Entscheidungsstichwort (Thema)
Soziale Pflegeversicherung. gesonderte Berechnung der betriebsnotwendigen Investitionsaufwendungen gegenüber Pflegeheimbewohnern. Rechtsstreit. Bewohner und zuständiger Sozialhilfeträger. keine Beteiligten. keine notwendige Beiladung. zulässige Klageart. Anfechtungs- und Leistungsklage. öffentlich geförderte Pflegeeinrichtung. Aufwendungen. Abschreibungen für geförderte Anschaffungen. kalkulatorische Kosten für Instandsetzung und Instandhaltung. Erbbauzinsen. Verfassungsmäßigkeit der Regelungen des § 82 Abs 3 S 1 iVm Abs 2 Nr 2 und 3 SGB 11. Eigenkapitalverzinsung
Leitsatz (amtlich)
1. Bei einem Rechtsstreit über die Zustimmung zur gesonderten Berechnung betriebsnotwendiger Investitionsaufwendungen nach § 82 SGB 11 sind die pflegebedürftigen Heimbewohner und der zuständige Sozialhilfeträger weder Beteiligte iS von § 12 SGB 10 noch sind sie im gerichtlichen Verfahren nach § 75 Abs 2 SGG notwendig beizuladen (vgl LSG Halle vom 11.5.2010 - L 4 P 1/07 sowie vom 16.3.2011 - L 4 P 12/07).
2. Zutreffende Klageart ist die Anfechtungs- und Leistungsklage iS von § 54 Abs 4 SGG (vgl BSG vom 6.9.2007 - B 3 P 3/07 R = BSGE 99, 57 = SozR 4-3300 § 82 Nr 4).
3. Pflegeeinrichtungen dürfen den Pflegebedürftigen nach § 82 Abs 3 SGB 11 nicht die Abschreibungswerte für Anlagegüter gesondert berechnen, deren Anschaffungskosten durch öffentliche Förderungen vollständig gedeckt waren, um daraus Rücklagen für die zukünftig anfallende Wiederbeschaffung zu bilden. Das Gleiche gilt für kalkulatorische Kosten für Instandsetzung und Instandhaltung (vgl LSG Halle vom 11.5.2010 - L 4 P 1/07 sowie vom 16.3.2011 - L 4 P 12/07).
4. Öffentlich geförderte Pflegeeinrichtungen sind nicht berechtigt, den Pflegebedürftigen Erbbauzinsen nach § 82 Abs 3 SGB 11 gesondert in Rechnung zu stellen. Insoweit bestehen keine Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit der Regelungen des § 82 Abs 3 S 1 iVm Abs 2 Nr 2 und 3 SGB 11. Die damit einhergehende Ungleichbehandlung mit Pflegeeinrichtungen, die nicht nach Landesrecht gefördert werden, ist hinreichend sachlich begründet (vgl LSG Halle vom 11.5.2010 - L 4 P 1/07).
5. Öffentlich geförderte Pflegeeinrichtungen dürfen den Pflegebedürftigen den entgangenen Zinsertrag aus dem eingesetzten Eigenkapital nicht nach § 82 Abs 3 SGB 11 gesondert berechnen. Eine angemessene Eigenkapitalverzinsung ist vielmehr im Rahmen der leistungsgerechten Vergütung für allgemeine Pflegeleistungen und des angemessenen Entgelts für Unterkunft und Verpflegung nach § 82 Abs 1 S 1 Nr 1 und 2 SGB 11 zu berücksichtigen (vgl LSG Halle vom 16.3.2011 - L 4 P 12/07).
Nachgehend
Tenor
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Die Klägerin hat auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Die Revision wird zugelassen.
Der Streitwert wird auf 372.940,38 € festgesetzt.
Tatbestand
Umstritten ist die Zustimmung des beklagten Landes zur gesonderten Berechnung von betriebsnotwendigen Investitionsaufwendungen gegenüber den Bewohnern eines Pflegeheims nach § 82 Elftes Buch Sozialgesetzbuch - Soziale Pflegeversicherung - (SGB XI).
Die Klägerin betreibt in P... ein Seniorenheim mit 50 Pflegeplätzen. Mit Zuwendungsbescheid vom 20. Dezember 2000 bewilligte der Beklagte ihr nach Artikel 52 Pflegeversicherungsgesetz (PflegeVG) einen nicht rückzahlbaren Zuschuss als Anteilsfinanzierung in Höhe von 90 Prozent der zuwendungsfähigen Kosten; Der Landkreis finanzierte Zuschüsse über die weiteren 10 Prozent der Kosten. In dem Zuwendungsbescheid wird zu den Kostengruppen 100 (Baugrundstück) in Höhe von 24.800,-- DM, 200 (Herrichten und Erschließen) in Höhe von 178.000,-- DM und 400 (Bauwerk, technische Anlagen) in Höhe von 54.900,-- DM ausgeführt, diese seien zusätzlich in den Gesamtkosten enthalten, aber weder förderfähig noch dürften sie den Pflegebedürftigen in Rechnung gestellt werden. Dieser Teil der Kosten in Höhe von 257.700,-- DM sei über Eigenmittel der Klägerin zu finanzieren. Das Grundstück, auf dem die Klägerin den Ersatzneubau errichtet hat, wurde ihr im Wege eines im Grundbuch eingetragenen Erbbaurechts überlassen.
Die Klägerin nahm die Pflegeeinrichtung am 10. Februar 2003 in Betrieb und schloss mit den Bewohnern jeweils einen Heimvertrag, nach dessen § 2 Abs. 3 Satz 2 Entgelterhöhungen aufgrund von Investitionsaufwendungen nur zulässig sind, "soweit sie nach Art des Heims betriebsnotwendig sind und nicht durch öffentliche Förderung gedeckt werden. Das Heim hat die Erhöhung der Bewohnerin/dem Bewohner spätestens vier Wochen vor dem Zeitpunkt, an dem sie wirksam wird, schriftlich mitzuteilen und anhand der Leistungsbeschreibung unter Angabe des Umlagemaßstabes im Rahmen einer Gegenüberstellung der bisherigen und neuen Entgeltbestandteile zu begründen. Die Erhöhung ist nur wirksam, wenn sie den Regelungen des SGB XI und BSHG, soweit dies einschlägig ist, entspricht."
Am 9. April 2003 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Zustimmung zur gesonderten Berechnung von Investitionsau...