Entscheidungsstichwort (Thema)
Erweiterung des vom AAÜG ab 1991-08-01 erfassten Personenkreis. Zusatzversorgungssystem. Altersversorgung der technischen Intelligenz. Beitrittsgebiet. Neueinbeziehungsverbot. Verfassungskonforme Auslegung. Ungleichbehandlung. Rechtsfortbildung. Gesetzesmaterialien. Produktionsbetrieb im Bereich der Industrie oder des Bauwesens. Schwerpunkt der betrieblichen Tätigkeit. Konstruktionsbüro
Orientierungssatz
1. Der Senat ist nicht der Auffassung, dass das AAÜG den Kreis der "potentiell vom AAÜG ab 1991-08-01 erfassten" Personen erweitert und das Neueinbeziehungsverbot modifiziert hat (Entgegen: BSG, Urteil vom 09. April 2002, B 4 RA 31/01 R, SozR 3-8570 § 1 Nr 2).
2. Beim VEB IKR Bitterfeld handelte es sich nicht um einen Produktionsbetrieb der Industrie.
Normenkette
AAÜG § 1 Abs. 1, § 8 Abs. 2-3; GG Art. 3 Abs. 1, Art. 20 Abs. 3; EVertr Art. 19
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Magdeburg vom 31. März 2006 wird zurückgewiesen.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger begehrt von der Beklagten, Zeiten der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz (AVItech) festzustellen.
Dem 1945 geborenen Kläger wurde mit Urkunde der Hochschule für Chemische Technik vom 25. Juli 1969 das Recht verliehen, die Berufsbezeichnung "Ingenieur" zu führen. Er war vom 01. September 1969 bis 31. Dezember 1977 als Konstruktions- und Projektingenieur beim VEB Industrie- und Kraftwerksrohrleitungen (IKR) Bitterfeld, vom 01. Januar 1978 bis 31. Dezember 1983 als Projektingenieur beim VEB Rohrleitungsbau Aschersleben und vom 01. Januar 1984 bis 30. Juni 1990 als Projektingenieur beim VEB IKR Bitterfeld beschäftigt. Eine Zusatzversorgungszusage erhielt er während des Bestehens der DDR nicht.
Am 28. Januar 2004 beantragte der Kläger die Feststellung von Zeiten der Zugehörigkeit zur AVItech. Diesen Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 16. September 2004 mit der Begründung ab, der Kläger sei am 30. Juni 1990 nicht in einem volkseigenen Produktionsbetrieb oder einem gleichgestellten Betrieb beschäftigt gewesen. Gegen diesen Bescheid legte der Kläger am 22. September 2004 Widerspruch ein und verwies zur Begründung darauf, dass sein Beschäftigungsbetrieb, der IKR Bitterfeld, Außenstelle Aschersleben, ein Konstruktionsbüro und deshalb einem Produktionsbetrieb gleichgestellter Betrieb gewesen sei. Diesen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 27. Dezember 2004 mit der Begründung zurück, der Beschäftigungsbetrieb des Klägers sei der Wirtschaftsgruppe 15559 (Reparatur- und Montagebetriebe für Metallkonstruktionen) zugeordnet gewesen. Insoweit bestätige die Systematik der Volkswirtschaftszweige der DDR, dass der Kläger keine Beschäftigung in einem volkseigenen Produktions- oder gleichgestellten Betrieb ausgeübt habe.
Dagegen hat der Kläger am 18. Januar 2005 Klage beim Sozialgericht (SG) Magdeburg erhoben. Zur Begründung hat er erneut darauf verwiesen, dass sein Beschäftigungsbetrieb als Konstruktionsbüro einem Produktionsbetrieb gleichgestellt gewesen sei. Zudem seien ehemalige Arbeitskollegen in das Zusatzversorgungssystem einbezogen worden.
Das SG hat Registerauszüge des VEB IKR Bitterfeld sowie der Industrie- und Kraftwerksrohrleitungsbau Bitterfeld GmbH beigezogen und sodann die Klage mit Gerichtsbescheid vom 31. März 2006 abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Kläger sei nicht in einem volkseigenen Produktionsbetrieb der Industrie oder des Bauwesens und auch nicht in einem gleichgestellten Betrieb beschäftigt gewesen. Dies folge bereits aus der Einordnung des VEB IKR Bitterfeld in die Wirtschaftsgruppe 15559 (Reparatur- und Montagebetriebe für Metallkonstruktionen) der Systematik der Volkswirtschaftszweige der DDR. Etwas anderes folge auch nicht daraus, dass in mehreren Betriebsteilen Arbeiten wie in einem Konstruktionsbüro verrichtet worden seien. Denn maßgeblich sei allein, welchen Hauptzweck der VEB IKR Bitterfeld verfolgt habe.
Gegen den ihm am 06. April 2006 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 28. April 2006 Berufung beim SG Magdeburg eingelegt. Zur Begründung hat er ausgeführt, der VEB IKR Bitterfeld sei tatsächlich schon seit Jahren ein produzierender Betrieb gewesen. Dass die gebotene Neueinstufung des Betriebes in eine andere Wirtschaftsgruppe zu DDR-Zeiten vernachlässigt worden sei, könne den Betroffenen nicht angelastet werden. Auf Anforderung des Senats hat er zahlreiche Funktionspläne seines Beschäftigungsbetriebs zur Akte gereicht.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Magdeburg vom 31. März 2006 sowie den Bescheid der Beklagten vom 16. September 2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. Dezember 2004 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, den Zeitraum vom 01. September 1969 bis zum 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intellige...