Leitsatz (amtlich)
Wird ein Richter während der Verhandlung abgelehnt und wird der Termin gemäß § 47 Abs. 2 Satz 1 ZPO mit dem Ergebnis fortgesetzt, dass ein Verkündungstermin anberaumt wird, dann handelt es sich bei der noch während des laufenden Ablehnungsverfahrens getroffenen Entscheidung über die Verlegung des Verkündungstermins um eine unaufschiebbare Handlung i.S. des § 47 Abs. 1 ZPO, an der auch der abgelehnte Richter mitwirken kann, ohne gegen die Wartepflicht zu verstoßen.
Normenkette
ZPO § 42 Abs. 1, § 47 Abs. 1, 2 S. 1
Verfahrensgang
LG Hamburg (Aktenzeichen 406 HKO 56/16) |
Tenor
Die Ablehnungsgesuche der Antragsgegnerin gegen VRiOLG S., Ri'inOLG T. und RiOLG B. vom 23.2.2017 werden zurückgewiesen.
Die Ablehnungsgesuche der Antragsgegnerin gegen VRiOLG S., Ri'inOLG T. und RiOLG B. vom 30.3.2017 werden zurückgewiesen.
Die Ablehnungsgesuche der Antragsgegnerin gegen VRiOLG S., Ri'inOLG T. und RiOLG B. vom 27.4.2017 werden zurückgewiesen.
Die Ablehnungsgesuche der Antragsgegnerin gegen VRiOLG S., Ri'inOLG T. und RiOLG B. vom 23.5.2017 werden zurückgewiesen.
Gründe
Die Ablehnungsgesuche der Antragsgegnerin erweisen sich in der Sache als nicht begründet.
Nach § 42 Abs. 2 ZPO findet die Ablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit statt, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters zu rechtfertigen. Die Besorgnis ist anzunehmen, wenn ein Grund besteht, der aus Sicht einer ruhig und vernünftig denkenden Partei in der Person des Ablehnenden unter Würdigung aller Umstände berechtigten Anlass gibt, an der Unvoreingenommenheit oder Unparteilichkeit des Richters zu zweifeln (BVerfGE 73, S. 330 (335) ; BVerfGE 82, S. 30 (38) ; BVerfG NJW 2000, S. 2808; BGH NJW 2001, S. 1358 (1359)). Maßgebend ist nicht, ob der abgelehnte Richter wirklich befangen ist oder sich für befangen hält, sondern allein, ob vom Standpunkt des Ablehnenden genügend objektive Gründe vorliegen, die bei vernünftiger Betrachtung geeignet sind, an der Unvoreingenommenheit des Richters zu zweifeln. Rechtsauffassungen des Richters - auch wenn sie für eine Partei ungünstig sind - sowie Maßnahmen der Verfahrensleitung stellen grundsätzlich keinen Ablehnungsgrund dar. Auch fehlerhafte Entscheidungen und Verfahrensverstöße im Rahmen der Prozessleitung sind für sich genommen nicht geeignet, die Besorgnis der Befangenheit zu begründen. Etwas anderes gilt nur dann, wenn Gründe dargetan werden, die dafür sprechen, dass das prozessuale Vorgehen oder die für unrichtig gehaltene Rechtsauffassung des Richters auf einer unsachlichen Einstellung gegenüber der ablehnenden Partei oder auf Willkür beruht (BGH NJW 1998, 612).
Solche Umstände liegen weder in den einzelnen gerügten Verfahrenshandlungen noch bei einer Gesamtschau aller Umstände vor.
Zu 1.:
Hinsichtlich der Frage, ob ein konkretes Wettbewerbsverhältnis durch den Antragsteller hinreichend dargetan ist, handelt es sich um eine rechtliche Bewertung durch den Senat, die unabhängig von ihrer Richtigkeit oder Unrichtigkeit kein Misstrauen in die Unparteilichkeit der abgelehnten Richter aufkommen lässt. Auf eine etwaige Fehlerhaftigkeit der Rechtsauffassung kommt es, wie dargelegt, nicht an (BGH NJW-RR 2012, S. 61 ). Die Befangenheitsablehnung ist kein Instrument zur Fehlerkontrolle (BGH NJW 2002, S. 2396 ; OLG Frankfurt NJW 2004, S. 621; OLG Köln FamRZ 2012, S. 318. Besondere Umstände, die dafür sprechen, dass die behauptete Fehlerhaftigkeit auf einer Voreingenommenheit der Richter gegenüber der Antragsgegnerin bzw. auf einer Bevorzugung des Antragstellers beruhen könnte, ergeben sich aus dem Vortrag der mit Rechtsprechungsnachweisen argumentierenden und auf die Schwere des angeblichen Verstoßes verweisenden Antragsgegnerin gerade nicht.
Zu 2.:
Auch daraus, dass die Mitglieder des Senats die Erklärungen der Geschäftsführerin des Antragstellers nicht zum Anlass genommen haben, nicht mehr auf die eingereichte Mitgliederliste abzustellen bzw. eine eidesstattliche Erklärung zur Aktualität der Daten zu verlangen, rechtfertigt nicht eine Besorgnis der Befangenheit. Aus der von der Antragsgegnerin zitierten Äußerung ergibt sich lediglich, dass die Daten in der Mitgliederliste auf den Angaben der Mitglieder des Vereins in ihrer Beitrittserklärung beruhen und dass der Antragsteller keine regelmäßigen Recherchen diesbezüglich vornimmt. Dass die Daten durch Zeitablauf unzutreffend geworden sind bzw. dass dies zumindest wahrscheinlich ist, lässt sich diesem Vortrag dagegen nicht entnehmen. Dass die abgelehnten Richter dies haben genügen lassen, erlaubt keinerlei Rückschluss auf eine unsachliche Einstellung gegenüber einer der Parteien.
Soweit die Antragsgegnerin geltend macht, die in der Mitgliederliste aufgeführten Gesellschaften des Lidl. bzw. des Norma-Konzern vertrieben keine Lebensmittel bzw. Nahrungsergänzungsmittel, versucht sie erneut, im Rahmen des Ablehnungsverfahrens eine Fehlerkontrolle zu erreichen. Insoweit kann auf die obigen Ausführungen verwiesen werden.
Ein Versto...