Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosengeld II. Aufteilung der Unterkunftskosten nach Kopfteilprinzip. keine Ausnahme bei Wegfall der Leistungen für den Unterkunftskostenanteil eines Mitgliedes der Bedarfsgemeinschaft durch Sanktion
Leitsatz (amtlich)
Wird infolge einer bestandskräftigen Sanktion der Anteil des unter 25-jährigen Mitglieds der Bedarfsgemeinschaft für die Kosten der Unterkunft und Heizung vollständig abgesenkt, ist keine Abweichung vom Kopfteilprinzip zu Gunsten der übrigen Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft vorzunehmen. Es handelt sich nicht um einen grundsicherungsrechtlich bedeutsamen Umstand, der zu einer Erhöhung deren Anspruchs auf anteilige Unterkunftskosten führt. Das System des SGB 2 lässt es nicht zu, im Ergebnis Unterkunftskosten für Dritte geltend zu machen.
Nachgehend
Tenor
Das Urteil des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 20. August 2010 sowie der Bescheid des Beklagten vom 12. Februar 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 6. März 2009 werden aufgehoben und der Bescheid des Beklagten vom 4. November 2008 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 4. und 10. Dezember 2008, alle in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 9. Januar 2009 werden abgeändert.
Der Beklagte wird verpflichtet, unter Abänderung des Bescheids vom 28. Juli 2008 der Klägerin zu 2. für September bis November 2008 weitere 10,61 EUR zu zahlen.
Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
Außergerichtlichen Kosten der Klägerinnen für beide Rechtszüge sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Bewilligung von weiteren Leistungen für die Kosten der Unterkunft und Heizung (KdU) nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) für die Zeit vom 1. September bis 30. November 2008.
Die 1965 geborene Klägerin zu 1. ist die Mutter der 2002 geborenen Klägerin zu 2. sowie des 1990 geborenen Sohns S. (im Folgenden: Sohn). Zu Dritt bewohnten sie im streitigen Zeitraum zusammen eine Mietwohnung. Der Sohn befand sich vom 13. Oktober bis 4. November 2008 in gerichtlich angeordnetem Kurzarrest. Ein 1989 geborener weiterer Sohn der Klägerin verbüßte seit dem 17. April 2008 eine Haftstrafe von zwei Jahren und acht Monaten.
Für die KdU hatte die Klägerin zu 1. im September 2008 eine Gesamtmiete i.H.v. 493,01 EUR (Kaltmiete 373,01 EUR, Betriebskosten 120 EUR) sowie einen Gasabschlag i.H.v. 108 EUR zu zahlen. Im Oktober 2008 erhöhte sich der Gasabschlag auf 114 EUR. Nach einem Umzug waren im November 2008 eine Gesamtmiete i.H.v. 400 EUR (Kaltmiete 300 EUR, Betriebskosten 100 EUR) sowie ein Gasabschlag i.H.v. 114 EUR zu zahlen.
Der Beklagte hat die Klägerinnen mit Kostensenkungsaufforderungen vom 25. April und 28. Juli 2008 zur Senkung ihrer KdU aufgefordert. Bis Oktober 2008 sollten maximal 544 EUR - für einen 4-Personen-Haushalt - und danach nur noch maximal 476 EUR/Monat - für einen 3-Personen-Haushalt - gezahlt werden.
Mit bestandskräftigem Bescheid vom 28. Juli 2008 bewilligte der Beklagte der Bedarfsgemeinschaft Leistungen für die Zeit vom 1. August bis 31. Oktober 2008. Für September 2008 legte er Gesamt-KdU i.H.v. 564,71 EUR und für Oktober i.H.v. 544 EUR zu Grunde. Er teilte die KdU jeweils zu 1/3 auf die Klägerinnen und den Sohn auf. Für die Klägerin zu 1. ergab sich im September 2008 ein KdU-Anspruch i.H.v. 190,46 EUR und im Oktober 2008 i.H.v. 181,34 EUR. Für die Klägerin zu 2. ergab sich im September 2008 ein KdU-Anspruch i.H.v. 175,96 EUR und im Oktober 2008 i.H.v. 181,33 EUR. Das für den Sohn bewilligte Kindergeld wurde auf dessen Bedarf angerechnet.
Der Leistungsanspruch des Sohns auf Regelleistung und KdU wurde vom Beklagten mit Bescheiden vom 1. und 8. August 2008 bestandskräftig für den Zeitraum vom 1. September bis 30. November 2008 vollständig abgesenkt und dessen Leistungsbewilligung vom 28. Juli 2008 gemäß § 48 Abs. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X) insoweit aufgehoben. Der Sohn habe sich auf eine ihm am 18. Juni 2008 angebotene zumutbare Arbeit weder gemeldet noch beworben. Er habe auch die in der Eingliederungsvereinbarung vom 18. Juni 2008 vorgegebenen Eigenbemühungen nicht ausreichend nachgewiesen.
Mit Bescheid vom 4. November 2008 bewilligte der Beklagte - nur den Klägerinnen zu 1. und 2. - Leistungen für die Zeit vom 1. November 2008 bis 30. April 2009. Als KdU berücksichtigte er zunächst keine Heizkosten. Mit Änderungsbescheid vom 4. Dezember 2008 berücksichtigte er den Sohn ab dem 5. November 2008 (Ende des Jugendarrests) wieder als Mitglied der Bedarfsgemeinschaft. Sein Leistungsanspruch sei jedoch vollständig entfallen. Mit weiterem Änderungsbescheid vom 10. Dezember 2008 änderte der Beklagte die Leistungsbewilligung für November 2008. Als KdU legte er für die Klägerin zu 1. 169,24 EUR und für die Klägerin zu 2. 169,25 EUR zu Grunde. Dabei teilte der Beklagte die Gesamt-KdU von 476 EUR für die Zei...