Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung für Arbeitsuchende. Teilaufhebung der Leistungsbewilligung. Einkommensberücksichtigung. Auszahlung Versicherungssumme aus einer Lebensversicherung. Einkommensberechnung. Verteilzeitraum. Nichtberücksichtigung der anderweitigen Verwendung zur Schuldentilgung. keine Haftungsbeschränkung für Minderjährige mangels Nachweis der Vermögenslosigkeit
Leitsatz (amtlich)
1. Die Gutschrift einer Versicherungssumme im laufenden Leistungsbezug ist als einmalige Einnahme nach § 11 Abs 3 SGB II zu verteilen. Ein Verbrauch während des Verteilzeitraums ist im Aufhebungs- und Erstattungsfall unbeachtlich.
2. Zu den Anforderungen an den Nachweis von Vermögenslosigkeit im Rahmen der Minderjährigenhaftungsbeschränkung.
Tenor
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Kläger und Berufungskläger (im Weiteren: Kläger) wenden sich gegen zwei Aufhebungs- und Erstattungsbescheide des Beklagten und Berufungsbeklagten (im Weiteren: Beklagter), mit denen Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) für die Zeit vom 1. März bis zum 30. April 2007 zurückgefordert werden.
Der 1972 geborene Kläger zu 1. und seine 1972 geborenen Ehefrau, die Klägerin zu 2., standen gemeinsam mit ihren am 9. Mai 1994, 15. September 1997 und ... 2005 geborenen Kindern, den Klägerinnen zu 3. bis 5. beim Beklagten im laufenden Leistungsbezug. Gemeinsam bewohnte die Familie eine Mietwohnung in der P ...straße ... in D ... Die Gesamtmiete betrug ab September 2006 monatlich 359,92 Euro, wovon 220,66 Euro auf die Grundmiete, 128,49 Euro auf die kalten Betriebskosten und 90,00 Euro auf die Heizkosten entfielen. Die Warmwasserbereitung erfolgte zentral. Die Klägerin zu 2. erhielt monatlich Elterngeld in Höhe von 300 Euro. Die Klägerinnen zu 3. bis 5. erhielten jeweils Kindergeld in Höhe von monatlich 154 Euro.
Mit Bescheid vom 17. Oktober 2006 bewilligte der Beklagte den Klägern für den Zeitraum vom 1. November 2006 bis zum 30. April 2007 Leistungen der Grundsicherung in Höhe von monatlich 1.151,53 Euro. Bei der Leistungsberechnung berücksichtigte der Beklagte bei den Klägerinnen zu 3. bis 5. als Einkommen jeweils das Kindergeld. Unter Berücksichtigung der geänderten Abschläge für Wasser/Abwasser und Fernwärme bewilligte der Beklagte den Klägern mit Änderungsbescheid vom 11. Januar 2007 für den genannten Zeitraum monatlich Leistungen in Höhe von 1.203,95 Euro.
Am 29. Dezember 2006 verstarb die Tante des Klägers E. K ... Diese verfügte über eine Lebensversicherung bei der Öffentlichen Lebensversicherung Sachsen-Anhalt (ÖSA) mit der Versicherungsnummer ..., für die der Kläger im Todesfall als Bezugsberechtigter eingetragen war.
Die Kläger zu 1. und zu 3. bis 5. schlugen die Erbschaft aus.
Am 9. Februar 2007 überwies die ÖSA ein Betrag in Höhe von 5.200 Euro auf das gemeinsame Konto der Kläger zu 1. und zu 2. unter der Angabe "VSNR ... Leistung E. K.". Zum Zeitpunkt der Gutschrift betrug der mit der Bank vereinbarte Dispositionskredit 1.600 Euro. Das Konto war zu diesem Zeitpunkt mit 470,54 Euro im Soll. Nach Gutschrift der 5.200 Euro betrug das Guthaben 4.729,46 Euro. Am 1. März 2007 belief sich der Kontostand auf 3.618,62 Euro und am 1. April 2007 auf 2.236,01 Euro.
Die Kläger teilten dem Beklagten die Auszahlung der Versicherungssumme nicht mit. Im Weiterbewilligungsantrag vom 13. April 2007 gab der Kläger an, die Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Kläger hätten sich nicht geändert.
Am 4. Juli 2007 erfuhr der Beklagte durch eine anonyme Anzeige von der Auszahlung der Versicherungssumme an den Kläger.
Mit Schreiben vom 10. Juli 2007 teilte der Beklagte dem Kläger mit, dass ihm bekannt geworden sei, dass dieser eine größere Summe geerbt habe und forderte ihn zur Einreichung der Kontoauszüge ab Januar 2007 bis fortlaufend bzw. der Schenkungsurkunde auf. Mit Schreiben vom 27. Juli 2007 teilte der anwaltlich vertretene Kläger mit, dass er sich zu Lebzeiten um seine Tante gekümmert und diese ihn als Begünstigten ihrer Lebensversicherung eingetragen habe. Da er zum Zeitpunkt der Auszahlung des Betrags von 5.200 Euro auf seinem Konto einen Überziehungskredit in Anspruch genommen hatte, sei dieser ausgeglichen worden. Er habe für sich und seine Familie notwendige Anschaffungen getätigt. Zudem habe er die Wohnung seiner verstorbenen Tante auf eigene Kosten renoviert, um sie nach Beendigung des Mietverhältnisses zurückzugeben. Ferner habe er sich an den Beerdigungskosten der Tante beteiligt. Trotz Ankündigung waren dem Schreiben keine Rechnungen oder Belege beigefügt.
Mit Bescheid vom 24. Oktober 2007 hob der Beklagte die Leistungsbewilligung durch den Bescheid vom 17. Oktober 2006 für die Zeit vom 1. März bis zum 30. April 2007 gegenüber dem Kläger und den Klägerinnen zu 3. bis 5. teilweise auf und forderte diese zur Erstattung von insgesamt 1.123,52 Euro auf, welche sich wie folgt aufteilen: 549,80 Euro für den Kläger ...