Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Ablehnung eines Richters wegen einer gegen ihn gerichteten Schadensersatzklage der Partei
Leitsatz (amtlich)
1. Erhebt eine Prozesspartei gegen den Richter wegen seines Verhaltens im Verfahren eine Schadensersatzklage, so begründet dies nicht den Ausschlusstatbestand des § 41 Nr. 1 ZPO.
2. Eine solche Klage rechtfertigt für sich genommen auch nicht die Annahme der Befangenheit des Richters. Etwas anderes kann ausnahmsweise gelten, wenn der Richter sich in jenem Verfahren in einer Weise einlässt, dass die Befürchtung besteht, er komme in dem Prozess, in dem er als Richter zur Entscheidung berufen ist, seiner Berufspflicht zur Unvoreingenommenheit und zu sachlicher Beurteilung nicht mehr nach.
Normenkette
ZPO § 41 Nr. 1, § 42
Verfahrensgang
LG Gießen (Beschluss vom 14.03.2016; Aktenzeichen 3 O 301/15) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des LG Gießen vom 14.3.2016 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
Der Beschwerdewert wird auf 40.900,- Euro festgesetzt.
Gründe
I. Die Klägerin nimmt die Beklagten zu 1) und 2) aus abgetretenem Recht des Herrn A auf Herausgabe eines Kunstwerkes des Künstlers B (Gravur "..."), welches dem Zedenten im Jahr 1995 gestohlen worden sein und einen Wert von 40.900,- EUR haben soll, in Anspruch.
Die Klägerin hat den zur Entscheidung berufenen Einzelrichter 1 in zwei Gesuchen wegen Befangenheit abgelehnt.
Mit Beschluss vom 3.12.2015 (Bl. 354 ff. d.A.) hat das LG durch den Vorsitzenden Richter 2 und die Richter am LG 3 und 4 die Ablehnungsgesuche für unbegründet erklärt.
Hiergegen hat die Klägerin kein Rechtsmittel eingelegt, sondern mit Schriftsatz vom 15.12.2015 den Vorsitzenden Richter am LG 2 und die Richter am LG 1, 3 und 4 wegen Befangenheit abgelehnt. Wegen der Begründung wird auf Bl. 371 - 385 d.A. verwiesen.
Mit Schriftsatz vom 22.2.2016 hat die Klägerin mitgeteilt, dass sie gegen die genannten Richter vor dem Verwaltungsgericht Gießen eine Klage auf Feststellung erhoben habe, dass die Richter zum Ersatz der der Klägerin entstandenen Anwalts- und sonstigen Kosten verpflichtet seien, welche ihr "im Zusammenhang mit der Einbringung des Ablehnungsgesuchs vom 15.1.2015" entstanden sind und noch entstehen werden. Eine Abschrift der Klage war beigefügt. Die Klage ist auf Schadensersatz wegen Amtshaftung gestützt und auch gegen "das Justizministerium des Landes Hessen" gerichtet.
Mit weiterem Schriftsatz vom 8.3.2016 hat die Klägerin gerügt, dass die Richter trotz der Klage vom 22.2.2016 noch nicht "reagiert", insbesondere keine Selbstanzeigen abgegeben hätten.
Mit Beschluss vom 14.3.2016 hat das LG durch andere als die abgelehnten Richter das Ablehnungsgesuch als unzulässig zurückgewiesen. Wegen der Begründung wird auf Bl. 418 - 421 d.A. verwiesen.
Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde der Klägerin, mit der sie beantragt, den Ausschluss der vier Richter nach § 41 Nr. 1 ZPO deklaratorisch festzustellen und hilfsweise den Beschluss aufzuheben und zu erneuter Entscheidung zurückzuverweisen.
Sie beantragt ferner die Zulassung der Rechtsbeschwerde. Wegen der Begründung wird auf Bl. 441 - 454 d.A. sowie die Anlagen verwiesen.
Das LG hat dem Rechtsmittel nicht abgeholfen.
II. Die Beschwerde ist zulässig, insbesondere fristgerecht beim Beschwerdegericht eingelegt worden.
Die Beschwerde ist in der Sache jedoch nicht begründet. Dabei wird das Begehren der Klägerin über den Wortlaut des Antrages hinaus nach der Begründung dahin ausgelegt, dass auch weiterhin die Befangenheit der Richter geltend gemacht wird.
Das LG hat zu Recht und mit zutreffender Begründung das Ablehnungsgesuch gegen Vorsitzenden Richter am LG 2 und Richter am LG 3 und 4 als unzulässig und gegen Richter am LG 1 jedenfalls mit der Hilfsbegründung als unbegründet zurückgewiesen.
1. Soweit das Ablehnungsgesuch gegen den Vorsitzenden Richter am LG 2 und die Richter am LG 3 und 4 gerichtet ist, hat das LG es zu Recht als unzulässig angesehen, weil mit Ablauf der Rechtsmittelfrist gegen den von ihnen gefassten Beschluss vom 3.12.2016 keine Ablehnungsbefugnis (mehr) bestand und auch das Rechtsschutzbedürfnis für die Ablehnung entfallen ist. Ein Recht zur Ablehnung eines Richters besteht nur gegenüber einem mit dem Verfahren - auch Nebenverfahren - befassten Richter (vgl. Zöller/Vollkommer, ZPO, 31. Aufl., § 42 Rz. 2 m.w.N.; Thomas/Putzo, ZPO, 37. Aufl., § 42 Rz. 7). Die drei genannten Richter waren, weil in der Hauptsache Richter 1 als Einzelrichter zuständig ist, allein mit dem Nebenverfahren über dessen Ablehnung befasst. Dieses endete mit Eintritt der Rechtskraft des Beschlusses vom 3.12.2015. Für eine bloß hypothetisch in der Zukunft denkbare Befassung besteht kein Rechtsschutzbedürfnis.
2. Die Ablehnung von Richter am LG 1 ist jedenfalls unbegründet. Ob es auch wegen Verfolgung verfahrensfremder Zwecke rechtsmissbräuchlich ist, kann dahin gestellt bleiben.
Die Besorgnis der Befangenheit ist nach § 42 Abs. 2 ZPO dann gegeben, wenn ...