Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosengeldanspruch. Verkürzung der Anwartschaftszeit auf 6 Monate. befristete Beschäftigungen für nicht mehr als 10 Wochen. Prognoseentscheidung. Arbeitsvertrag für das Filmgeschäft und Verlängerungsklausel
Leitsatz (amtlich)
1. Wird für die Beurteilung, ob eine kurze Beschäftigung im Sinne von § 142 Abs 2 S 1 Nr 1 SGB III vorliegt, auf eine Prognoseentscheidung abgestellt, kommt es darauf an, ob die tatsächliche Beschäftigungsdauer erwartbar war.
2. Sehen die arbeits- und tarifvertraglichen Regelungen für die Beschäftigung eines Set-Aufnahmeleiters bei einer Filmproduktion vor, dass nach Abschluss der Dreharbeiten Überstunden und Urlaubsansprüche die Beschäftigung verlängern, ist bei einem branchentypischen Verlauf der Arbeiten die daraus resultierende Dauer des Beschäftigungsverhältnisses voraussehbar. Etwas anderes gilt, soweit die Verlängerung auf besonderen Umständen beruht, die bei Vertragsschluss noch nicht absehbar waren.
Tenor
Das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 8. November 2018 wird aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger begehrt von der Beklagten die Gewährung von Arbeitslosengeld noch für den Zeitraum vom 30. Dezember 2015 bis zum 28. März 2016. Hierbei ist insbesondere streitig, ob er die kürzere Anwartschaftszeit nach § 142 Abs. 2 des Sozialgesetzbuches Drittes Buch - Arbeitsförderung in der Fassung bis zum 31. Dezember 2019 (SGB III a. F.) erfüllt hat.
Der 1987 geborene Kläger ist als Set-Aufnahmeleiter tätig und schließt hierfür befristete Arbeitsverträge bei Film- und Fernsehproduktionen. Er ist Gewerkschaftsmitglied.
Der Kläger bezog zuletzt mit Unterbrechungen vom 26. November 2014 bis zum Erlöschen des Anspruchs am 16. Juni 2015 Arbeitslosengeld von der Beklagten. Hierbei reichte die herangezogene Rahmenfrist vom 26. August 2013 bis zum 25. November 2014. Die Beklagte legte dem Arbeitslosengeld ein Bemessungsentgelt in Höhe von 83,55 € täglich zugrunde.
Am 30. Dezember 2015 meldete er sich bei der Beklagten erneut arbeitslos und beantragte Arbeitslosengeld.
Er gab an, in befristeten Arbeitsverhältnissen für verschiedene Produktionen gearbeitet zu haben.
Vom 7. April bis zum 20. Mai 2015 (44 Tage) stand der Kläger in einem befristeten Arbeitsverhältnis bei der Firma X.
Bei der Produktion der K GmbH (K GmbH) mit dem Arbeitstitel „Film1“ schlossen die Vertragspartner am 9. Juli 2015 einen Anstellungsvertrag. Der Vertragsbeginn war der 26. Juni 2015. Weiter heißt es unter Abschnitt A Besondere Vereinbarungen Pkt. 4.:„Vertragsende: Beendigung der Tätigkeit, spätestens mit Ablauf des 07.09.2015, ggf. Verlängerung um die unter Abschnitt A Pkt. 9 erworbenen Zusatztage.“ Die Dreharbeiten sollte voraussichtlich vom 29. Juni bis zum 5. September 2015 dauern. Unter Pkt. 9. lautet es: „Urlaub: ½ Tag pro 5 Arbeitstage in einem zusammenhängenden Vertragszeitraum.“ Unter Abschnitt A. Pkt. 10 heißt es bei Mehrarbeit: „Etwaige Mehrarbeit ab der 10ten Stunde wird zuschlagsfrei gesammelt; je 8 Überstunden ergeben einen vollen zusätzlichen Tag hinten dran.“ Als Tageshöchstarbeitszeit sind 13 Stunden täglich vereinbart worden (Abschnitt B Pkt. 6.3.). In der Arbeitsbescheinigung der K GmbH vom 20. Oktober 2015 wird aufgeführt, dass das Arbeitsverhältnis bei Abschluss des Arbeitsvertrages bis zum 4. September 2015 befristet gewesen sei und eine (nicht schriftliche) Verlängerung am 4. September 2015 bis zum 1. Oktober 2015 erfolgt sei.
Für die Produktion bei der S GmbH (S GmbH), damaliger Arbeitstitel: „Film 2“ (späterer Filmtitel: „S*“), vereinbarten die Vertragsparteien mit Vertrag vom 5. Oktober 2015 eine Vertragszeit: „Von 04.10.2015 bis ca. 19.11.2015“, voraussichtlich „bis zu 28 Drehtage“ (Pkt. 1.1 Buchst. b) des Vertrages). Die Vergütung betrug 1.000 € pro Woche bei einer 5-Tage-Woche. Die Arbeit an einem 6. und 7. Arbeitstag pro Kalenderwoche sollte pro rata vergütet werden, Reisetage mit einer halben Tagesgage. Nach Pkt. 9. sollte die Vertragszeit erst enden, wenn der Urlaubsanspruch (0,5 Tage pro Woche) abgegolten ist.
In einer ersten Arbeitsbescheinigung vom 5. Januar 2016 gab die S GmbH an, dass das vom 4. Oktober bis zum 24. Dezember 2015 dauernde Arbeitsverhältnis als Set-Aufnahmeleiter bei Abschluss des Arbeitsvertrages bis zum 24. Dezember 2015 befristet gewesen sei (Punkt 3.2). Es sei eine Arbeitszeit von 50 Stunden vereinbart gewesen. In einer späteren, im Verlauf des Gerichtsverfahrens vorgelegten Arbeitsbescheinigung vom 20. Dezember 2017 wird das Beschäftigungsverhältnis vom 4. Oktober bis zum 13. November 2015 als Beschäftigung als Set-Aufnahmeleiter und vom 14. November bis zum 24. Dezember 2015 als „Abgeltung ZK“ bezeichnet. Nunmehr wird angegeben, dass das Arbeitsverhältnis bei Abschluss des Arbeitsvertrages bis zum 13. November 2015 befristet gewesen sei. Es sei eine (nicht schriftliche) Verlängerung am 13. November 2015 bis zum 24. Dezember 2015 erfolgt. D...