Zusammenfassung
Die Krankenkasse hat als Einzugsstelle des Gesamtsozialversicherungsbeitrags die Einnahmen in voller Höhe zu erheben. Sie darf grundsätzlich nicht auf die Einziehung rückständiger Beiträge verzichten. Beitragsansprüche können nur dann niedergeschlagen werden, wenn feststeht, dass die Einziehung entweder keinen Erfolg haben wird oder wenn die Kosten des Einzugs in keinem Verhältnis zur Höhe des niederzuschlagenden Anspruchs stehen. Unter bestimmten Voraussetzungen können Krankenkassen über rückständige Beitragsansprüche einen Vergleich schließen.
Sozialversicherung
1 Voraussetzungen
Die Einzugsstellen haben die Beiträge der Versicherten und Arbeitgeber rechtzeitig und vollständig zu erheben. Sie dürfen Beitragsansprüche nur niederschlagen, wenn feststeht, dass die Einziehung keinen Erfolg haben wird, oder wenn die Kosten der Einziehung außer Verhältnis zur Höhe des Beitragsanspruchs stehen.
Die Niederschlagung führt nicht zur Vernichtung des Anspruchs; sie ist vielmehr als zeitweise (befristete) oder dauernde (unbefristete) Unterlassung der Weiterverfolgung des fälligen, aber nicht einziehbaren Beitragsanspruchs anzusehen.
Die Versuche, die Beiträge einzuziehen, werden durch die Krankenkasse eingestellt, wenn
- auf absehbare Zeit oder gar nicht mehr damit zu rechnen ist, dass sie zu einem Erfolg führen oder
- die Kosten der Einziehung außer Verhältnis zur Höhe des Anspruchs stehen.
Solche Beiträge können niedergeschlagen werden. Die Voraussetzungen orientieren sich daran, ob Beitragsansprüche befristet oder unbefristet niedergeschlagen werden sollen.
Schuldner wirkt nicht mit
Für die Niederschlagung von Beitragsforderungen ist ein Antrag des Schuldners nicht erforderlich. Es handelt sich dabei um eine verwaltungsinterne Maßnahme der Einzugsstelle. Der Schuldner erhält keine Mitteilung über die Niederschlagung.
1.1 Befristete Niederschlagung
Ist damit zu rechnen, dass in Zukunft vielleicht noch eine Möglichkeit besteht, die Beitragsforderung einzuziehen, wird die Einzugsstelle diese Forderungen zunächst befristet niederschlagen. Bei der befristeten Niederschlagung sind in angemessenen Zeitabständen die wirtschaftlichen Verhältnisse des Schuldners zu prüfen; zumindest sind verjährungsunterbrechende Maßnahmen durchzuführen.
Die Spitzenorganisationen der Sozialversicherung vertreten den Standpunkt, dass über die befristete Niederschlagung
- im Einzelfall zu entscheiden ist,
- sie grundsätzlich nur bei geschlossenen Arbeitgeberkonten zulässig ist und
- die Zwangsvollstreckung mindestens einmal erfolglos verlaufen ist, oder
- der Schuldner bereits eine Vermögensauskunft abgegeben hat oder
- ein Insolvenzverfahren eröffnet, mangels Masse abgewiesen oder
- die Betriebstätigkeit vollständig eingestellt wurde und ein Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht gestellt worden ist und ein entsprechendes Verfahren mangels Masse nicht in Betracht kommt oder
- weitere Einziehungsmaßnahmen voraussichtlich keinen Erfolg haben werden.
1.2 Unbefristete Niederschlagung
Die unbefristete Niederschlagung kommt einem Verzicht auf die Beiträge gleich. Der Eintritt der Verjährung wird dabei bewusst in Kauf genommen. Die unbefristete Niederschlagung von Ansprüchen auf Gesamtsozialversicherungsbeiträge, deren Höhe insgesamt die Bezugsgröße übersteigt (2024: 42.420 EUR/West; 2023: 40.740 EUR/West), darf nur im Einvernehmen mit den beteiligten Trägern der Rentenversicherung und der Bundesagentur für Arbeit vorgenommen werden. Der Erlass stellt ein endgültiges Erlöschen des Beitragsanspruchs dar. Voraussetzung ist,
- dass die Einziehung wegen der wirtschaftlichen Situation des Schuldners auf Dauer ohne Erfolg sein wird (ergebnislose Vollstreckung) oder
- dass Einziehungsmöglichkeiten nicht mehr bestehen (Tod des Schuldners, keine Erben, keine Gesamt-/Haftungsschuldner).
Wegen der hohen Ansprüche einer unbefristeten Niederschlagung kommt in der Praxis der Erlass von Gesamtsozialversicherungsbeiträgen so gut wie nie in Betracht.
2 Kleinbetragsregelung
2.1 Fehlen meldepflichtiger Beschäftigter
Beitragsansprüche dürfen auch niedergeschlagen werden, wenn der Arbeitgeber mehr als 6 Monate keine meldepflichtigen Beschäftigten mehr gemeldet hat (sog. Geschlossene Konten) und die Ansprüche die von den Spitzenorganisationen der Sozialversicherung gemeinsam und einheitlich festgelegten Beträge nicht überschreiten. Die Grenzbeträge sollen an eine vorherige Vollstreckungsmaßnahme gebunden werden, wenn die Kosten der Maßnahme in einem wirtschaftlich vertretbaren Verhältnis zur Höhe der Forderung stehen. Die vereinbarten Grenzbeträge bedürfen der Genehmigung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS).
2.2 Grenzbeträge
Die Spitzenorganisationen der Sozialversicherung haben folgende vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales genehmi...