Entscheidungsstichwort (Thema)
Verfahren nach § 198 GVG
Orientierungssatz
Parallelentscheidung zum Urteil des LSG Halle (Saale) vom 14.11.2018 - L 10 SF 2/17 EK, das vollständig dokumentiert ist.
Leitsatz (amtlich)
Bei einem nach § 75 Abs 1 SGG einfach Beigeladenen ist im Falle einer überlangen Verfahrensdauer regelmäßig kein immaterieller Nachteil nach § 198 Abs 2 S 1 GVG zu vermuten. Allein der Umstand der einfachen Beiladung reicht nicht aus, um eine Nachteilsvermutung zu begründen. Ein einfach beigeladener Verfahrensbeteiligter kann deshalb im Allgemeinen einen Schadensersatzanspruch wegen einer unangemessenen Dauer des Gerichtsverfahrens nach § 198 Abs 1 S 1 GVG nur dann haben, wenn er im Einzelfall tatsächlich nachweisbar einen Schaden erlitten hat.
Nachgehend
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Revision wird zugelassen.
Der Streitwert wird auf 8.400,00 EUR festgesetzt.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt als ehemals Beigeladene eine Entschädigung wegen einer überlangen Verfahrensdauer eines Klageverfahrens (bestehend aus zwei verbundenen Verfahren) vor dem Sozialgericht Magdeburg (SG).
In dem führenden Verfahren (zunächst S 22 SO 29/11 später S 19 SO 29/11) erhob der Prozessbevollmächtigte des Klägers K. T., dieser vertreten durch seine Betreuerin, am 23. Februar 2011 Klage gegen das Land Sachsen-Anhalt, vertreten durch die Sozialagentur Sachsen-Anhalt. Klagebegehren war die Aufhebung eines in Kopie beigefügten Bescheides vom 20. August Juli 2008 in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 24. Januar 2011. Gegenstand der angefochtenen Entscheidung war die Ablehnung eines Antrags vom 15. August 2008 des im Wohnheim für Suchtkranke der Therapiegemeinschaft W. e.V. in W. untergebrachten Klägers auf Gewährung von Fahrkosten für eine medizinisch angeordnete Fahrt zur ambulanten fachärztlichen Behandlung. Zur Begründung der Ablehnung war ausführt, die Gewährung von Fahrkosten sei keine Leistung der Eingliederungshilfe. Verbunden mit der zunächst ohne Begründung erfolgten Klageerhebung war der Antrag auf Einsicht in die Verwaltungsvorgänge.
Das SG übersandte dem Beklagten die Klageschrift mit einem Schriftsatz vom 2. März 2011.
Am 16. März 2011 erfolgte der Eingang der vom Beklagen übersandten Verwaltungsvorgänge. Diese übersandte das SG mit Schreiben vom 17. März 2011 an den Prozessbevollmächtigten des Klägers. Mit einem am 1. April 2011 bei Gericht eingegangenem Schreiben reichte der Prozessbevollmächtigte des Klägers die Verwaltungsvorgänge wieder zurück.
In dem Verfahren S 22 SO 29/11 erhob der Prozessbevollmächtigte des Klägers, dieser vertreten durch seine Betreuerin, am 23. Februar 2011 Klage gegen das Land Sachsen-Anhalt, vertreten durch die Sozialagentur Sachsen-Anhalt. Er wandte sich gegen eine Ablehnung von vier im Juni und Juli gestellten Anträgen auf Gewährung von Fahrkosten für medizinisch angeordnete Fahrten zur ambulanten fachärztlichen Behandlung mit einem Bescheid vom 18. Juli 2008 in der Gestalt eines Widerspruchsbescheides vom 24. Januar 2011.
Das SG verband die zwei Verfahren mit Beschluss vom 10. Mai 2011 unter dem führenden Aktenzeichen S 22 SO 29/11 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung. Die Übersendung des Beschlusses an die Beteiligten erfolgte mit Schreiben vom 26. Mai 2011.
Mit einem am 28. Juni 2011 eingegangenen Schriftsatz erfolgte durch den Prozessbevollmächtigten des Klägers in dem verbundenen Verfahren eine ausführliche Klagebegründung (acht Seiten).
Der Beklagte nahm mit einem am 8. Juli 2011 beim SG eingegangenen Schriftsatz mit dem Umfang von sieben Seiten zur Klage Stellung.
Das SG fragte beim Prozessbevollmächtigten des Klägers mit einem Schreiben vom 30. November 2011 an, ob noch auf die Klageerwiderung geantwortet werde. Dieser reagierte mit einer am 2. Januar 2012 eingegangenen Stellungnahme, auf die wiederum der Beklagte mit einem am 15. Februar 2012 eingegangenem Schriftsatz erwiderte. Hierzu nahm dann der Prozessbevollmächtigte des Klägers mit einem am 4. April 2012 eingegangenem Schreiben Stellung, worauf der Beklagte mit einem Schriftsatz vom 24. April 2012 antwortete, auf den dann der Prozessbevollmächtigte des Klägers mit einem Schriftsatz vom 13. Juni 2012 erwiderte. Am 19. Juli 2012 ging ein weiterer Schriftsatz des Beklagten ein.
Der Prozessbevollmächtigte des Klägers wandte sich mit einem Schreiben vom 2. August 2012 an das SG und führte aus: Die Angelegenheit werde als "ausgeschrieben" betrachtet und es werde um Anberaumung eines Termins gebeten.
Mit einem am 9. September 2014 beim SG eingegangenen Schriftsatz wies der Prozessbevollmächtigte des Klägers darauf hin, dass in dem Verfahren, in dem es um die Entscheidung einer Rechtsfrage gehe, nicht erkennbar sei, wann eine Verhandlung stattfinden werde. Weiter erfolgte der Hinweis, dass das Verfahren für den Kläger aufgrund seines desolaten Gesundheitszustands sowie seiner schwierigen wirtschaftlichen Situation beso...