Entscheidungsstichwort (Thema)
Prozeßkostenvorschuß. Vermögen. Freistellungsanspruch. Sozialhilfe. Rückabtretung. Trennungs- und Kindesunterhalt. Prozeßkostenhilfe
Leitsatz (amtlich)
1. Dem Unterhaltsberechtigten, der Sozialhilfe bezieht, kann nach Rückabtretung der übergegangenen Ansprüche durch den Träger der Sozialhilfe Prozeßkostenhilfe nicht bewilligt werden, da er einen Anspruch auf Zahlung eines Prozeßkostenvorschusses gegen den Sozialhilfeträger hat (ebenso OLG Koblenz, FamRZ 1997, 1086, entgegen OLG Köln, FamRZ 1997, 297: Freistellungsanspruch).
2. Dieser Grundsatz erfährt aus Gründen der Prozeßökonomie und zum Zwecke der Gewährleistung eines einheitlichen Verfahrens eine Einschränkung dann, wenn der Sozialhilfeempfänger Unterhalt geltend macht, der die Höhe der Sozialhilfe übersteigt. In diesen Fällen ist ihm einheitlich Prozeßkostenhilfe – ohne Raten (vgl. Senat, FamRZ 1994, 714) – zu bewilligen, es sei denn, seine eigene Mehrforderung wirke sich nicht streitwerterhöhend aus.
Normenkette
ZPO §§ 114-115; BSHG § 91 Abs. 4
Verfahrensgang
AG Karlsruhe (Beschluss vom 27.05.1998; Aktenzeichen 2 F 85/98) |
Tenor
1. Auf die Beschwerde der Klägerin wird der Beschluß des Amtsgerichts – Familiengericht – Karlsruhe vom 27.05.1998 (2 F 85/98) aufgehoben, soweit er den Trennungsunterhalt betrifft. Hinsichtlich des geltend gemachten Kindesunterhaltes wird die Beschwerde zurückgewiesen.
2. Die Entscheidung über die Bewilligung von Prozeßkostenhilfe für den Trennungsunterhalt bleibt – bezüglich der Erfolgsaussicht der Klage – dem Amtsgericht vorbehalten.
Tatbestand
I.
Die Klägerin begehrt Prozeßkostenhilfe für ihre am 30.03.1998 eingereichte – bisher nicht zugestellte – Klage auf Getrenntlebensunterhalt in Höhe von monatlich 925,00 DM ab April 1998, rückständigen Ehegattenunterhalt für Februar und März 1998 in Höhe von zusammen 1.570,00 DM und Kindesunterhalt in Höhe von monatlich 415,00 DM ab April 1998 sowie rückständigen Kindesunterhalt für Februar und März 1998 in Höhe von zusammen 300,00 DM. Ihr beklagter Ehemann habe ein monatliches Nettoeinkommen von 2.810,00 DM, zahle aber lediglich monatlichen Kindesunterhalt für den am 29.12.1992 geborenen ehegemeinsamen Sohn Markus in Höhe von 265,00 DM und Ehegattenunterhalt in Höhe von monatlich 140,00 DM.
Die Parteien streiten insbesondere um die Bereinigung des zu berücksichtigenden Einkommens des Beklagten.
Die Klägerin, die für eine Umschulungsmaßnahme vom Arbeitsamt Unterhaltsgeld in Höhe von monatlich 452,00 DM erhält, bezieht seit 24.10.1996 für sich und das Kind ergänzende Sozialhilfe, und zwar im Klagezeitraum wie folgt:
im Monat |
für die Klägerin selbst |
für das Kind Markus |
zusammen |
Februar 1998 |
263,60 DM |
445,00 DM |
708,60 DM |
März 1998 |
263,60 DM |
445,00 DM |
708,60 DM |
April 1998 |
0,00 DM |
408,60 DM |
408,60 DM |
Mai 1998 |
448,60 DM |
445,00 DM |
893,60 DM |
Juni 1998 |
448,60 DM |
445,00 DM |
893,60 DM |
ab Juni 1998 |
445,00 DM |
446,00 DM |
893,00 DM |
Das Sozialamt des Landratsamts Karlsruhe hat die übergegangenen Ansprüche durch Abtretungserklärung vom 08.11.1996 gemäß § 91 Abs. 4 BSHG auf die Klägerin rückübertragen, die ihrerseits die geltend gemachten Unterhaltsansprüche an das Sozialamt abgetreten hat.
Durch Beschluß vom 27.05.1998 hat das Amtsgericht Prozeßkostenhilfe versagt, da die Klägerin nicht bedürftig sei. Sie könne von dem Sozialhilfeträger, der Inhaber des Unterhaltsanspruchs geblieben sei und weiterhin das Prozeßkostenrisiko trage, einen Prozeßkostenvorschuß verlangen.
Gegen die Versagung der Prozeßkostenhilfe richtet sich die Beschwerde der Klägerin, der das Amtsgericht nicht abgeholfen hat.
Entscheidungsgründe
II.
Die gemäß § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO zulässige Beschwerde hat in der Sache teilweise Erfolg. Die persönlichen und wirtschaftlichen Voraussetzungen für eine Prozeßkostenhilfebewilligung (§ 114 ZPO) liegen bezüglich des Ehegattenunterhaltes vor, da die bedürftige Klägerin Trennungsunterhalt geltend macht, der die gewährte Sozialhilfeleistungen der Höhe nach erheblich übersteigt.
1. Dem Amtsgericht ist grundsätzlich darin zuzustimmen, daß einer Partei, die einen rückabgetretenen, zuvor auf das Sozialamt übergegangenen Unterhaltsanspruch im eigenen Namen einklagt, ein Anspruch auf Zahlung eines Prozeßkostenvorschusses gegen das Sozialamt zusteht (Johannsen/Henrich/Thalmann, Eherecht, 3. Aufl., § 115 ZPO, Rn. 20 unter Bezugnahme auf OLG Koblenz, FamRZ 1997, 1086 entgegen OLG Köln, FamRZ 1997, 297, 298). Dieser Anspruch zählt zum Vermögen der Klagpartei, das sie gemäß § 115 Abs. 2 ZPO grundsätzlich zur Deckung der Prozeßkosten einzusetzen hat (vgl. Zöller/Philippi, ZPO, 20. Aufl., § 115, Rn. 66).
Das OLG Koblenz stützt seine entsprechende Ansicht auf § 91 Abs. 4 Satz 2 BSHG, wonach von dem Träger der Sozialhilfe Kosten, mit denen der Hilfeempfänger durch die mögliche Rückübertragung des auf die Sozialbehörde übergegangenen Unterhaltsanspruchs und die Abtretung des geltend gemachten Unterhaltsanspruchs belastet wird, zu übernehmen hat. Die Forderung eines Vorschusses zur Geltendmachung ...