Entscheidungsstichwort (Thema)

Verfahrensrecht. Gerichtsverfassungsrecht

 

Leitsatz (amtlich)

Ein Erstattungsanspruch eines privaten Krankenversicherers gegen eine gesetzliche Unfallversicherung ist vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit geltend zu machen.

 

Normenkette

GVG §§ 13, 17a; SGG § 51

 

Verfahrensgang

LG Mannheim (Entscheidung vom 15.07.2010; Aktenzeichen 11 O 63/10)

LG Mannheim (Entscheidung vom 05.06.2010; Aktenzeichen 11 O 63/10)

 

Tenor

1. Die Beschwerde der Beklagten wird der Beschluss des Landgerichts Mannheim vom 5. Juli 2010 in der Fassung des Ergänzungsbeschlusses vom 15. Juli 2010 - 11 O 63/10 - wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

3. Der Beschwerdewert wird auf EUR 57.157,36 festgesetzt.

4. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten im Verfahren der sofortigen weiteren Beschwerde darum, ob ein Erstattungsanspruch eines privaten Krankenversicherers gegen eine gesetzliche Unfallversicherung vor den ordentlichen Gerichten oder in der Sozialgerichtsbarkeit geltend zu machen ist.

Der Versicherungsnehmer der Klägerin erlitt im Jahre 2006 in Italien einen Arbeitsunfall und wurde in der Folgezeit in Italien und Deutschland behandelt. Die Klägerin übernahm die Behandlungskosten und begehrt nunmehr deren Erstattung durch die Beklagte als zuständiger gesetzlicher Unfallversicherung. Nachdem die Klägerin ihren Anspruch zunächst im Zivilrechtsweg verfolgt hat, hat sie nach einem entsprechenden Hinweis des Landgerichts die Auffassung vertreten, dass die Rechtssache von den Sozialgerichten zu entscheiden sei. Nach Anhörung der Beklagten, die der Verweisung entgegengetreten ist, hat das Landgericht mit dem angefochtenen Beschluss die Unzulässigkeit des Rechtsweges zu den Zivilgerichten ausgesprochen und die Sache an das Sozialgericht Stuttgart verwiesen (As. 58, 64). Dagegen richtet sich die sofortige Beschwerde der Beklagten (As. 67), der das Landgericht nicht abgeholfen hat (As. 77).

II. Die sofortige Beschwerde ist nach § 17a Absatz 4 Satz 2 GVG zulässig, hat jedoch in der Sache keinen Erfolg. Das Landgericht hat zu Recht die Unzulässigkeit des Rechtswegs zu den Zivilgerichten festgestellt und die Sache an das zuständige Sozialgericht verwiesen.

1. Ob eine Streitigkeit öffentlich-rechtlich oder bürgerlich-rechtlich ist, richtet sich, wenn - wie hier - eine ausdrückliche Rechtswegzuweisung des Gesetzgebers fehlt, nach der Natur des Rechtsverhältnisses, aus dem der Klageanspruch hergeleitet wird. Dieser Grundsatz bestimmt die Auslegung des § 13 GVG ebenso wie diejenige des § 51 SGG. Ausgangspunkt für die Prüfung muss daher die Frage sein, welcher Art das Klagebegehren nach dem zugrunde liegenden Sachverhalt ist (vgl. etwa BGH, Beschluss vom 30. Januar 1997 - III ZB 110/96, NJW 1997, 1636).

2. Nach diesem Maßstab ist das Rechtsverhältnis der Parteien dem öffentlichen Recht zuzuordnen.

a) Die Klägerin leitet ihre Erstattungsforderung im Kern daraus ab, dass ihr Versicherungsnehmer gegen die Beklagte Anspruch auf Leistungen nach einem Arbeitsunfall gehabt hätte; dieser - grundsätzlich auf Sachleistung gerichtete - Anspruch habe sich in einen Geldleistungsanspruch umgewandelt, weil die Beklagte den Arbeitsunfall erst am 17. April 2007 und damit zu einem Zeitpunkt anerkannt habe, als die Behandlungen schon bezahlt gewesen seien. Die Klägerin macht damit geltend, dass ein sozialversicherungsrechtlicher Anspruch ihres Versicherungsnehmers gegen die Beklagte entweder auf sie übergegangen sei oder sie eine Erstattung verlangen könne, weil sie Leistungen zugunsten des Versicherungsnehmers erbracht habe, zu denen an sich die Beklagte verpflichtet gewesen wäre. Eine der Klageforderung entsprechende Entscheidung könnte daher nicht ergehen, ohne dass die - eindeutig dem öffentlichen Recht zuzuordnende - Frage geklärt wird, ob und ggf. in welchem Umfang der Versicherungsnehmer der Klägerin Ansprüche gegen die Beklagte gehabt hätte und ob sich diese Ansprüche (ausnahmsweise) nicht auf Sach-, sondern auf Geldleistungen richten.

b) Auch für die daneben zu klärende Frage, ob im Verhältnis der Parteien ein Erstattungsanspruch besteht, kommt die Anwendung öffentlichen Rechts in Betracht. Der Bundesgerichtshof hat mit Beschluss vom 30. Januar 1997 (aaO.) die Klage eines privaten, nicht für die Versorgung gesetzlich Versicherter zugelassenen Krankenhauses gegen die gesetzliche Krankenversicherung auf Zahlung von Vergütung den Sozialgerichten mit der Begründung zugewiesen, bei einer möglichen Geschäftsführung ohne Auftrag hänge die Zuordnung zum privaten oder öffentlichen Recht davon ab, welchen Charakter das Geschäft gehabt hätte, wenn es vom Geschäftsherrn selbst vorgenommen worden wäre. Legt man diesen Rechtssatz zugrunde, würde auch ein möglicher Anspruch der Klägerin aus Geschäftsführung ohne Auftrag dem öffentlichen Recht zuzuordnen sein, wären doch die originär von der Beklagten zu erbringenden Leistungen - nicht anders als diejenigen der gesetzlichen Kran...

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