Verfahrensgang
LG Wiesbaden (Beschluss vom 13.04.2000; Aktenzeichen 4 T 106/2000) |
AG Wiesbaden (Beschluss vom 02.02.2000; Aktenzeichen 10 IK 85/99) |
Tenor
Die sofortige weitere Beschwerde des Schuldners gegen den Beschluß des Landgerichts Wiesbaden – 4. Zivilkammer – vom 13. April 2000 wird zugelassen.
Auf die Beschwerde des Schuldners werden dieser Beschluß des Landgerichts sowie die ihm zugrundeliegende Vorlageverfügung der Rechtspflegerin des Insolvenzgerichts aufgehoben.
Das Verfahren wird zur Bescheidung der Rechtsmittel des Schuldners sowie des Treuhänders gegen den Beschluß der Rechtspflegerin des Amtsgerichts vom 2. Februar 2000 an das Amtsgericht Insolvenzgerichtzurückverwiesen.
Die in den Beschwerdeverfahren angefallenen Gerichtskosten werden nicht erhoben. Die Entscheidung über die übrigen Kosten wird dem Amtsgericht übertragen.
Tatbestand
I.
Mit Beschluß vom 6. Januar 2000 wurde über das Vermögen des Schuldners wegen Zahlungsunfähigkeit das Verbraucherinsolvenzverfahren eröffnet und der Beschwerdegegner zum Treuhänder bestellt.
Mit Schreiben vom 1. Februar 2000 teilte der Treuhänder dem Schuldner mit, unter Berücksichtigung seines Nettogehalts in Höhe von 2108,94 DM und der Tabelle zu § 850 c ZPO sei ein Betrag von 623,70 DM pfändbar. Nachdem ein Einspruch des Schuldners erfolglos geblieben war, beantragte er am 2. Februar 2000 beim Insolvenzgericht, ihm gemäß § 850 f ZPO i.V.m. § 4 InsO einen zusätzlichen pfandfreien Betrag zur Bestreitung seines notwendigen Lebensunterhalts zu belassen, weil der vom Treuhänder für den Monat Januar 2000 ausgezahlte Betrag für seinen Lebensunterhalt nicht ausreiche. Daraufhin setzte das Insolvenzgericht durch die Rechtspflegerin gemäß § 4 Ins0 i.V.m. § 850 f ZPO den unpfändbaren Betrag durch Beschluß vom 2. Februar 2000 auf monatlich 1.681,60 DM fest.
Gegen die – ohne Anhörung des Treuhänders – ergangene Entscheidung setzte sich dieser mit der Erinnerung zur Wehr. Der Schuldner seinerseits legte wegen einer nach seiner Auffassung zu geringen Heraufsetzung des Pfändungsfreibetrages Beschwerde ein. Beide Rechtsbehelfe legte die Rechtspflegerin unmittelbar dem Beschwerdegericht zur Entscheidung vor.
Am 22. März 2000 beschloß die Gläubigerversammlung, dem Schuldner keinen Unterhalt aus der lnsolvenzmasse zu gewähren.
Mit Beschluß vom 13. April 2000 hat das Landgericht entsprechend dem Antrag des Treuhänders den Beschluß des Amtsgerichts vom 2. Februar 2000 aufgehoben; die Beschwerde des Schuldners hat es nicht förmlich beschieden. Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, die als Erinnerung bezeichnete sofortige Beschwerde des Treuhänders sei nach §§ 11 Abs. 1 RPflG, 793 Abs. 1 ZPO i.V.m. § 4 InsO zulässig und auch in der Sache begründet. Denn entgegen der Auffassung des Insolvenzgerichts finde § 850 f Abs. 1 ZPO im Verbraucherinsolvenzverfahren über § 4 InsO keine Anwendung. Vielmehr richte sich das Verfahren hier nach § 100 Abs. 1 InsO, wobei § 850 f ZPO einen Rahmen vorgebe, der die Gläubigerversammlung bzw. den Treuhänder dazu verpflichten könne, die erforderlichen Unterhaltszahlungen an den Schuldner zu veranlassen. Erst bei Untätigkeit des Treuhänders bzw. der Gläubigerversammlung könne das lnsolvenzgericht nach § 58 InsO die erforderlichen Maßnahmen veranlassen. Dazu habe für dieses aber noch keine Veranlassung bestanden, weil die Entscheidung der Gläubigerversammlung vom 22. März 2000 über die Ablehnung von Unterhaltszahlungen erst nach Erlaß des mit der sofortigen Beschwerde angefochtenen Beschlusses erfolgt sei.
Gegen diesen nicht zugestellten Beschluß richtet sich die sofortige weitere Beschwerde des Schuldners, mit welcher er geltend macht, das Landgericht habe verkannt, daß der unpfändbare Teil seines Einkommens nicht zur lnsolvenzmasse gehöre, so daß auch der nach § 850 f ZPO pfandfreie Betrag nicht vom Insolvenzbeschlag erfaßt werde.
Entscheidungsgründe
II.
Die sofortige weitere Beschwerde ist zuzulassen und hat insoweit Erfolg, als der angefochtene Beschluß aufzuheben und das Verfahren zur Entscheidung über die Rechtsbehelfe gegen den Beschluß der Rechtspflegerin an das Amtsgericht zurückzuverweisen ist.
1. Die sofortige weitere Beschwerde ist nach § 7 InsO zuzulassen, weil sie auf eine Verletzung der §§ 4 InsO, 850 f ZPO durch das Beschwerdegericht gestutzt wird und die Nachprüfung der angefochtenen Entscheidung zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung geboten ist.
Die Rechtsfragen zum Problem der Anwendung des § 850 f ZPO im Rahmen des eröffneten Verbraucherinsolvenzverfahrens sowie zum Rechtszug bei entsprechenden Beschlüssen, zu denen bislang – soweit ersichtlich – nur eine obergerichtliche Entscheidung ergangen ist (Beschluß des OLG Köln vom 18. August 2000, 2 W 155/2000), haben für das Insolvenzverfahren grundsätzliche Bedeutung. Darüber hinaus kann mit einer Entscheidung des Senats verhindert werden, daß sich bei den lnstanzgerichten – auch im Hinblick auf die unterschiedlichen Auffassungen in der Literatur (vgl. dazu die instruktive Übersicht ...