transport am 14. Dezember 2004 zum 18. März 2005, die Endrechnung des Städtischen Klinikums M. vom 23. Februar 2005 und auch die Kosten der Krankenhausbehandlung vom 14. Dezember 2004 bis zum 31. Januar 2005 mit Zahlungsfrist bis zum 16. März 2005 fällig. Der streitgegenständlichen Gesamtforderung der Beklagten liegen folgende bestandskräftig gewordene Bescheide über die Bewilligung von Krankenhilfe für den Zeitraum vom 14. Dezember 2004 bis zum 12. September 2005 zugrunde:
( nachfolgender Absatz im Original als Tabelle dargestellt )
Behandlung: R...