Leitsatz (amtlich)
Im Umgangs- und Sorgerechtsverfahren sind vor Anrufung des Gerichts die Beratungsmöglichkeiten des Jugendamtes zu nutzen. Ein ohne Einschaltung des Jugendamtes erhobener gerichtlicher Antrag ist daher in der Regel mutwillig, so dass Verfahrenskostenhilfe zu versagen ist.
Normenkette
ZPO § 114 Abs. 2
Verfahrensgang
AG Tecklenburg (Beschluss vom 07.03.2014; Aktenzeichen 3 F 17/14) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin vom 2.4.2014 gegen den Beschluss des AG - Familiengericht - Tecklenburg vom 7.3.2014 (Az. 3 F 17/14) wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet (§§ 76 Abs. 1 FamFG, 127 Abs. 4 ZPO).
Gründe
I. Die Beteiligten sind getrennt lebende Eheleute. Aus der Ehe sind die beiden minderjährigen Kinder G, geboren am 26.2.2008, und H, geboren am 22.4.2004, hervorgegangen, die bei der Antragstellerin leben.
Die Antragstellerin begehrt die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für den Antrag, den Antragsgegner zur Wahrnehmung eines 14-tägigen Umgangs am Wochenende mit den beiden Kindern zu verpflichten, sowie eine Regelung des Ferienumgangs.
Sie hat vorgetragen, dass der Umgang zwar aktuell vom Vater nach ihren Wünschen wahrgenommen werde, sie jedoch jederzeit damit rechnen müsse, dass sich dies ändern könne. So gebe es Schwierigkeiten bei der Durchführung des Umgangs, etwa bei einem Tausch des Umgangswochenendes sowie bei der Abstimmung der Ferienzeiten.
Der Antragsgegner hat die Auffassung vertreten, dass es keiner gerichtlichen Regelung bedürfe, der Antrag vielmehr mutwillig sei.
Das AG - Familiengericht - Tecklenburg hat mit Beschluss vom 7.3.2014 den Antrag der Antragstellerin auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für das beabsichtigte Umgangsverfahren wegen Mutwilligkeit zurückgewiesen. Gegen den ihr am 10.3.2014 zugestellten Beschluss hat die Antragstellerin mit Schriftsatz vom 2.4.2014, bei Gericht eingegangen am selben Tag, Beschwerde eingelegt.
II. Die zulässige Beschwerde der Antragstellerin hat in der Sache keinen Erfolg.
Der Senat teilt die Bewertung des AG, dass der Antragstellerin die beantragte Verfahrenskostenhilfe zu versagen ist, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung mutwillig ist.
Gemäß § 76 Abs. 1 FamFG i.V.m. § 114 Abs. 2 ZPO (in der seit dem 1.1.2014 geltenden Fassung) ist die Rechtsverfolgung mutwillig, wenn ein Beteiligter, der keine Verfahrenskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht.
Diese Voraussetzung ist vorliegend gegeben, da die Antragstellerin nicht den Versuch einer außergerichtlichen Streitschlichtung unter Inanspruchnahme einer Vermittlung des Jugendamtes unternommen hat. In Fragen der Ausübung des Umgangsrechts haben die Eltern nämlich gem. § 18 Abs. 3 S. 3 SGB VIII das Recht auf kostenlose Beratung und Unterstützung durch das Jugendamt.
1. Allerdings ist in Rechtsprechung und Literatur im Rahmen der Prüfung der Mutwilligkeit eines Verfahrenskostenhilfeantrags umstritten, ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen dem gerichtlichen Verfahren die vorgenannte Beratung durch das Jugendamt vorausgegangen sein muss.
a) Zum Teil wird die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe stets davon abhängig gemacht, dass der bedürftige Beteiligte zunächst die kostenfreie Hilfe des zuständigen Jugendamtes in Anspruch genommen hat (OLG Köln FamRZ 2013, 1241; Johannsen/Henrich/Markwardt, Familienrecht, 5. Aufl. 2010, § 114 ZPO Rz. 28). Dies wird mit dem Sozialhilfecharakter der Verfahrenskostenhilfe und ihrer Subsidiarität begründet.
b) Nach anderer Auffassung soll die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe in keinem Fall voraussetzen, dass der antragstellende Elternteil sich mit der Bitte um Vermittlung an das Jugendamt gewandt hat. Gegen die Annahme einer allgemeinen Beratungspflicht wird eingewandt, dass es keinen Erfahrungssatz gäbe, wonach bemittelte Parteien regelmäßig die außergerichtliche Streitschlichtung durch das Jugendamt wahrnehmen würden (OLG Brandenburg, Beschl. v. 24.9.2012 - 3 WF 85/12; OLG Hamm, NJW-RR 2011, 1577; FamRZ 2011, 1669; OLG Celle, FamRZ 2013, 141). Ferner sei eine Beratung nicht vorgeschrieben und verzögere die Erledigung des Verfahrens (Keidel/Zimmermann, FamFG, 18. Aufl. 2014, § 76 Rz. 17).
c) Schließlich wird vertreten, dass ein Verfahrenskostenhilfeantrag ohne vorherige Beratung durch das Jugendamt oder fehlender Kontaktaufnahme zum anderen Elternteil zwar regelmäßig mutwillig sei, etwas anderes jedoch dann gelte, wenn der Versuch einer außergerichtliche Einigung von vornherein erkennbar aussichtslos sei oder keinen Erfolg in angemessener Zeit verspreche (OLG Brandenburg, FuR 2014, 181; OLG Rostock, MDR 2011, 790; MüKoFamFG/Viefhues, 2. Aufl. 2013, § 76 Rz. 54; Büttner/Wrobel-Sachs, Prozess- und Verfahrenskostenhilfe, 7. Aufl. 2014, Rz. 465).
2. Nach Auffassung des Senats ist jedenfalls in den Fällen, in denen keine Gründe für eine besondere Dringlichkeit bestehen ode...