Verfahrensgang
VG Stade (Urteil vom 21.05.2008; Aktenzeichen 4 A 1681/06) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stade – 4. Kammer – vom 21. Mai 2008 geändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kläger tragen die außergerichtlichen Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Der Beschluss ist hinsichtlich der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar. Die Kläger können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der vollstreckbaren Kosten abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in Höhe des zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
I.
Die Kläger begehren die Gewährung eines Pflegegeldes nach §§ 39, 33 SGB VIII für den Unterhalt ihres bei ihnen lebendes Enkelkindes.
Das am C… 2005 geborene Enkelkind und die am D… 1990 geborene Tochter der Kläger, die die Mutter des Enkelkindes ist, leben im Haushalt der Kläger. Das Amtsgericht Buxtehude hat die Kläger durch Beschluss vom 1. Dezember 2005 zum Vormund für das Enkelkind bestellt.
Die Kläger beantragten am 19. April 2006 die Gewährung von Hilfe zur Erziehung in der Form der Vollzeitpflege für ihr Enkelkind. Die Beklagte lehnte diesen Antrag mit Bescheid vom 19. Mai 2006 mit der Begründung ab, dass die Kläger ihr Enkelkind in ihrem Haushalt betreuten, in dem auch ihre minderjährige Tochter, die Mutter des Enkelkindes, lebe, und daher die Voraussetzungen für die beantragte Hilfegewährung nach den §§ 27, 33 SGB VIII nicht vorlägen. Zwar seien die Kläger als Personensorgeberechtigte anspruchsberechtigt. Es fehle aber das Tatbestandsmerkmal der Hilfe zur Erziehung außerhalb des Elternhauses. Diese Voraussetzung sei nicht gegeben, wenn die Mutter sich in demselben Haushalt wie das Kind befinde.
Die Kläger haben gegen diesen Bescheid am 22. Juni 2006 Klage erhoben, zu deren Begründung sie vorgetragen haben, dass der beantragten Hilfegewährung nicht entgegen stehe, dass ihr Enkelkind gemeinsam mit seiner Mutter in ihrem Haushalt lebe. Denn die Hilfe zur Erziehung setze voraus, dass eine Erziehung im erforderlichen Umfang anders nicht gewährleistet sei, was hier der Fall sei. Im Übrigen verweise § 27 SGB VIII nur insbesondere auf die §§ 28 bis 35 SGB VIII. Daraus folge, dass die in diesen Vorschriften genannten Hilfeformen nicht abschließend seien. Es könne bei dieser Verweisung nur um den Regelfall gehen. Im Einzelfall sei hiervon abzuweichen, wenn dies der erforderlichen Hilfegewährung zum Wohle des Kindes diene. Im vorliegenden Fall böten sie – die Klägerdie persönlichen Voraussetzungen für die zu erbringende Erziehung. Sie besäßen eine enge persönliche Bindung zu ihrem Enkelkind. Die Klägerin zu 1. habe bei der Geburt des Kindes ihre Arbeitsstelle aufgegeben, um für ihr Enkelkind da zu sein. Zu berücksichtigen sei auch, dass ihre Tochter, die Mutter ihres Enkelkindes, selbst minderjährig und nicht in der Lage sei, für sich und ihr Kleinkind zu sorgen. In einem solchen Falle könne ein Zusammenleben der betroffenen Generationen den geltend gemachten Anspruch nicht ausschließen.
Die Kläger haben beantragt,
die Beklagte zu verpflichten, ihnen auf ihren Antrag vom 19. April 2006 Hilfe zur Erziehung in der Form der Gewährung von Pflegegeld für ihr Enkelkind für die Zeit ab dem 19. April 2006 zu bewilligen und den Bescheid der Beklagten vom 19. Mai 2006 aufzuheben.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung hat sie darauf verwiesen, dass die hier einschlägigen Vorschriften des SGB VIII voraussetzen, dass die beanspruchte Hilfe außerhalb des Elternhauses erfolge. Zwar könnten auch Großeltern eine sogenannte andere Familie im Sinne von § 33 SGB VIII sein, erforderlich sei aber auch in diesem Falle eine räumliche Trennung von der Herkunftsfamilie. Eine Erziehung durch eine Familie, in deren Haushalt zugleich die Herkunftsfamilie lebe, widerspreche der Zielrichtung der §§ 27, 33 SGB VIII. Danach sei ein örtliches Zusammenfallen von Herkunfts- und Pflegefamilie nicht vorgesehen. Denn die Vollzeitpflege ziele darauf ab, das Kind zu seinem Wohl von der bisherigen Bezugsperson zu trennen, weil diese den erzieherischen Bedarf nicht decken könne. Dies ergebe sich auch aus der Systematik des Gesetzes. Denn der Gesetzgeber habe unterschieden zwischen der ambulanten oder teilstationären Hilfe einerseits, bei der das Kind in der Familie verbleibe, und Hilfen außerhalb des Elternhauses andererseits. Es sei zwar zutreffend, dass das Gesetz keine abschließende Regelung treffe. Es handele sich aber auch nicht um eine Generalklausel, die jede geeignete Maßnahme als Hilfe zur Erziehung zulasse.
Das Verwaltungsgericht hat durch das angefochtene Urteil den Bescheid der Beklagten vom 19. Mai 2006 aufgehoben und die Beklagte verpflichtet, den Klägern auf ihren Antrag vom 19. April 2006 Hilfe zur Erziehung in Form der Gewährung von Pflegegeld für ihr Enkelkind ab dem 19. April 2006 zu bewilligen. ...