Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Krankenhausvergütung. stationäre Behandlung im Rahmen einer Studie. ohne Studienintegration keine stationäre Behandlungsbedürftigkeit. kein Vergütungsanspruch
Leitsatz (amtlich)
1. § 137c Abs 2 S 2 SGB V (in der Fassung bis 31.12.2011) begründete die Möglichkeit, dass die KKn die notwendige stationäre Versorgung der in Studien einbezogenen versicherten Patienten mit den Krankenhausentgelten vergüten, wenn die Studienteilnahme der Verwirklichung der Ziele der Krankenbehandlung (§ 27 SGB V) dient und solange der Patient notwendig stationär versorgt werden muss (Anschluss an BSG vom 17.12.2013 - B 1 KR 70/12 R = BSGE 115, 95 = SozR 4-2500 § 2 Nr 4).
2. Dies setzt nicht nur voraus, dass die Durchführung der Studie allein stationär erfolgen muss, sondern auch, dass der Patient ohne die Studienintegration stationär behandlungsbedürftig iSv § 39 SGB V gewesen ist (hier abgelehnt wegen möglicher ambulanter Standardtherapie).
Nachgehend
Tenor
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens.
Die Revision wird zugelassen.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 56.642,25 € festgesetzt.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über den Vergütungsanspruch der Klägerin und Berufungsklägerin (im weiteren Klägerin) für eine stationäre Behandlung eines Versicherten der Beklagten und Berufungsbeklagten (im weiteren Beklagte) im Rahmen einer Studie.
Die Klägerin betreibt ein Krankenhaus, das in den Krankenhausplan des Landes Sachsen-Anhalt aufgenommen worden ist. Der bei der Beklagten versicherte H. Sch., geboren am ... 1941, (im weiteren der Versicherte) befand sich u.a. vom 6. bis 9. Januar 2011 zur stationären Behandlung in der Klinik für Radiologie und Nuklearmedizin der Klägerin. Beim Versicherten war eine Leberzirrhose und ein bifokales hepatozelluläres Leberkarzinom (HCC) diagnostiziert worden. Seine Aufnahme erfolgte zur Vorbereitung einer selektiven internen Radiotherapie (SIRT), die im Rahmen der SORAMIC-Studie (Sorafenib in Kombination mit lokaler Microtherapie bei Patienten mit inoperablem HCC durchgeführt durch Gd-EOB-DTPA [Primovist] verstärktes MRT). Es erfolgte eine Angiographie. Der Versicherte hatte der Einbeziehung in die Studie zugestimmt.
Hinsichtlich des genannten Aufenthalts stellte die Klägerin am 2. Februar 2011 gegenüber der Beklagten einen Betrag i.H.v. 4.960,05 € in Rechnung. Dabei ging sie von der DRG (Diagnosis Related Groups = diagnosebezogene Fallgruppen) H06B sowie dem Zusatzentgelt ZE106.05 (selektive Embolisation mit Metallspiralen - Coils -, andere Lokalisationen, Anzahl der Metallspiralen: 5) aus. Die Beklagte beglich den Rechnungsbetrag zunächst vollständig, beauftragte jedoch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Sachsen-Anhalt (MDK) mit der Prüfung des Behandlungsfalls. Dieser teilte den Prüfauftrag mit Schreiben vom 24. Februar 2011 der Klägerin mit. Nach Anforderung weiterer Unterlagen kam der MDK im Gutachten vom 19. Juli 2011 zum Ergebnis, dass es sich bei der durchgeführten Behandlung (Radioembolisation) nicht um eine Standardtherapie des Leberkarzinoms gehandelt habe, sondern um ein experimentelles Verfahren. Es sei nicht ersichtlich, dass alternative Medikamente zur Anwendung gekommen wären. Die Vergütung des Zusatzentgelts könne daher nicht empfohlen werden.
Mit Schreiben vom 21. Juli 2011 verwies die Beklagte auf das Gutachten des MDK. Daraus ergebe sich eine Rückforderung von 852,50 €, die von weiteren Rechnungen abgesetzt werde. Die Klägerin widersprach der Einschätzung des MDK mit Schreiben vom 13. September 2011 und verwies dabei darauf, dass der Versicherte im Rahmen einer Studie behandelt worden sei. Deren Voraussetzungen zur Einbeziehung einschließlich eines positiven Votums der Ethikkommission hätten vorgelegen. Eine weitere inhaltliche Stellungnahme gab der MDK nicht ab.
In weiteren stationären Aufenthalten vom 19. bis 22. Januar 2011, 23. bis 26. Februar 2011 sowie 26. bis 29. Oktober 2011 erfolgten die Behandlungen des Versicherten im Rahmen der Studie. Die Klägerin rechnete jeweils die DRG H16Z und das Zusatzentgelt ZE 2011-65 ab (Rechnungen vom 3. Februar und 9. März 2011 über je 18.593,85 € und Rechnung vom 15. November 2011 über 18.602,05 €). Die Rechnungen beglich die Beklagte jeweils zunächst vollständig, leitete jedoch Begutachtungen durch den MDK ein. In den Gutachten vom 26. August und 19. September 2011 verwies der MDK darauf, dass es sich bei der Behandlung im Rahmen der Studie um ein experimentelles Verfahren gehandelt habe. Eine vorherige Standardbehandlung mit Zytostatika, vor allem Sorafenib, habe nicht stattgefunden. Die Behandlung und damit Abrechnung im Rahmen der Studie könne vorliegend nicht empfohlen werden. Im Gutachten vom 4. Oktober 2012 zum Aufenthalt des Versicherten im Oktober 2011 verwies der MDK auf die Therapieziele der Studie. Für den Versicherten hätte hier standardmäßig eine t...