Entscheidungsstichwort (Thema)
Jugendhilfe (Kostenzuschlag nach § 89c Abs. 2 SGB VIII)
Verfahrensgang
VG Stade (Urteil vom 10.11.2004; Aktenzeichen 4 A 1600/02) |
Tenor
Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stade – 4. Kammer – vom 10. November 2004 wird zurückgewiesen.
Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über einen von der Klägerin unter Berufung auf § 89c Abs. 2 SGB VIII geforderten Zuschlag in Höhe von einem Drittel des Betrages der Kosten, die ihr in der Zeit vom 1. Juli 2002 bis zum 31. Mai 2004 durch die Gewährung von Hilfe zur Erziehung für die am 2. Februar 1986 geborene J. E. (früher: J. F., im Folgenden: J.) entstanden sind. Hierbei handelt es sich um den streitig gebliebenen Teil einer zunächst weiter ausgreifenden, dann jedoch im Übrigen erledigten Streitigkeit um die örtliche Zuständigkeit des Beklagten für die jugendhilferechtliche Betreuung J. bzw. dessen Verpflichtung zur Erstattung der Kosten, die die hierfür ursprünglich zuständige Klägerin fortgesetzt aufgewandt hat.
Die Ehe der Eltern von J. wurde im April 1988 geschieden. Das Recht der elterlichen Sorge wurde ihrer Mutter, der damals im Zuständigkeitsbereich der Klägerin wohnhaften Frau S. F., übertragen. Frau F. zeigte sich mit der Betreuung von J. überfordert und zum Aufbau einer tragfähigen Beziehung zu ihrem Kind nicht in der Lage. Die Klägerin gewährte ihr auf entsprechenden Antrag mit Wirkung ab dem 25. Januar 1989 auf der Grundlage der §§ 5, 6 des vormaligen JWG, später der §§ 27, 33 SGB VIII Hilfe zur Erziehung in der Form der Vollzeitpflege in der im Bereich des Beklagten wohnhaften Familie der Eheleute E. als einer von der Klägerin auf der Grundlage des § 33 Satz 2 SGB VIII anerkannten Erziehungsstelle. In einem Vermerk der Klägerin vom 7.6.1993 heißt es, die Kindesmutter sehe nicht die Möglichkeit, dass J. zu ihr zurückkehren könne, das Kind werde auf Dauer bei der Familie E. bleiben. J. verblieb dann bis zu ihrer Volljährigkeit und auch noch danach in der Betreuung der Familie E.. Im März 1994 wurde ihr Nachname von F. in E. geändert. J. wurde nicht durch die Eheleute E. adoptiert, das Sorgerecht verblieb bis zur ihrer Volljährigkeit bei ihrer leiblichen Mutter. Die Klägerin gewährte für die Unterbringung von J. in der Erziehungsstelle der Familie E. Pflegegeld und Erziehungshonorar in Höhe von zunächst 1.460,– DM und zuletzt – im Mai 2004 – 1.336,41 EUR im Monat zuzüglich einmaliger Beihilfen zu wechselnden Beträgen.
J. wies nach einer mit starken Komplikationen verlaufenen Geburt bereits in ihren ersten Lebensjahren eine rechtsbetonte spastische Diparese und eine Sprachentwicklungsverzögerung auf. Unter dem 22. Dezember 1988 stellte ihr das Versorgungsamt Hamburg einen Schwerbehindertenausweis (GdB 50, Merkzeichen G und H) aus. Am 19. Oktober 1988 bescheinigte das Gesundheitsamt des Bezirksamtes W., dass J. zum Personenkreis des § 39 BSHG gehöre. Als vordringliche Hilfsmaßnahme wurde unabhängig hiervon nach sachverständiger Einschätzung (Bericht des Kinderarztes Dr. G., H. Institut, vom 26.9.1988) eine Stabilisierung der familiären Verhältnisse mit konstanten Bezugspersonen und konsequentem Umgang mit dem Kind erachtet. In engem zeitlichen Zusammenhang mit ihrer Unterbringung in der Erziehungsstelle der Familie E. nahm J. zunächst eine sehr positve Entwicklung. In den folgenden Jahren traten jedoch ihre körperlichen und geistigen Beeinträchtigungen immer mehr in den Vordergrund. J. wurde in den Jahren 1992 und 1993 zweimal vom Schulbesuch zurückgestellt. Vom Frühjahr 1992 bis zum Herbst 1993 besuchte sie im Rahmen einer durch den Beklagten gewährten Eingliederungshilfe nach §§ 39, 40 Abs. 1 Nr. 1 BSHG den Sprachheil-Kindergarten in Z.; die hierfür entstehenden Kosten erstattete die Klägerin gemäß § 104 BSHG an den Beklagten. Hieran schloss sich ein Besuch der Sonderschule Z. an. Im Jahr 1997 wechselte J. auf eine Schule für geistig behinderte Kinder in I..
Mit Schreiben vom 10. Februar 1994 machte die Klägerin gegenüber dem Beklagten geltend, gemäß § 86 Abs. 6 SGB VIII i.V.m. Art. 14 Abs. 1 KJHG sei wegen des bereits mehr als zwei Jahre andauernden und auf Dauer angelegten Verbleibs von J. bei der Familie E. im Zuständigkeitsbereich des Beklagten die örtliche Zuständigkeit mit dem 1. April 1993 auf diesen übergegangen. Die Klägerin verfolgte dieses Übernahmeverlangen zunächst im Hinblick auf eine informelle Übereinkunft nicht weiter, die sie am Ende des Jahres 1993 mit den örtlichen Jugendhilfeträgern des Hamburger Umlandes zu deren Entlastung getroffen hatte. In einem Rundschreiben der Klägerin vom 20. Oktober 1993, das den Inhalt dieser Übereinkunft – mitsamt den ni...