Rz. 6
Der aufrechterhaltene Vergütungsanspruch während der Arbeitsunfähigkeit teilt das rechtliche Schicksal des Vergütungsanspruchs. Er ist zunächst zu demselben Zeitpunkt fällig. Die Fälligkeit richtet sich daher vorrangig nach den speziellen arbeitsvertraglichen oder tarifvertraglichen Regelungen zur Fälligkeit.
Arbeitgeber Z zahlt an alle Beschäftigten jeweils zur Monatsmitte einen Abschlag von etwa 50 % des Monatslohns und – nach einer Abrechnung zum Monatsende – spätestens bis zum 3. Werktag des Folgemonats das restliche Gehalt. Arbeitnehmerin F ist seit dem 25.3. arbeitsunfähig fortlaufend erkrankt. Z ist der Ansicht, auf Grund der Arbeitsunfähigkeit sei er zu keiner Abschlagszahlung mehr verpflichtet, und will die Entgeltfortzahlung für April zum 3.5. überweisen. F hat einen Anspruch auf Abschlagszahlung, die sich nach der Fälligkeit der Lohnforderung richtet. Z muss daher am 15.4. einen Abschlag auf die Entgeltfortzahlung in Höhe von etwa 50 % leisten.
Rz. 7
Erfüllungsort ist wie beim Anspruch auf Vergütung im Regelfall der Betrieb des Arbeitgebers. Ist ausnahmsweise keine bargeldlose Überweisung vereinbart, muss der Arbeitnehmer – grundsätzlich auch bei Arbeitsunfähigkeit – seinen Lohn im Betrieb abholen. Abweichend von dem Grundsatz, dass der Entgeltfortzahlungsanspruch den Regeln des originären Lohnanspruchs folgt, wird man den Arbeitgeber jedoch für verpflichtet halten, auf seine Gefahr und seine Kosten die Entgeltfortzahlung an den Wohnort des Arbeitnehmers zu bringen, wenn diesem aufgrund der Krankheit das Abholen nicht zugemutet werden kann.
Rz. 8
Unterliegt der Vergütungsanspruch vertraglichen, insbesondere tarifvertraglichen Ausschlussfristen, ist auch der Entgeltfortzahlungsanspruch fristgerecht geltend zu machen. Nach einer Entscheidung des BAG darf der Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall seit dem 1.1.2015 in Höhe des gesetzlichen Mindestlohns keiner Ausschlussfrist mehr unterworfen werden. Die Unabdingbarkeit des Entgeltfortzahlungsanspruchs nach § 12 EFZG steht der Vereinbarung von Ausschlussfristen nicht entgegen. Dabei muss die Ausschlussfrist sprachlich nicht ausdrücklich den Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall erfassen; wird der regelmäßige Lohn von der Frist erfasst, erstreckt sie sich auch auf die Entgeltfortzahlung. Einzelvertragliche Ausschlussfristen in Formulararbeitsverträgen unterliegen einer Inhaltskontrolle nach §§ 305 ff. BGB. Fristen von weniger als 3 Monaten sind in der Regel unwirksam, da sie den Arbeitnehmer unangemessen benachteiligen. Tarifliche Ausschlussfristen gelten gemäß §§ 404, 412 BGB auch für und gegen denjenigen, auf den der Anspruch auf Entgeltfortzahlung übergeht, so z. B. den Träger der Krankenversicherung, wenn der Anspruch nach § 115 Abs. 1 SGB X auf ihn übergegangen ist.
Rz. 9
Der Anspruch unterliegt der regelmäßigen Verjährung, d. h. er verjährt in 3 Jahren gerechnet vom Schluss des Kalenderjahrs, in dem er entstanden ist und der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste.