vorläufig nicht rechtskräftig
Revision zugelassen durch das FG
Entscheidungsstichwort (Thema)
Steuerfreiheit für Erziehungs- und Pflegegelder
Leitsatz (redaktionell)
- Zum Begriff der „Bezüge aus öffentlichen Mitteln” i. S. des § 3 Nr. 11 EStG.
- Für die Annahme öffentlicher Mittel i. S. des § 3 Nr. 11 EStG reicht es aus, dass diese mittelbar aus öffentlichen Quellen stammen und über diese Mittel nach Maßgabe der haushaltsrechtlichen Vorschriften des öffentlichen Rechts verfügt werden kann.
- Erziehungsgelder, die an Stpfl. gezahlt werden, weil diese zwei Pflegekinder in ihren Haushalt aufgenommen haben, stellen keine Beihilfe zur Erziehung i. S. des § 3 Nr. 11 EStG dar, wenn sie Vergütungscharakter aufweisen.
- „Erziehungsgelder” sind nur dann nach § 3 Nr. 11 EStG steuerfrei, wenn sie ausschließlich zur Erziehung bestimmt sind.
Normenkette
EStG § 3 Nr. 11
Streitjahr(e)
2003
Nachgehend
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, in welcher Höhe Zahlungen des Verbundes sozialtherapeutischer Einrichtungen e. V. (VSE) steuerfrei zu belassen sind.
Die Kläger sind Eheleute. Seit Dezember 2003 haben die Kläger zwei Pflegekinder in ihren Haushalt aufgenommen. Grundlage der Haushaltsaufnahme waren mit dem Verbund sozialtherapeutischer Einrichtungen e. V. (VSE) geschlossene Erziehungsstellenverträge. Vertragsgegenstand dieser Verträge zwischen der VSE und der Klägerin war es, eine Pflegeperson in den Haushalt aufzunehmen, zu versorgen und zu betreuen. Die Klägerin wird damit als VSE-Erziehungsstelle tätig. Gemäß § 3 Abs. 3 des Vertrages erhält sie für die vertraglich zu erbringenden Leistungen pauschal pro Kind und Monat ein Pflegegeld von z. Z. 432 €, Pauschale für Sonderaufwendungen im Einzelfall von z. Z. 67 €, Fortbildung z. Z. 26 € und Honorar von z. Z. 1.832 €. Diese Beträge waren entsprechend dem Verhandlungsergebnis zwischen dem örtlichen Jugendamt und dem VSE anzupassen. Mit der vereinbarten Zahlung sind vertragsgemäß sämtliche Ansprüche der Klägerin erfüllt, es sei denn, außerordentliche Aufwendungen wurden zuvor beim VSE beantragt und von diesem schriftlich genehmigt.
Nach der Leistungsbeschreibung der VSE für Erziehungsstellen ist eine Familie eine Erziehungsstelle, in der eine Fachkraft (entsprechend §§ 72, 72a SGB VIII) im Sinne der Betriebserlaubnis nach §§ 45 ff. SGB VIII, im Auftrag der VSE in der Regel 2 Kinder in den Haushalt über Tag und Nacht aufnimmt, versorgt und betreut. Dabei handelt es sich um eine selbstständige Tätigkeit. Die VSE-Erziehungsstellen sind danach ein Angebot gemäß § 34 SGB VIII.
In ihrer Einkommensteuererklärung machten die Kläger zu den Einnahmen aus der Betreuungstätigkeit keine Angaben. Nach antragsgemäßer Veranlagung der Kläger zur Einkommensteuer 2003 durch Bescheid vom 16.08.2004, erhielt der Beklagte aufgrund einer Kontrollmitteilung des FA S vom 11.03.2008 Kenntnis davon, dass die Kläger für die Betreuung von Pflegekindern im Jahr 2003 Honorarleistungen in Höhe von 3.063,40 € erhalten haben, die als steuerpflichtige Einnahmen i. S. d. § 18 Abs. 3 EStG angesehen wurden. Weitere Zahlungen an die Kläger wurden gemäß § 3 Nr. 11 EStG als steuerfrei eingestuft. Der Beklagte änderte daraufhin den Einkommensteuerbescheid 2003 gemäß § 173 Abs. 1 AO mit Bescheid vom 14.04.2008.
Aufgrund des Einspruchs gegen den geänderten Einkommensteuerbescheid 2003 beließ der Beklagte einen Betrag in Höhe von 1.848 € gemäß § 3 Nr. 26 EStG steuerfrei und setzte nur noch 1.215 € als Gewinn aus selbständiger Arbeit an. Im Übrigen wies er den Einspruch als unbegründet zurück.
Mit ihrer hiergegen erhobenen Klage begehren die Kläger die Aufhebung des Änderungsbescheides. Zur Begründung tragen sie im Wesentlichen vor, die Klägerin habe in den Streitjahren zwei Pflegekinder in ihren Haushalt aufgenommen. Grundlage für die Betreuung der Kinder seien die mit dem VSE e.V. geschlossenen Erziehungsverträge. Die Zahlungen seien insgesamt nicht steuerpflichtig. Gemäß der vertraglichen Vereinbarung handele es sich insgesamt um Erziehungsgeld. Diese Vergütung sei eine Beihilfe i. S. des § 3 Nr. 11 EStG. Die Zahlungen deckten den gesamten Sachaufwand und die pädagogische Betreuung nur teilweise ab. Der BFH (IV R 49/83) habe in einem vergleichbaren Fall entschieden, dass das Entgelt nicht als Äquivalent für die Tätigkeit der Pflegeeltern angesehen werden. Entgegen der Auffassung des NFG (10 K 289/99) könne nicht entscheidend sein, wie der VSE das Gesamtentgelt aufteile und bezeichne. Maßgeblich sei wie die Leistung gegenüber dem VSE erfolge, da dieser die aus öffentlichen Mitteln stammenden Gelder lediglich weiterleite.
Hilfsweise begehren sie den Ansatz eines Verlustes in Höhe von 3.029,78 € gemäß eingereichter Einnahmen-Überschuss-Rechnung.
Die Kläger beantragen,
den geänderten Einkommensteuerbescheid 2003 vom 14.04.2008 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 06.05.2010 aufzuheben, hilfsweise dahingehend ...