Entscheidungsstichwort (Thema)
Angemessenheit der Unterkunftskosten bei einem selbstgenutzten Hausgrundstück
Orientierungssatz
1. Die Angemessenheit der Unterkunftskosten bei einem selbstgenutzten Hausgrundstück orientiert sich nicht an der für den Vermögensschutz maßgeblichen Hausgröße i. S. von § 12 Abs. 3 SGB 2. Vielmehr gelten die vom BSG zur Angemessenheit der tatsächlichen Mietwohnungskosten aufgestellten Grundsätze auch für selbstgenutzte Hausgrundstücke von angemessener Größe i. S. von § 12 Abs. 3 S. 1 Nr. 4 SGB 2.
2. Das Fehlen eines schlüssigen Konzeptes zur Bestimmung des angemessenen Mietpreises beim Grundsicherungsträger führt dazu, dass der tatsächliche Mietzins als angemessen zugrunde zu legen ist. Die Unterkunftskosten sind aber nicht unbegrenzt zu übernehmen. Vielmehr sind sie nur bis zur Höhe der Tabellenwerte nach § 8 WoGG vom Grundsicherungsträger zu tragen.
3. Um der Gefahr einer Bedarfsunterdeckung wegen der Pauschalierung Rechnung zu tragen, ist im Interesse des Schutzes der elementaren Bedürfnisse des Hilfebedürftigen auf Sicherung des Wohnraums ein Sicherheitszuschlag von 10 % zum jeweiligen Tabellenwert zu bewilligen.
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 18. Dezember 2007 aufgehoben und die Klage abgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beklagte wendet sich gegen die Verurteilung zur Zahlung höherer Kosten für Unterkunft und Heizung (KdU) nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) für den Zeitraum vom 1. Oktober 2005 bis 31. März 2006.
Die am 1966 und am ... 1964 geborenen Kläger zu 1. und 2. sind die Eltern der am 1988 und am ... 1990 geborenen Kläger zu 3. und 4. Die Kläger zu 1. und 2. hatten bis 6. März 2003 und bis 29. Mai 2002 Arbeitslosengeld nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch - Arbeitsförderung (SGB III) sowie zuletzt bis 31. Dezember 2004 Arbeitslosenhilfe und Leistungen nach dem Wohngeldgesetz (WoGG) bezogen. Der Kläger zu 1. erhielt im streitigen Zeitraum Kindergeld i.H.v. 308,00 EUR/Monat. Die Kläger zu 1. und 2. erzielten im Zeitraum vom 21. Oktober 2005 bzw. 1. Januar 2006 bis 13. Februar 2006 Lohn aus geringfügiger Tätigkeit, der lediglich im Dezember 2005 (122,04 EUR) für den Kläger zu 1. den Betrag von 100,00 EUR überschritt. Ferner erzielten sie am 25. November 2005 Zinseinnahmen i.H.v. 119,23 EUR. Die im März 2005 gezahlte Eigenheimzulage i.H.v. 4.090,34 EUR hatten sie in voller Höhe an die Eltern des Klägers zu 1. sowie an den Abwasserzweckverband "Bode-Wipper" abgetreten. Der Kläger zu 3. bezog ab September 2005 Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) i.H.v. 192,00 EUR/Monat.
Die Kläger besaßen im streitigen Zeitraum ein Kfz Ford Escort, Baujahr 1999, mit einem Wert im Jahr 2005 von 2.075,00 EUR. Ferner verfügten sie über Sparbücher und -briefe mit einem Wert von 700,00 EUR, 701,00 EUR, 418,00 EUR und 3.067,00 EUR sowie Aktiendepots im Wert von 2.005,00 EUR und 246,00 EUR (insgesamt 7.137,00 EUR).
Die Kläger bewohnten ein im Jahr 1998 gebautes Eigenheim, welches ausweislich der vorliegenden Wohnflächenberechnung vom 4. Juli 1997 über eine Wohnfläche im Erdgeschoss von 108,94 qm und im Dachgeschoss von 41,73 qm verfügt. Die Beheizung und Warmwassergewinnung erfolgte über eine Gasheizung. Die Kläger bedienten ein Immobiliendarlehen, das laut vorgelegtem Zahlungsplan für Oktober 2005 Zinsen i.H.v. 711,04 EUR und Tilgungsraten i.H.v. 197,94 EUR sowie für März 2006 Zinsen i.H.v. 705,44 EUR und Tilgungsraten i.H.v. 202,64 EUR vorsah.
Nach der am 15. Februar 2005 vorgelegten Aufstellung der Kläger fielen u.a. an Hauskosten durchschnittlich 90,86 EUR/Monat an (Grundsteuern 11,33 EUR, Straßenreinigung 1,45 EUR, Gebäudeversicherung 13,47 EUR, Müllgebühren 10,67 EUR, Schornsteinfeger 3,26 EUR (handschriftlich geändert vom Sachbearbeiter auf 4,94 EUR), Wasserabschlag 19,50 EUR, Abwasserabschlag 29,50 EUR). Ferner waren von Februar 2005 bis Februar 2006 für Gas Abschläge i.H.v. 70,00 EUR/Monat zu zahlen. Ab Januar 2006 entfielen laut Veränderungsmitteilung vom 2. März 2006 die Kosten der Straßenreinigung und es reduzierten sich die Müllgebühren auf 10,06 EUR/Monat. Ab März 2006 waren für Gas Abschläge i.H.v. 66,00 EUR/Monat zu zahlen. Die Beklagte legte die Angaben der Kläger ihren Berechnungen im hier streitigen Zeitraum zu Grunde. Eine in der Aufstellung vom 15. Februar 2005 enthaltene Ausgabenposition "Abwasserschacht 51,13 EUR" berücksichtigte die Beklagte hingegen nicht; dies wurde von den Klägern in ihren Rechtsbehelfen und -mitteln nicht gerügt. Die am 24. Oktober 2006 erfolgte Wartung der Heizungstherme für 110,20 EUR berücksichtigte die Beklagte ab November 2006.
In ihren Anträgen auf Leistungen nach dem SGB II gaben die Kläger an, eine Wohnfläche von 108,94 qm mit sieben Räumen, einer Küche, einem Bad und einem WC zu bewohnen. Die Beklagte bewilligte den Klägern als Bedarfsgemeinschaft Leistungen nach dem SGB II...