Entscheidungsstichwort (Thema)
Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz. fiktive Einbeziehung. betriebliche Voraussetzung. VEB Starkstromanlagenbau Magdeburg
Orientierungssatz
1. Das AAÜG ist nur dann anwendbar, wenn eine konkrete Zusage auf Einbeziehung in ein Zusatzversorgungssystem (hier: zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz) vorliegt.
2. Das AAÜG hat den Kreis der "potenziell vom AAÜG ab 1.8.1991 erfassten" Personen nicht erweitert und das Neueinbeziehungsverbot nicht modifiziert (Entgegen BSG vom 9.4.2002 - B 4 RA 31/01 R = SozR 3-8570 § 1 Nr 2).
3. Auch mit einer verfassungskonformen Auslegung des § 1 Abs 1 AAÜG lässt sich eine Erweiterung der Anwendbarkeit des AAÜG auf Personen, die am 30.6.1990 einen Anspruch auf Einbeziehung bzw auf eine Versorgungszusage gehabt hätten, nicht begründen, da eine Ungleichbehandlung zu der von § 1 Abs 1 S 2 AAÜG erfassten Personengruppe nicht gegen Art 3 GG verstößt.
4. Die vom Bundessozialgericht vorgenommene Rechtsfortbildung überschreitet nach Auffassung des erkennenden Senats die Grenzen richterlicher Entscheidungsbefugnis, die sich aus Art 20 Abs 2 und 3 GG ergeben.
5. Der VEB Starkstromanlagenbau Magdeburg war weder ein volkseigener Produktionsbetrieb der Industrie noch war er ein gleichgestellter Betrieb (vgl LSG Halle vom 22.10.2009 - L 1 R 400/06).
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 18. Juli 2007 aufgehoben. Die Klage wird abgewiesen.
Die Beteiligten haben sich in beiden Rechtszügen keine Kosten zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist umstritten, ob für den Kläger Zeiten der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem der technischen Intelligenz mit den dabei erzielten Entgelten festzustellen sind.
Dem am ... 1943 geborenen Kläger wurde mit Zeugnis der Ingenieurschule für Lebensmittelindustrie G vom 15. Juli 1982 die Berechtigung verliehen, die Berufsbezeichnung "Ingenieurökonom der Lebensmittelindustrie" zu führen. Im Anschluss daran war er bis zum 30. Juni 1990 beim VEB Starkstromanlagenbau Magdeburg wie folgt tätig:
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- 16. Juli 1982 bis 28. Februar 1983: |
Gruppenleiter NS-Schaltgeräte |
- 01. März 1983 bis 14. Oktober 1984: |
Abteilungsleiter Materialplanung und Organisation |
- 15. Oktober 1984 bis 31. Dezember 1985: |
Abteilungsleiter KM |
- 01. Januar 1986 bis 31. Dezember 1988: |
Objektingenieur |
- 01. Januar 1989 bis 30. Juni 1990; |
Abteilungsleiter Objektüberwachung. |
Beiträge zur Freiwilligen Zusatzrentenversicherung entrichtete er nicht. Eine förmliche Versorgungszusage erhielt er zur Zeit der DDR nicht. - Seit dem 01. Oktober 2003 erhält er eine Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeit.
Am 01. November 2001 beantragte der Kläger die Überführung von Zusatzversorgungsanwartschaften. Diesen Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 25. Juli 2003 mit der Begründung ab, dass dieser nicht als Ingenieur, sondern als Abteilungsleiter Objektüberwachung beschäftigt gewesen sei. Dagegen legte der Kläger am 25. August 2003 Widerspruch ein. Bedingung für eine Tätigkeit als Abteilungsleiter Objektüberwachung seien in einer entsprechenden Ausbildung erworbene ingenieurtechnische Kenntnisse gewesen. In der seiner Abteilung angegliederten Modifizierungswerkstatt seien elektrotechnische und elektromechanische Umbauten und Prüfungen durchgeführt worden. Mit Widerspruchsbescheid vom 27. November 2003 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Bei der Tätigkeit des Klägers habe es sich nicht um eine ingenieurtechnische Beschäftigung im Sinne der Versorgungsordnung gehandelt.
Daraufhin hat der Kläger am 08. Dezember 2003 Klage beim Sozialgericht Magdeburg (SG) erhoben. Er trägt vor, seine Tätigkeit als Objektingenieur von 1986 bis 1989 sei wesentliche Voraussetzung für die Übertragung der Aufgabe eines Abteilungsleiters Objektüberwachung gewesen. In einem Erörterungstermin mit der Kammervorsitzenden hat er die Aufgaben und den Aufbau der Abteilung Objektüberwachung eingehend geschildert. Ferner hat er einen Auszug aus der Betriebsgeschichte des VEB Starkstrom-Anlagenbau Magdeburg eingereicht.
Die Beklagte hat Unterlagen zum VEB Starkstrom-Anlagenbau Magdeburg vorgelegt und vorgetragen, dass sowohl die sachlichen als auch die betrieblichen Voraussetzungen nicht erfüllt seien. Der Beschäftigungsbetrieb sei der Wirtschaftsgruppe 16619 (Reparatur- und Montagebetriebe der elektronischen Industrie) zugeordnet gewesen.
Das Gericht hat vom Amtsgericht Leipzig - Handelsregister - und vom Sächsischen Staatsarchiv Unterlagen über den VEB Starkstrom-Anlagenbau ...-H und den VEB Kombinat Elektroenergieanlagenbau L beigezogen. Der Zeuge E H (Betriebsdirektor des VEB Starkstrom-Anlagenbau Magdeburg) hat sich schriftlich geäußert und später auf konkrete Fragen des Gerichts geantwortet. In der mündlichen Verhandlung hat das SG die Zeugen J K (zuletzt Direktor für Produktion des Betr...