Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosengeld II. Unterkunft und Heizung. Zweipersonenhaushalt im Landkreis Harz in Sachsen-Anhalt. selbst genutztes Hausgrundstück. Angemessenheitsprüfung. schlüssiges Konzept. Vergleichsraumbildung im Flächenlandkreis. keine Übernahme unabweisbarer Aufwendungen für Instandhaltung. Kosten für den Bau eines Trinkwasserbrunnens
Leitsatz (amtlich)
1. Die Richtlinien des Landkreises Harz vom 1.8.2012 und 1.8.2014 genügen den Anforderungen an ein schlüssiges Konzept hinsichtlich der Ermittlung der Bruttokaltmiete. Der Senat hält an seiner bisherigen Rechtsprechung auch für den Wohnungsmarkttyp IV (Harzgerode, Oberharz am Brocken) fest.
2. Bei dem für unabweisbare Aufwendungen bei selbst bewohntem Eigenheim vorzunehmenden Vergleich mit den angemessenen Aufwendungen für 12 Monate ist auf den Monat der Fälligkeit der Kostentragung abzustellen, auch wenn diese schon im Monat zuvor beglichen wurden.
Orientierungssatz
Der Landkreis Harz ist als Gebietskörperschaft kein einheitlicher "Vergleichsraum", denn seine kreisangehörigen Gemeinden weisen erhebliche strukturelle Unterschiede auf, die sich bei einer bewertenden Betrachtung von Topografie, Siedlungsdichte und Infrastruktur ergeben. Er besteht ausgehend von den Wohnorten aus 14 Vergleichsräumen, zumeist in Form der politischen Gemeinden. Diese verfügen über jeweils eigene Wohnungsmärkte (vgl LSG Halle (Saale) vom 31.1.2018 - L 5 AS 201/17).
Tenor
Das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 20. Mai 2016 wird aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist die Bewilligung von weiteren Leistungen nach § 22 Abs. 2 Zweites Buch Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) wegen der Kosten für einen Trinkwasserbrunnen.
Die 1958 geborene Klägerin und der 1956 geborene Kläger sind miteinander verheiratet und bezogen seit 2005 Leistungen nach dem SGB II. Die Klägerin übte im Jahr 2014 zwischenzeitlich eine Beschäftigung aus und erzielte Einkommen. Die Kläger bewohnten ein 1960 bezugsfertiges Eigenheim mit einer Grundfläche von 100 m², einer Wohnfläche von 90 m² und einer Grundstücksgröße von 449 m². Sie hatten für zwei "BHW BauDarlehen" monatliche Kreditraten zu leisten. Das Eigenheim war - wie weitere Häuser im Ortsteil - nicht an die öffentliche Wasserversorgung angeschlossen. Das Wasser wurde laut Vereinbarung von der M. E. GmbH bezogen. Deren Rechtsnachfolger kündigten die Vereinbarung zum 31. Dezember 2012. Die bisher mit Wasser versorgten Hauseigentümer schlossen sich zu einer "Nutzungsgemeinschaft Trinkwasserversorgung 3. Hammer, Mägdesprung" zu dem Zweck der gemeinschaftlichen Errichtung eines Trinkwasserbrunnens zusammen. Nach § 5 der Satzung sollten die Kläger anteilig von den Kosten 5% tragen.
Die Kläger waren vom Beklagten unter dem 28. Februar 2013 auf die Unangemessenheit ihrer Kosten für die Unterkunft (KdU) hingewiesen worden. Nach dem 30. September 2013 könnten nur die Richtwerte für einen 2-Personenhaushalt bei den KdU berücksichtigt werden.
Die Kläger hatten von Februar 2014 bis Januar 2015 folgende Zahlungen für das Eigenheim - ohne Heizkosten - aufzubringen:
(Tabelle kann nicht dargestellt werden)
Summe: 3.952,14 EUR
Der Beklagte bewilligte den Klägern Leistungen für die KdU gemäß seiner zum 1. August 2012 und 1. August 2014 in Kraft getretenen Richtlinien. Danach waren als maximale Brutto-Kaltmiete für eine aus zwei Personen bestehende Bedarfsgemeinschaft in Harzgerode 298,80 EUR/Monat bzw. 305,40 EUR/Monat vorgesehen. Der Beklagte bewilligte für den Zeitraum von Oktober 2013 bis März 2014 und von April bis September 2014 Leistungen für die KdU ohne Heizkosten i.H.v. 298,80 EUR/Monat (bestandskräftige Bescheide vom 11. September 2013, 18. September 2013, 7. Oktober 2013, Bescheide vom 27. Februar 2014, 27. März 2014, 7. Mai 2014, 6. September 2014). Der Beklagte bewilligte den Klägern für den Zeitraum von Oktober 2014 bis März 2015 Leistungen unter Berücksichtigung der tatsächlichen KdU ohne Heizkosten i.H.v. 277,93 EUR/Monat für Oktober 2014, Dezember 2014 sowie Januar 2015 und i.H.v. 294,29 EUR für November 2014 (bestandskräftige Bescheide vom 26. September 2014, 9. und 27. Oktober 2014, 12. Februar 2015, Gesamtbetrag Februar 2014 bis Januar 2015: 3.518,48 EUR). Die Übernahme der Kosten für Heizölrechnungen erfolgte in gesonderten Bescheiden.
Nach der Erstellung des Trinkwasserbrunnens stellte die Nutzungsgemeinschaft den Klägern unter dem 12. Februar 2014 deren Anteil i.H.v. 1.080 EUR in Rechnung. Die Überweisung war schon am 21. Januar 2014 erfolgt. Der Beklagte lehnte den Antrag der Kläger auf Kostenübernahme vom 4. Februar 2014 mit Bescheid vom 15. April 2014 ab. Die Hauslasten überschritten die Angemessenheitsgrenze für die KdU.
In ihrem dagegen gerichteten Widerspruch machten die Kläger geltend, sie seien zur Beteiligung an dem Brunnenbau gezwungen gewesen. Außerdem seien dadurch die Wasserkosten drastisch gesunken.
Der Beklagte wies d...