Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Krankenhaus. Rechtsgrundlage für Vergütungsanspruch. Abgrenzung von vollstationärer Behandlung zu anderen Behandlungsformen im Krankenhaus
Orientierungssatz
1. Rechtsgrundlage des Vergütungsanspruchs eines Krankenhauses bei stationärer Behandlung des Versicherten ist § 109 Abs 4 SGB 5 iVm den getroffenen Pflegesatzvereinbarungen. Die Zahlungsverpflichtung der Krankenkasse entsteht unabhängig von einer schriftlichen Kostenzusage, die nur ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis darstellt, unmittelbar mit der Inanspruchnahme der Leistung durch den Versicherten, wenn sie iS von § 39 Abs 1 SGB 5 erforderlich ist.
2. Zur Abgrenzung von ambulanter, vor- und nach- sowie teilstationärer Behandlung setzt die vollstationäre Behandlung eine physische und organisatorische Eingliederung in das spezifische Versorgungssystem eines Krankenhauses voraus. Diese ist dann anzunehmen, wenn sich die Behandlung nach dem Behandlungsplan des Krankenhausarztes zeitlich über mindestens einen Tag und eine Nacht erstreckt (vgl BSG vom 4.3.2004 - B 3 KR 4/03 R = BSGE 92, 223 = SozR 4-2500 § 39 Nr 1).
3. Beschränkt sich der Aufenthalt des Versicherten im Krankenhaus auf nur eine Stunde und fünfzehn Minuten und sind Anhaltspunkte für einen Behandlungsplan, der sich auf eine vollstationäre Behandlung im Krankenhaus bezieht, nicht ersichtlich, so kann nicht von einer sog. abgebrochenen stationären Behandlung gesprochen werden. Auch diese erfordert eine Aufnahmeentscheidung des Krankenhauses mit einem sich mindestens auf die nächste Nacht erstreckenden ärztlichen Behandlungsplan (vgl BSG vom 17.3.2005 - B 3 KR 11/04 R = SozR 4-2500 § 39 Nr 5, BSG vom 4.3.2004 - B 3 KR 4/03 R = aaO und BSG vom 28.2.2007 - B 3 KR 17/06 R = SozR 4-2500 § 39 Nr 8).
Tenor
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Streitwert wird auf 128,29 EUR festgesetzt.
Tatbestand
Streitig ist, ob die Klägerin bei einem Aufenthalt des Versicherten von einer Stunde und 15 Minuten im Krankenhaus ihre Leistungen auf der Grundlage eines vollstationären Pflegesatzes abrechnen kann.
Die Klägerin ist Trägerin des Krankenhauses G. in Z. (im Folgenden: Krankenhaus), das in den Krankenhausplan des Landes Sachsen-Anhalt aufgenommen ist. Am 26. Mai 2001 verordnete die Praktische Ärztin Dipl.-Med. D. dem am ... 1935 geborenen bei der Beklagten versicherten H. K. (im Folgenden: Versicherter) Krankenhausbehandlung als Notfall wegen akutem Harnverhalt bei Blasenhalsadenom, Harnröhrenstriktur und Hypotonie. In der Aufnahme-, Entlassungs- und Verlegungsanzeige der Klägerin ist die Diagnose N 35.8 (sonstige Harnröhrenstriktur) vermerkt. Nach der Rechnung vom 6. Juni 2001 hielt sich der Versicherte am 26. Mai 2001 von 10:00 Uhr bis 11:15 Uhr in der Klinik der Klägerin auf und wurde anschließend in das W. G. verlegt. Die Klägerin stellte der Beklagten insgesamt 447,90 DM (= 229,01 EUR) auf der Basis eines vollstationären Behandlungstages in Rechnung.
Die Beklagte erteilte mit Schreiben vom 1. Juni 2001 eine Kostenzusage für die Zeit vom 26. Mai 2001 bis 29. Mai 2001 für die Kosten der medizinisch notwendigen vollstationären Krankenhausbehandlung und wies den Rechnungsbetrag am 9. Juli 2001 zur Zahlung an. Mit Schreiben vom 14. November 2001 teilte sie der Klägerin mit, aufgrund der Behandlungszeit von 10:00 bis 11:15 Uhr sei weder Unterkunft noch Verpflegung gewährt worden, so dass der vollstationäre Pflegesatz nicht abgerechnet werden könne. Sie halte die Abrechnung der vorstationären Pauschale in Höhe von 197,- DM (= 100,72 EUR) für angemessen. Sollte die Klägerin sich dieser Auffassung nicht anschließen können, werde bis zum 3. Dezember 2001 um eine entsprechende Begründung gebeten. Nachdem die Klägerin darauf sowie auf ein weiteres Schreiben der Beklagten vom 7. Januar 2002 nicht reagierte, teilte diese mit Schreiben vom 12. Februar 2002 mit, sie gehe davon aus, dass sich die Klägerin ihrer Auffassung der Abrechnung der vorstationären Pauschale in Höhe von 100,72 EUR anschließe, da auch beim Sozialmedizinischen Dienst (SMD) die erbetenen Unterlagen nicht eingegangen seien.
Mit Schreiben vom 11. März 2003 teilte die Klägerin der Beklagten einen offenen Rechnungsbetrag für den Versicherten in Höhe von 128,29 EUR mit. Der Chefarzt der Klinik für Allgemein- und Visceralchirurgie Dr. B. sowie der Oberarzt S. erklärten mit Schreiben vom 19. Juni 2003, die stationäre Aufnahme des Versicherten sei wegen der Beschwerdesymptomatik eines akuten Abdomens erforderlich gewesen. Nach grob orientierender Untersuchung sei ein Harnverhalt diagnostiziert worden. Die transurethrale Katheteranlage sei frustran verlaufen, worauf der Patient bei bekanntem Blasenhalsadenom noch am Aufnahmetag in die urologische Klinik des W.s G. verlegt worden sei. Der stationäre Aufenthalt sei für die durchgeführte Maßnahme erforderlich gewesen.
Am 4. Juli 2003 hat die Klägerin beim Sozialgericht (SG)...