Leitsatz (amtlich)

Keine Aufrechnung der auf die BA nach Insolvenzgeldantrag übergegangenen Entgeltansprüche gegen Ansprüche aus Insolvenzanfechtung.

 

Normenkette

InsO § 96 Abs. 1 Nr. 3; SGB III § 187

 

Verfahrensgang

LG Arnsberg (Urteil vom 23.09.2008; Aktenzeichen 1 O 486/07)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil der 1. Zivilkammer des LG Arnsberg vom 23.9.2008 - 1 O 486/07 - teilweise abgeändert und die Beklagte unter Abweisung der Klage im Übrigen verurteilt, an den Kläger 6.925,20 EUR nebst Zinsen i.H.v. 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf 4.843 EUR seit dem 30.11.2004, auf weitere 690,20 EUR seit dem 27.12.2004 und auf weitere 1.392 EUR seit dem 14.4.2005 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

Die Anschlussberufung wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Kläger auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Parteien dürfen die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

(gemäß § 540 Abs. 1 ZPO)

I. Der Kläger ist aufgrund des Eröffnungsbeschlusses vom 1.5.2004 Insolvenzverwalter über das Vermögen der N2 Gesellschaft für Arbeitsvermittlung mbH, die bundesweit sog. Personal-Service-Agenturen (PSAen) betrieb.

Der Gesetzgeber führte mit Wirkung zum 1.1.2003 gem. § 37c SGB III das PSA-Konzept als Maßnahme der Arbeitslosigkeitsbekämpfung ein. Die PSAen sollten vom Arbeitsamt vorgeschlagene Arbeitssuchende als Arbeitnehmer einstellen und gemäß dem AÜG an andere Arbeitgeber verleihen sowie qualifizieren mit dem Ziel, sie in dauerhafte sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse mit Dritten weiter zu vermitteln. Die PSAen sollten für ihre Tätigkeit ein Honorar erhalten, welches aus Fallpauschalen für die Beschäftigung von Arbeitssuchenden und aus Vermittlungsprämien für die erfolgreiche Weitervermittlung bestand. Die Verträge mit den privaten Anbietern von PSAen sollten durch die lokalen Arbeitsagenturen der Beklagten geschlossen werden. Die Beklagte bereitete hierfür einen Mustervertrag vor, für dessen Inhalt auf die Anlage K14 Bezug genommen wird. Ferner erstellte sie ein Informationsblatt "Hinweise für Bieter", dessen Ziff. 6 lautet:

"Für volle Kalendermonate ohne Zahlung von Arbeitsentgelt kann keine Fallpauschale gezahlt werden. Diese Fälle sind dem Arbeitsamt monatlich zu melden".

In den Mustervertrag war diese Regelung jedoch nicht ausdrücklich aufgenommen worden. Nachdem der späteren Insolvenzschuldnerin am 5.2.2003 durch die Beklagte eine zunächst auf ein Jahr befristete Erlaubnis zur gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung erteilt worden war, schloss sie mit der Beklagten bundesweit eine Vielzahl von PSA-Verträgen.

Die Agentur für Arbeit T2 führte Anfang 2003 ein Vergabeverfahren durch. Dabei benutzte sie den Mustervertrag und händigte der späteren Insolvenzschuldnerin auch die "Hinweise für Bieter" aus. In dem Verhandlungsprotokoll vom 21.3.2003 findet sich der Eintrag:

"Verhandelt wurde:...

1. Hinweise an Bieter ausgehändigt, besprochen und unterschrieben".

Bei der Unterzeichnung der PSA-Verträge für den Bereich T2 (Bezirke M, X2 und X) am 22.4.2003 wurde unter Ziff. 2c als weiterer Vertragsbestandteil aufgeführt:

"das Angebot ... vom ... mit den Ergänzungen gemäß der Verhandlungsgespräche vom 21.3.2003 und 24.3.2003 ...".

Für den weiteren Inhalt der Verträge wird auf die Anlage K3 (Bl. 14-22 d.A.) Bezug genommen.

Ab Oktober 2003 stellte die spätere Insolvenzschuldnerin Arbeitssuchende ein. Am 23.1.2004 verlängerte die Beklagte die nach dem AÜG erforderliche Erlaubnis der Insolvenzschuldnerin um ein Jahr. Ab Januar 2004 zahlte die Insolvenzschuldnerin den Beschäftigten kein Arbeitsentgelt mehr und beantragte am 16.2.2004 die Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Daraufhin widerrief die Beklagte die Erlaubnis nach dem AÜG, was nach Ziff. 14 der PSA-Verträge deren Beendigung zur Folge hatte. Die Beklagte zahlte den Beschäftigten der Insolvenzschuldnerin Insolvenzgeld nach den §§ 183 ff. SGB III.

Mit Rechnungen vom 3.2.2004 und 1.3.2004 verlangte die Insolvenzschuldnerin die Zahlung der vertraglichen Fallpauschalen für Januar und Februar 2004 i.H.v. insgesamt 161.147,62 EUR sowie mit weiteren Rechnungen vom 3.2.2004, 1.3.2004, 26.5.2004, 23.11.2004 und 11.3.2005 die Zahlung von Vermittlungspauschalen i.H.v. 11.078 EUR. Die Beklagte lehnte die Zahlung der Fallpauschalen mit Schreiben vom 30.11.2004 ab.

Der Kläger hat vor dem LG nach einer Teilklagerücknahme i.H.v. 2.772,40 EUR nebst Zinsen beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an ihn 169.453,22 EUR nebst Zinsen i.H.v. 8 Prozentpunkten p. a. über dem Basiszins auf 82.657,46 EUR seit dem 29.2.2004, auf (weitere) 77.109,79 EUR seit dem 31.3.2004 und auf (weitere) 9.686 EUR seit dem 30.11.2004 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes erster...

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