Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung. integrierte Versorgung. Anschubfinanzierung. Einbehalt nur bei geschlossenen Integrationsverträgen

 

Orientierungssatz

1. Nach dem Wortlaut des § 140d Abs 1 S 1 SGB 5 ist ein Einbehalt nur gerechtfertigt, soweit die einbehaltenen Mittel zur Umsetzung von nach § 140b SGB 5 "geschlossenen Verträgen" erforderlich sind. Geplante Verträge, angebahnte oder anderweitige vorbereitete und vorgesehene Verträge reichen für einen Einbehalt nicht aus, auch wenn sich der Vertragsabschluss schon weitgehend konkretisiert hat (vgl ua BSG vom 6.2.2008 - B 6 KA 27/07 R = BSGE 100, 52 = SozR 4-2500 § 140d Nr 1).

2. Eine über den Wortlaut hinausgehende Auslegung des § 140d Abs 1 S 1 SGB 5 ist nicht gerechtfertigt.

3. Die Regelung des § 140d Abs 1 S 5 SGB 5 idF des GKV-Modernisierungsgesetzes - GMG vom 14.11.2003, BGBl I 2003, 2190 steht dem nicht entgegen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über einen Abzug einer Krankenhausrechnung nach § 140 d Fünftes Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V).

Die Klägerin betreibt ein nach § 108 SGB V zugelassenes Krankenhaus in H. Mit Schreiben vom 7. April 2004 teilte die Beklagte der Klägerin mit, die technischen Voraussetzungen für den einprozentigen Abzug für die integrierte Versorgung lägen nun vor. Sie habe seit Beginn des Jahres Verträge zur integrierten Versorgung nach § 140 a SGB V abgeschlossen und sei daher berechtigt, ein Prozent von jeder Krankenhausabrechnung einzubehalten. Es werde gebeten, die Systeme entsprechend kurzfristig umzustellen, da sonst der abzugsfähige Betrag automatisch durch sie gekürzt werde.

Der bei der Beklagten versicherte K. befand sich in der Zeit vom 3. Mai bis 8. Mai 2004 bei der Klägerin in stationärer Behandlung. Hierfür erstellte diese am 18. Mai 2004 gegenüber der Beklagten eine Rechnung in einem Gesamtumfang von 3.320,07 EUR (Rechnungsnummer 759147). Die Beklagte zahlte diesen Rechnungsbetrag, nahm jedoch einen Abzug zur Anschubfinanzierung der integrierten Versorgung in einer Höhe von 32,85 EUR vor.

In einem Schreiben vom 16. August 2004 rügte die Klägerin diese Kürzung und machte geltend: Der vorgenommene Einbehalt sei zu hoch und unrechtmäßig. Nach der Auskunft der Bundesgeschäftsstelle Qualitätssicherung gGmbH (BQS) habe die Beklagte lediglich ein Vergütungsvolumen von 0,4% an abgeschlossenen Verträgen zur integrierten Versorgung erreicht und dürfe die Rechnung daher nur in Höhe dieser Quote kürzen. Mit Schreiben vom 2. September 2004 verteidigte die Beklagte nochmals ihre Vorgehensweise.

Am 2. Dezember 2004 hat die Klägerin Klage beim Sozialgericht Halle erhoben und zunächst beantragt, die Beklagte zu einer Zahlung von 19,07 EUR nebst 4% Zinsen ab dem 11. Juni 2004 zu verurteilen. Zur Begründung hat sie vorgetragen: Zum Zeitpunkt der Rechnungslegung (Mai 2004) habe lediglich ein Abzugsvolumen an Verträgen zur integrierten Versorgung von 0,4 % vorgelegen. Die Beklagte sei daher nicht zu einem Abzug von einem Prozent berechtigt. Richtigerweise hätte die Beklagte daher nur 0,4 % von der streitigen Rechnung abziehen dürfen.

Die Beklagte hat geltend gemacht: Sie sei berechtigt, einen Abzug in Höhe von einem Prozent für die Anschubfinanzierung der integrierten Vorsorgung von der streitigen Rechnung vorzunehmen, da bereits Verträge über die integrierte Versorgung abgeschlossen gewesen seien. Im Mai 2004 habe es - wie die Klägerin zutreffend vortrage - lediglich eine Meldung an die BQS in Höhe einer Vertragsquote von 0,4% gegeben. Zum Zeitpunkt der Behandlung von K. habe ein weiterer Vertrag zwischen der S.-klinik (E. Krankenhaus) und der Beklagten bestanden (Vertragsbeginn ab 1. April 2004). Die darauf bezogene Meldung durch die Beklagte sei jedoch erst am 9. Juli 2004 an die BQS vorgenommen worden. Zum Zeitpunkt der Abrechnung der Klägerin sei daher von einer Vertragsquote von 0,51% auszugehen. Zwischenzeitlich seien noch weitere Verträge mit Vertragsbeginn zum 1. Juli 2004 abgeschlossen worden. Dabei handele es sich um einen Vertrag über die hausarztzentrierte Versorgung sowie um einen Kooperationsvertrag mit Fachärzten innerhalb der hausarztzentrierten Versorgung. Für das gesamte Jahr 2004 ergebe sich daher eine Vertragsquote von 1,03%. Gemäß § 140 d Abs. 1 Satz 5 SGB V sei die Beklagte berechtigt, ein Prozent der jeweiligen Krankenhausrechnungen einzubehalten, ohne dass es eines Nachweises bereits abgeschlossener Verträge in dieser Höhe bedürfe. Dies entspreche dem Willen des Gesetzgebers, die Krankenkassen mit entsprechenden Finanzmitteln auszustatten. Diese Rechtsauffassung werde auch durch einen Beschluss des Landessozialgerichts Brandenburg vom 1. November 2004 - L 5 B 105/04 KA ER bestätigt, dessen Begründung sich die Beklagte anschließe. Die genaue Situation der abgeschlossenen Verträge zur integrierten Versorgung sei aus nachfolgender Tabelle zu ersehen:

IV-Verträge

Vertragsbeginn

Gemeldeter Prozentsatz

P.-klinik-S.

01.04.2004

0,19

S.-klinik (D. KH)

01.01.2004

0,14

S.-klinik (E...

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