Entscheidungsstichwort (Thema)

Begriff der wesentlichen Bedingung bei der Anerkennung von Folgen eines Arbeitsunfalls

 

Orientierungssatz

1. Nachgewiesene Gesundheitsstörungen sind Folgen eines Arbeitsunfalls, wenn zwischen dem Unfallereignis und ihnen ein Ursachenzusammenhang i. S. einer wesentlichen Bedingung besteht. Das versicherte Geschehen muss in der Kette der Faktoren für die Entstehung des Gesundheitsschadens eine wesentliche Ursache darstellen. Auch eine nicht annähernd gleichwertige Ursache kann für den Erfolg rechtlich wesentlich sein, solange die anderen Ursachen keinen überwiegenden Einfluss haben.

2. Abrupte Bewegungsverzögerungen mit unphysiologischer Belastung gehören zu den gefährdenden Mechanismen für einen Riss des vorderen Kreuzbandes im Knie.

3. Ernsthafte Zweifel an einer unfallbedingten Verursachung des Kreuzbandrisses sind u. a. dann auszuschließen, wenn bei einem gesicherten Unfallereignis weder radiologisch noch intraoperativ keine degenerative Veränderungen gesichert werden können.

 

Tenor

Die Berufung wird mit der Maßgabe bezüglich der Bescheidabänderung zurückgewiesen, dass der Bescheid der Beklagten vom 27. November 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. September 2005 aufgehoben wird, soweit sein Regelungsgehalt über die Anerkennung des Arbeitsunfalls hinausgeht.

Die Beklagte trägt auch die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin für das Berufungsverfahren.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist, ob der Riss des vorderen Kreuzbandes im rechten Knie der Klägerin durch einen Arbeitsunfall verursacht worden ist.

Die 1975 geborene Klägerin knickte am 11. März 1992 um 12.55 Uhr beim Aufkommen nach einem Sprung über ein Pferd während des Sportunterrichts mit dem rechten Knie seitlich weg bzw. verdrehte sich dieses und fiel nach vorn. Der am Folgetag um 8.00 Uhr aufgesuchte Facharzt für Chirurgie Dr. E. fand eine Streckhemmung, einen seitlichen Kompressionsschmerz und einen Gelenkerguss, bei dessen Punktion sich 30 ml Blut entleerten. Röntgenologisch sei keine knöcherne Verletzung zu erkennen. Als Diagnose hielt Dr. E. eine Distorsion des rechten Kniegelenkes fest und äußerte den Verdacht auf das Bestehen einer seitlichen Meniskusläsion (Durchgangsarztbericht vom 12. März 1992). In seinem Bericht vom 22. Juli 1993 berichtete der Facharzt für Orthopädie Dipl.-Med. B. über die letzte Vorstellung der Klägerin bei ihm am 5. Mai 1992, bei der er nach Injektion und Punktion eine freie Streckung und Beugung des Kniegelenkes sowie einen leichten Druckschmerz im seitlichen Kniegelenkbereich vorgefunden habe. Zuvor habe mit einer Beweglichkeit von 0-10-60° eine Streckhemmung sowie bei der Innenrotation ein angedeutet positives Kreuzbandzeichen im Sinne von Steinmann I bestanden. Nach seinen Aufzeichnungen im Krankenblatt wurden von ihm folgende Befunde erhoben: 12. März 1992 - Extension/Flexion 0-10-60°, Punktion 30 ml blutiger Erguss, Steinmann I, Bandapparat ohne Befund; 14. März 1992 - Bandapparat ohne Befund, minimale vordere Schublade, Meniskuszeichen negativ, nach Punktion 30 ml blutigseröser Erguss; 30. März 1992 - geht deutlich besser, Streckung/Beugung 0-5-90°, noch 15 ml Erguss; 3. April 1992 - nach Kontusion leichte Schwellung, Druckschmerz im Patellabereich, Streckung/Beugung 0-5-90°; 19. April 1992 - kein Erguss, Laufen geht wieder gut.

Mit Schreiben vom 19. März 2002 informierte die Klägerin die Beklagte darüber, dass bei ihr Folgeschäden des Sportunfalls bestünden und diese in der orthopädischen Gemeinschaftspraxis Dres. H. und B. behandelt würden. Bis März 2002 sei sie wegen ihrer Kniebeschwerden nicht in ärztlicher Behandlung gewesen (Schreiben vom 19. Juni 2002). Nach einem Telefonvermerk der Beklagten über ein Gespräch mit der Klägerin vom 5. April 2002 hätten bei ihr nach dem Unfall immer Beschwerden bestanden, die teils mehr oder weniger ausgeprägt gewesen seien. Ihre Kniescheibe sei immer herausgesprungen. Nachdem die Schmerzen immer mehr zugenommen hätten, habe sie sich nunmehr in Behandlung begeben. In einem am 13. Mai 2002 bei der Beklagten eingegangenen Bericht stellte Privatdozent (PD) Dr. H. die Diagnose einer vorderen Kreuzbandruptur rechts. Er habe bei seiner Untersuchung der Klägerin am 10. Mai 2002 dreifach positive Lachmann- und Pivotshift-Tests (Meniskus- und Kreuzbandstabilitätstests) sowie ein Giving way (Einknicken) im rechten Kniegelenk gefunden. Vorgesehen sei eine operative Therapie. Laut Operationsbericht vom 28. Mai 2002 zeigten sich dabei intakte Menisken, eine unauffällige Patellaführung und plica mediopatellaris (Falte der Gelenkinnenhaut), ein stabiles hinteres Kreuzband sowie eine vollständige proximale Ruptur (Riss am oberen Ansatz) des vorderen Kreuzbandes mit stark provozierbarer Schublade. Die Ursprungzone des Kreuzbandes sei leer; es weise keinen rechten Faserverlauf mehr auf. Da immer wieder Fasern in den Gelenkspalt einschlagen und damit eine Streckung verhindern würden, seien diese mit einer motorischen ...

Dieser Inhalt ist unter anderem im SGB Office Professional enthalten. Sie wollen mehr?