Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung für Arbeitsuchende. Einkommensberücksichtigung. Wohngeldnachzahlung für mehrere Monate. keine analoge Anwendung von § 11a Abs 1 Nr 1 SGB 2
Leitsatz (amtlich)
Die Rechtsprechung des BSG (vgl BSG vom 25.7.2015 - B 14 AS 17/14 R = BSGE 119, 164 = SozR 4-4200 § 11 Nr 73) zur analogen Anwendung von § 11a Abs 1 Nr 1 SGB II auf Leistungen nach dem AsylbLG ist auf (Nach-)Zahlungen von Leistungen nach dem WoGG nicht übertragbar.
Tenor
Das Urteil des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 8. September 2015 wird aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Kosten sind in beiden Instanzen nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Höhe der dem Kläger für Februar 2014 zu bewilligenden Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II).
Der 1986 geborene Kläger bewohnt in D. eine Mietwohnung. Hierfür hatte er im Februar 2014 eine Grundmiete in Höhe von 261,00 EUR, kalte Betriebskosten in Höhe von 60,00 EUR und Heizkosten in Höhe von 55,00 EUR zu entrichten, woraus sich eine monatliche Gesamtmiete von 376,00 EUR ergab. Die Stadt D. bewilligte ihm mit Bescheid vom 3. Februar 2014 aufgrund seines Antrages vom 18./26. November 2013 für den Zeitraum vom 1. November 2013 bis 31. Januar 2014 Wohngeld in Höhe von monatlich 109,00 EUR. Der sich hieraus ergebende Gesamtbetrag (327,00 EUR) wurde dem Konto des Klägers am 26. Februar 2014 gutgeschrieben.
Der Kläger war Halter eines F., für den er gemäß der Bestätigung der Versicherungsgesell-schaft D. vom 6. Februar 2014 monatlich u. a. einen Haftpflichtversicherungsbeitrag in Höhe von 30,24 EUR zu zahlen hatte.
Er übte bis zum 30. April 2013 eine Erwerbstätigkeit als Fahrzeugaufbereiter aus. Für den Zeitraum vom 1. Mai 2013 bis 30. April 2014 bewilligte die Bundesagentur für Arbeit dem Kläger Arbeitslosengeld in Höhe von 21,26 EUR pro Kalendertag. Am 3. Februar 2014 nahm der Kläger eine neue Beschäftigung als Berufskraftfahrer bei der Firma R. auf, woraufhin die Bundesagentur für Arbeit die Bewilligung von Arbeitslosengeld mit Wirkung vom 3. Februar 2014 aufhob (Bescheid vom 3. Februar 2014). Die erste Lohnzahlung von der Firma R. erhielt der Kläger im März 2014. Die Gutschrift des Arbeitslosengeldes für den 1./2. Februar 2014 auf dem Konto des Klägers erfolgte am 6. Februar 2014.
Mit Bescheid vom 13. März 2014 bewilligte der Beklagte dem Kläger auf dessen Antrag vom 3. Februar 2014 vorläufig Leistungen nach dem SGB II für den Zeitraum von Februar bis Juli 2014, wobei sich die Bewilligung für Februar 2014 auf 457,72 EUR (Regelbedarf: 81,72 EUR; Bedarfe für Unterkunft und Heizung: 376,00 EUR) belief. Zur Begründung der Vorläufigkeit verwies der Beklagte darauf, dass das bei der Firma R. ab dem 3. Februar 2014 erzielte anzurechnende Einkommen aktuell noch nicht bekannt sei. Als Einkommen wurden für Februar 2014 das Arbeitslosengeld (42,52 EUR) sowie das Wohngeld (327,00 EUR) berücksichtigt, woraus - nach "Einkommensbereinigung" - ein insgesamt anzurechnendes Einkommen von 309,28 EUR resultierte.
Hiergegen erhob der Kläger am 27. März 2014 Widerspruch: Das Wohngeld sei zu Unrecht als Einkommen angerechnet worden. Es sei für die Monate November 2013, Dezember 2013 und Januar 2014 bewilligt worden und hätte demgemäß regulär in den jeweiligen Monaten gezahlt werden müssen. In diesem Falle handele es sich um nicht anzurechnendes Einkommen, da das Wohngeld eine zweckbestimmte Leistung darstelle, die aufgrund öffentlich-rechtlicher Vorschriften zu einem ausdrücklich benannten Zweck erbracht werde. Im Übrigen sei ihm durch Mitarbeiter des Beklagten telefonisch die Auskunft erteilt worden, eine gleichzeitige Beantragung von Arbeitslosengeld II und Wohngeld sei nicht möglich, weshalb er für die genannten Monate nur Wohngeld beantragt habe.
Mit Änderungsbescheid vom 3. April 2014 bewilligte der Beklagte dem Kläger für den Monat März 2014 höhere Leistungen, da nunmehr das korrekte Einkommen des Klägers bei der Firma R. für Februar 2014 im Zuflussmonat März 2014 berücksichtigt worden sei.
Mit Widerspruchsbescheid vom 21. Mai 2014 wies der Beklagte den Widerspruch des Klägers vom 27. März 2014 zurück: Die Wohngeldnachzahlung in Höhe von 327,00 EUR sei als Einkommen zu berücksichtigen und im Zuflussmonat (Februar 2014) anzurechnen. Demgegenüber komme es nicht darauf an, ob die im Bewilligungszeitraum zugeflossenen Leistungen in einem davor liegenden Zeitraum "verdient" worden seien.
Am 15. April 2014 kündigte der Kläger das Arbeitsverhältnis bei der Firma R. zum 30. April 2014. Mit Widerspruchsbescheid vom 5. Juni 2014 bewilligte der Beklagte dem Kläger für Juni und Juli 2014 höhere Leistungen; der Bescheid vom 13. März 2014 werde insoweit aufgehoben; ab Juni 2014 sei als Einkommen das Arbeitslosengeld zu berücksichtigen.
Der Kläger hat am 16. Juni 2014 Klage vor dem Sozialgericht (SG) Dessau-Roßlau erhoben, mit welcher er sich gegen die Anrechnung ...