Entscheidungsstichwort (Thema)
Pauschalbewertung der privaten Nutzung eines betrieblichen Kfz (sog. 1%-Regelung) verfassungsgemäß – Keine Anpassungsverpflichtung des Gesetzgebers
Leitsatz (redaktionell)
- Die sog. 1%-Regelung ist verfassungsgemäß.
- Bei der Regelung des § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG handelt es sich um eine sog. widerlegbare Typisierung, bei der dem Gesetzgeber ein weiter Ermessensspielraum zusteht.
- Der Gesetzgeber ist nicht gehalten, im Kfz-Handel gewährte übliche Rabatte von 10% – über 30%, die zudem vom Hersteller, Modell und vielen Sonderfaktoren (Verkäuflichkeit, Auslauf- oder Sondermodell) abhängig sind, bei der Bestimmung der Bemessungsgrundlage zu berücksichtigen.
Normenkette
EStG § 8 Abs. 2, § 6 Abs. 1 Nr. 4 S. 2
Streitjahr(e)
2009
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist, ob die Pauschalbewertung der privaten Nutzung eines betrieblichen Kfzs nach § 8 Abs. 2 Satz 2 EStG in Verbindung mit § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG insoweit noch verfassungsgemäß ist, als die Nutzungsentnahme nach dem inländischen Bruttolistenpreis bei der Erstzulassung bemessen wird.
Die Kläger sind verheiratet und werden gemeinsam zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger erzielt als Geschäftsführer der Firma …GmbH im Streitjahr Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Auch die Klägerin erzielt Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Daneben erzielten die Kläger im Streitjahr auch noch Verluste aus der Vermietung eines bebauten Grundstücks. Entsprechend einem Beschluss der Gesellschafter der …GmbH stellte der Arbeitgeber dem Kläger im Streitjahr einen Dienstwagen BMW 730 D zur Verfügung. Es handelt sich dabei um ein Gebrauchtfahrzeug (Erstlassung 27. August 2004, Kilometer-Stand 58.000), das der Arbeitgeber vom 5. März 2008 bis 4. März 2011 geleast hat. Der PKW hatte zu Beginn des Leasing-Zeitraums einen Gebrauchtwagenwert von brutto 31.990 €. Der Bruttolistenpreis des Fahrzeugs betrug im Zeitpunkt der Erstzulassung 81.400 €. Die vom Arbeitgeber zu zahlende Leasing-Rate belief sich auf 722,57 € monatlich. Der Kläger war berechtigt, das Fahrzeug auch privat und für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zu nutzen. Ein Fahrtenbuch führte der Kläger nicht.
Bei der Berechnung des geldwerten Vorteils für die private Nutzung des Kfz und für die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte ist der Arbeitgeber vom Bruttolisten-Neupreis ausgegangen. Dabei ergab sich unter Anwendung der sogenannten 1 %-Regelung ein monatlicher geldwerter, bei der Einkommensteuer zu versteuernder Vorteil in Höhe von 814 €. Nach Angaben der Kläger erhielt unter anderem auch ein Montageinspektor ein Betriebs-Kfz gestellt, das dieser auch privat nutzen durfte. Für diesen Mitarbeiter leaste der Arbeitgeber einen Neuwagen Renault Grand Scenic Exception 2.0 dCi FAP zu einem Bruttolisten-Neupreis von 35.132 €. Die Leasing-Rate des Arbeitgebers belief sich auf brutto 717,03 € monatlich. Der geldwerte zu versteuernde Vorteil betrug unter Anwendung der sogenannten 1 %-Regelung 351 € im Monat.
Gegen den Einkommensteuerbescheid 2009 vom 29. Juli 2010 legten die Kläger Einspruch ein und beantragten, bei der Berechnung des geldwerten Vorteils den Gebrauchtwagenwert zugrunde zu legen. Aufgrund der entgegen stehenden gesetzlichen Regelungen hatte der Einspruch insoweit jedoch keinen Erfolg.
Mit der vorliegenden Klage verfolgen die Kläger ihr Begehren aus dem Einspruchsverfahren weiter. Zur Begründung tragen sie im Wesentlichen Folgendes vor:
Zu beanstanden sei die Berechnung des geldwerten Vorteils. Die mit Bezugnahme auf den Bruttolistenneupreis vom Gesetzgeber in § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG vorgenommen Typisierung und Pauschalierung zur Ermittlung des geldwerten Vorteils aus der privaten Nutzung eines betrieblich Kfz. sei zumindest seit dem Streitjahr nicht mehr verfassungsgemäß. Bei § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG handele es sich um eine grundsätzlich zwingende, stark typisierende und pauschalierende Bewertungsregelung, die in der steuerrechtlichen Literatur teilweise als grober Klotz bezeichnet werde. Die Befugnis des Gesetzgebers zur Vereinfachung und Typisierung sei grundsätzlich in der Rechtsprechung der Finanzgerichte und des Bundesverfassungsgerichts anerkannt. Grundsätzlich dürfe er generalisierende, typisierende und pauschalierende Regelungen treffen, ohne allein schon wegen der damit unvermeidlich verbundenen Härten gegen den allgemeinen Gleichheitssatz zu verstoßen. Der Gesetzgeber dürfe sich grundsätzlich am Regelfall orientieren und sei nicht gehalten, allen Besonderheiten jeweils durch Sonderregelungen Rechnung zu tragen. Die gesetzlichen Verallgemeinerungen müssten allerdings auf eine möglichst breite, alle betroffenen Gruppen und Regelungsgegenstände einschließende Beobachtung aufbauen. Insbesondere dürfe der Gesetzgeber für eine gesetzliche Typisierung keinen atypischen Fall als Leitbild wählen, sondern müsse realitätsgerecht den typischen Fall als Maßstab zugrunde legen. Eine Typisierung, die die tats...