Die Mitwirkungspflichten treten ergänzend neben die besonderen Mitwirkungsobliegenheiten aller Sozialleistungsbereiche einschließlich der besonderen Teile des Sozialgesetzbuches. Sie können eingefordert werden, wenn in den einzelnen Sozialleistungsbereichen keine abweichenden Regelungen enthalten sind. Die Vorschriften über die Mitwirkung betreffen Sozialleistungsberechtigte, die Sozialleistungen beantragen oder diese bereits beziehen.
Amtsermittlung
Die Behörde ist aufgrund eines Leistungsantrags verpflichtet, den entscheidungserheblichen Sachverhalt von Amts wegen zu ermitteln. Die Mitwirkung des Leistungsberechtigten ergänzt die Amtsermittlung. Ist der entscheidungsrelevante Sachverhalt trotzdem nicht aufzuklären, geht die Unbeweisbarkeit des Leistungsanspruchs zulasten des Antragstellers (materielle Beweislastverteilung).
1.1 Angabe von Tatsachen
Sozialleistungsberechtigte haben
- alle Tatsachen anzugeben, die für die Leistung erheblich sind,
- zuzustimmen, dass auch Dritten die erforderlichen Auskünfte erteilt werden, soweit der zuständige Leistungsträger dies verlangt,
- Änderungen in den Verhältnissen unverzüglich mitzuteilen, wenn diese für die Leistung erheblich oder im Zusammenhang mit ihnen abgegeben worden sind, oder
- Beweismittel zu bezeichnen,
- auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers Beweisurkunden vorzulegen oder ihrer Vorlage zuzustimmen.
Die Mitwirkungspflicht trifft auch Personen, die eine Leistung zu erstatten haben.
Erstattung von Leistungen
Leistungen sind zu erstatten, wenn sie zu Unrecht erbracht wurden. Dabei sind die §§ 45, 48 SGB X zu beachten. Der Leistungsträger erlässt über die Rückforderung einen Bescheid (Verwaltungsakt), der die Grundlage für den Einzug der Forderung bildet. Wurden die Leistungen unberechtigt durch einen Verwaltungsakt zugebilligt, ist dieser zuvor aufzuheben.
Der Einsatz von Vordrucken durch den Leistungsträger ist im Rahmen der Mitwirkungspflichten für den Leistungsberechtigten verbindlich. Davon kann nur in besonders begründeten Ausnahmefällen abgesehen werden.
Angabe von Tatsachen
Die Leistungsträger dürfen aus datenschutzrechtlichen Gründen nur solche Daten erheben, die im konkreten Fall erheblich sind. Der Leistungsberechtigte hat deswegen nur Tatsachen anzugeben, die für die Leistungsentscheidung erforderlich sind (Selbstauskunft). Die pauschale Verwendung von Formularen mit Fragen ist nicht zulässig, wenn diese den zu entscheidenden Sachverhalt nicht betreffen. Es ist ebenso unzulässig, pauschal oder vorsorglich eine Zustimmung zu Auskünften durch Dritte zu verlangen.
1.2 Persönliches Erscheinen
Sozialleistungsberechtigte sollen persönlich in den Diensträumen des Leistungsträgers erscheinen, damit
- der Leistungsantrag mündlich erörtert werden kann oder
- andere notwendige Maßnahmen für die Entscheidung über die Leistung ergriffen werden können.
Damit können komplizierte Sachverhalte im persönlichen Gespräch erörtert und ein Eindruck vom Sozialleistungsberechtigten gewonnen werden. Eine Vertretung durch einen Bevollmächtigten ist nicht möglich. Ein Beistand kann dagegen den Leistungsberechtigten begleiten und in dessen Gegenwart für diesen sprechen. Die Vorschrift gilt sowohl für Personen, die Leistungen beantragen, als auch für Bezieher von Leistungen.
Persönliches Erscheinen
- Die Vorschrift des persönlichen Erscheinens lässt Ausnahmen zu (Soll-Vorschrift), die auf besonders begründete Ausnahmefälle beschränkt sind.
- Die Mitwirkungspflicht ist vom Anspruch auf individuelle Beratung und Hilfestellung durch die Krankenkasse zu unterscheiden, in den der Versicherte einwilligen muss.
1.3 Untersuchungen
Sozialleistungsberechtigte sollen sich ärztlichen oder psychologischen Untersuchungsmaßnahmen unterziehen, soweit diese für die Entscheidung über die Leistung erforderlich sind. Entsprechende Untersuchungen dürfen nur verlangt werden, wenn entscheidungserhebliche Tatsachen nicht in anderer Weise, z. B. durch ärztliche Atteste, geklärt werden können. Der Sozialleistungsberechtigte beteiligt sich nicht an den Kosten der Untersuchung.
Medizinischer Dienst
- Die Krankenkassen sind in bestimmten Fällen verpflichtet, den Medizinschen Dienst (MD) zur Begutachtung und Beratung heranzuziehen. Eine entsprechende Untersuchung kann in den Diensträumen des MD oder in der Wohnung des Versicherten stattfinden. Wenn der Versicherte zur Untersuchung nicht erscheint oder einer Untersuchung in seiner Wohnung nicht zustimmt, verstößt er gegen seine Mitwirkungspflicht.
- Verweigert der Versicherte die Untersuchung, ist ein Leistungsanspruch u. U. nicht beweisbar. Die Unbeweisbarkeit geht zulasten des Leistungsberechtigten (materielle Beweislastverteilung).
Der Leistungsberechtigte ist verpflichtet, die Untersuchung sowohl ...