Entscheidungsstichwort (Thema)
Bergmannsaltersrente nach Art 2 § 5 Abs 2 RÜG. Stichtagsregelung. Verfassungsmäßigkeit
Leitsatz (amtlich)
Es ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass Art 2 RÜG, der für rentennahe Jahrgänge aus der Sozialversicherung und der Freiwilligen Zusatzrentenversicherung (der DDR) einen Bestandsschutz ausgestaltet, wegen der Stichtagsregelung in Art 2 § 1 Abs 1 Nr 3 RÜG auf Zugangsrentner ab 1.1.1997 keine Anwendung findet (vgl BSG vom 10.4.2003 - B 4 RA 41/02 R = SozR 4-2600 § 260 Nr 1).
Orientierungssatz
1. Ein Anspruch auf Bergmannsaltersrente nach Art 2 § 5 Abs 2 RÜG ist ausgeschlossen, wenn die Rente nicht bis zum 31.12.1996 begonnen hat (vgl LSG Chemnitz vom 16.2.2005 - L 6 KN 129/04 = juris RdNr 23).
2. Zum Leitsatz und grundlegend zur Rentenüberleitung: vgl BVerfG vom 28.4.1999 - 1 BvL 32/95 ua = BVerfGE 100, 1 = SozR 3-8570 § 10 Nr 3.
Normenkette
RÜG Art. 2 § 1 Abs. 1 Nr. 3; RÜG § 5 Abs. 2 S. 1
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 31. Mai 2012 wird zurückgewiesen.
Die Beteiligten haben sich auch im Berufungsverfahren keine Kosten zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Rechtsstreit betrifft die Frage, ob die Beklagte bei der Berechnung der Altersrente des Klägers für langjährig Versicherte den Zugangsfaktor wegen vorzeitiger Inanspruchnahme vermindern darf.
Der 1945 geborene Kläger beantragte am 06. August 2008 die Gewährung einer vorzeitigen Altersrente. Die Beklagte bewilligte mit Bescheid vom 13. Oktober 2008 (neu berechnet mit Bescheiden vom 12. November 2009, und vom 10. Februar 2012) eine Altersrente für langjährig Versicherte ab dem frühestmöglichen Beginn, d.h. mit Wirkung ab 01. November 2008. Dabei verminderte sie den Zugangsfaktor für jeden Kalendermonat, für den die Rente wegen Alters vorzeitig in Anspruch genommen wird, um 0,003. Bei 24 Monaten vorzeitiger Inanspruchnahme ergab sich eine Verminderung um 0,072 (also 7,2 %). Dagegen legte der Kläger am 24. Oktober 2008 Widerspruch ein und trug zur Begründung u. a. vor, seine Zeiten der anerkannten bergmännischen Tätigkeit über 15 Jahre und zwei Monate seien unberücksichtigt geblieben. Diesen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 28. Oktober 2009 u. a. mit der Begründung zurück, bergmännische Tätigkeiten, die nach altem Recht Auswirkungen auf die Herabsenkung der Altersrente bei Inanspruchnahme bestimmter Rentenarten gehabt hätten, seien nur für eine Übergangszeit vom 01. Januar 1992 bis zum 31. Dezember 1996 von Bedeutung. Ab dem 01. Januar 1997 bestehe kein Anspruch mehr auf Renten nach Art. 2 Rentenüberleitungsgesetz (RÜG). Es gälten die Vorschriften des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuches - Gesetzliche Rentenversicherung (SGB VI).
Dagegen hat der Kläger am 26. November 2009 Klage beim Sozialgericht Halle (SG) erhoben. Aus seiner Sicht sei es Arbeits- und Vertrauensbruch, dass wegen des Rentenbeginns nach dem 31. Dezember 1996 die Wirkung der bergmännischen Tätigkeit im Sinne einer Herabsetzung der Rentenaltersgrenze entfalle. Insoweit sei auf § 34 der Rentenverordnung der DDR (Renten-VO) und Art. 2 § 5 RÜG zu verweisen. Soweit ab dem 01. Januar 1997 kein Anspruch mehr auf Renten nach den Vorschriften des Art. 2 RÜG bestehe, seien jedoch entsprechende Statusfragen in seinem Sinne anzuwenden und auszulegen. Der durch § 34 Renten-VO mögliche vorzeitige Rentenbeginn sei als Ausgleich für die gesundheitlichen Gefährdungen der Arbeit während der Tätigkeit zugesichert worden. Damit begründe sich die Aufrechterhaltung dieses Status auch über den Stichtag nach dem RÜG hinaus. Die Rentenkürzung sei zudem verfassungswidrig.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 31. Mai 2012 abgewiesen und ausgeführt, der Zugangsfaktor sei zu Recht gemäß § 77 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a) SGB VI vermindert worden. Diese Regelung sei auch verfassungsgemäß. Der Kläger könne auch keine Altersrente für langjährig unter Tage beschäftigte Bergleute nach Vollendung des 62. Lebensjahres (§ 40 SGB VI) beanspruchen, da er die erforderliche Wartezeit von 25 Jahren nicht erfülle. Diese setze nämlich Beitragszeiten für (ständige) Beschäftigungen unter Tage voraus. Wegen der fehlenden Arbeit unter Tage schieden auch zusätzliche Entgeltpunkte gemäß § 85 SGB VI aus. Ansprüche nach § 34 der 1. Renten-VO der DDR und nach dem RÜG bestünden ebenfalls nicht. Hierdurch werde nicht gegen das Grundgesetz verstoßen. Schließlich liege auch keine Zusicherung gemäß § 34 Abs. 1 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuches - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X) vor.
Gegen das am 18. Juli 2012 zugestellte Urteil hat der Kläger am 08. August 2012 Berufung eingelegt. Ergänzend und vertiefend verweist er auf Vertrauensschutzgründe. Darüber hinaus meint der Kläger, die Rechtssache habe grundsätzliche Bedeutung. Denn es sei die Rechtsfrage zu klären, ob durch Gesetz erteilte sozialrechtliche Zusagen (vor...