Entscheidungsstichwort (Thema)
Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz. sachliche Voraussetzung. Diplom-Landwirt. Fachingenieur für sozialistische Betriebswirtschaft. Tierproduktion
Orientierungssatz
Unter einer ingenieurtechnischen Tätigkeit als sachliche Voraussetzung zur Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz wird eine Beschäftigung mit Zuständigkeit für die Entwicklung der wissenschaftlichen Forschung und der Technik, also eine aktive Förderung des Produktionsprozesses mit technischem Wissen, sei es in der Forschung oder bei der Produktion verstanden (vgl BSG vom 31.3.2004 - B 4 RA 31/03 R).
Leitsatz (amtlich)
1. Eine fiktive Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem der Zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz nach den am 30.6.1990 vorliegenden Verhältnissen ist nach den persönlichen Verhältnissen denkbar, wenn in einem postgradualen Studium das Recht zur Führung der Berufsbezeichnung "Fachingenieur für sozialistische Betriebswirtschaft" erworben worden ist. Dies gilt jedenfalls dann, wenn das Recht zu einem Zeitpunkt erworben worden ist, zu dem es die generelle Qualifikation als Ingenieur voraussetzte. Der vormals erworbene Titel eines Diplom-Landwirts ist dann insoweit unschädlich.
2. Auch bei einem Recht zur Führung des Titels eines Ingenieurs ist die sachliche Voraussetzung der tatsächlichen Ausübung einer ingenieurtechnischen Tätigkeit zu prüfen.
3. Die sachliche Voraussetzung ist nicht erfüllt, wenn am 30.6.1990 eine Tätigkeit als ökonomischer Leiter ausgeübt worden ist, bei der der technischen Gestaltung des Produktionsprozesses nachrangige Bedeutung zukommt.
Nachgehend
Tenor
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt die Feststellung von Zeiten der Zugehörigkeit ihres verstobenen Ehemanns zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz und der in dieser Zeit erzielten Entgelte.
Der ... 1938 geborene Ehemann der Klägerin (im folgenden Versicherter genannt) erhielt am 26. April 1963 von der H-Universität B den Grad "Diplom-Landwirt" verliehen. Vom 1. Juni 1975 bis 30. Juni 1990 war er im Volkseigenen Gut (VEG) Tierzucht B Aufbaugruppe S 112 S beschäftigt, das ab 1980 in VEG Schweinezucht S umbenannt wurde. Dort war er zunächst als Abteilungsleiter Investvorbereitung, ab 1. Januar 1980 als Produktionsleiter und ab 1. Januar 1983 bis zum 30. Juni 1990 als ökonomischer Leiter tätig. Auf Grund eines postgradualen Studiums erwarb er an der Hochschule für Landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaften M am 11. Mai 1973 das Recht zur Führung der Berufsbezeichnung: "Fachingenieur für sozialistische Betriebswirtschaft", und nach einem postgradualen Studium in der Zeit vom 6. März bis 9. Juli 1978 ebenfalls an der Hochschule für Landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaften M erwarb er den Abschluss "Fachingenieur für sozialistische Betriebswirtschaft - Tierproduktion -".
Im gesamten streitigen Zeitraum zahlte der Versicherte Beiträge zur freiwilligen Zusatzrentenversicherung, versicherte damit aber zumindest nicht durchgängig sein gesamtes tatsächlich erzieltes Entgelt. Eine schriftliche Versorgungszusage erhielt er während des Bestehens der DDR nicht.
... 1994 verstarb der Versicherte, und seine Ehefrau, die Klägerin, beantragte am 23. Oktober 2000 unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts die Feststellung des Zeitraums vom 1. Juni 1975 bis 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit des Versicherten zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz für ihre Witwenrente.
Mit Bescheid vom 21. Februar 2002 lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin "auf Feststellung der Beschäftigungszeit vom 01.07.1978 bis 30.06.1990 als Zeit der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem Nr. 1 (zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz)" ab, da die Qualifikation als Fachingenieur auf Grund eines postgradualen Studiums von vier Monaten nicht dem Titel eines Ingenieurs oder Technikers im Sinne der Versorgungsordnung entspreche, der eine ingenieurtechnische Hoch- oder mittlere Fachschulausbildung mit Abschluss voraussetze.
Hiergegen legte die Klägerin am 21. März 2002 Widerspruch ein. Ihr Ehemann habe das Hochschulstudium an der H-Universität B mit einem Diplom abgeschlossen. Nach der Hochschulreform im Jahre 1968 hätte er das gleiche Studium mit dem Titel "Diplom-Agrar-Ingenieur" beendet. Die übrigen Studien seien postgraduale Studien gewesen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 28. April 2003 wurde der Widerspruch der Klägerin als unbegründet zurückgewiesen. Der Versicherte sei als Diplom-Landwirt nicht berechtigt gewesen, den Titel eines Ingenieurs zu führen. Die Beklagte verweist hierzu auf die Urteile des Bundessozialgerichts vom 12. Juni 2001, Az. B 4 RA 107/00 R und Az. B 4 RA 117/00 R.
Mit der hiergegen am 5. Juni 2003 beim Sozialgericht Stendal ...