Entscheidungsstichwort (Thema)

elterliche Sorge: Abänderung und Prüfungsmaßstab. Familiensache

 

Leitsatz (amtlich)

Der Prüfungsmaßstab ist bei der Abänderungsentscheidung nach § 1696 BGB streng: Die Vorteile der Neuregelung müssen bei fehlendem Einvernehmen der Eltern die mit der Änderung verbundenen Nachteile unter dem Gesichtspunkt der Erziehungskontinuität deutlich überwiegen. Geänderte Gesetze – hier die Neuregelung des Bereichs der elterlichen Sorge durch das Kindschaftsrechtsreformgesetz – rechtfertigen für sich allein keine Abänderung.

 

Normenkette

BGB § 1696

 

Verfahrensgang

AG Karlsruhe-Durlach (Urteil vom 26.08.1999; Aktenzeichen 2 F 159/98)

 

Tenor

1. Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluß des Amtsgerichts – Familiengericht – … vom 26.8.1999 (2 F 159/98) wird zurückgewiesen.

2. Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

3. Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 5.000,– DM festgesetzt.

4. Der Antragsgegnerin wird für den 2. Rechtszug unter Beiordnung von Rechtsanwältin … Prozeßkostenhilfe bewilligt. Sie hat ab 1.2.2000 monatliche Raten in Höhe von 190,– DM auf die Prozeßkostenhilfe zu zahlen.

 

Gründe

I.

Die Parteien sind die Eltern der am 24.3.1987 geborenen Kinder … und …. Anläßlich der Ehescheidung wurde die elterliche Sorge durch das Urteile des Amtsgerichts – Familiengericht – … vom 14.11.1994 (2 F 145/93) auf die Kindeseltern gemeinsam übertragen. Durch Beschluß des Amtsgerichts – Familiengericht – … vom 26.8.1997 (2 F 88/97) wurde die elterliche Sorge in Abänderung des Scheidungsurteils auf Antrag der Kindesmutter auf diese allein übertragen.

Die beiden Kinder leben bei der Mutter, die teilweise erwerbstätig ist. Den Vater können die Kinder nach Bedarf besuchen.

Der Vater hat im Hinblick auf die am 1.7.1998 in Kraft getretene neue gesetzliche Regelung in Abänderung des Beschlusses des Amtsgerichts – Familiengericht – … vom 26.8.1997 beantragt, die elterliche Sorge für die gemeinsamen Töchter … und … auf beide Eltern zu übertragen. Zuletzt hat er bzgl. … beantragt, ihm die elterliche Sorge allein zu übertragen, bzgl. … könne es dann ggf. beim alleinigen Sorgerecht der Mutter bleiben.

Schon im Jahr 1997 habe das Gericht festgestellt, daß er ebenfalls erziehungsgeeignet sei und das Sorgerecht nur auf die Mutter übertragen, weil die Kinder bei der Anhörung erklärt hätten, daß sie im Haushalt der Mutter leben wollten. Er respektiere diesen Wunsch, wenngleich die Kinder auch bei ihm versorgt werden könnten. Sie hielten sich ohnehin fast jeden Nachmittag bei ihm auf. Beide Kinder hätten den Wunsch, daß die Eltern das Sorgerecht gemeinsam ausübten. Juliane habe den Wunsch geäußert, bei ihm leben zu wollen.

Die Mutter ist dem Antrag entgegen getreten.

Eine Änderung der Sorgerechtsregelung sei dem Kindeswohl nicht dienlich. Die Kinder wollten bei der Mutter leben; daß sie eine gemeinsame Sorge wünschten, werde bestritten. Sie hielten sich im wesentlichen bei der Mutter auf. Im übrigen sei ein Zusammenwirken der Eltern hinsichtlich der Kindesbelange nicht möglich, da schon seit Jahren keine Kommunikationsmöglichkeiten bestünden.

Das Jugendamt des Landratsamtes Karlsruhe hat am 12.10.1998 einen Bericht erstattet (I, 21 ff.).

Das Familiengericht hat die Eltern sowie die Kinder Juliane und Katharina zweimal persönlich angehört (vgl. Protokolle vom 10.11.1998, 1.12.1998, 8.2.1999, I, 31 ff. sowie 29.7.1999 und 2.8.1999, I, 59 ff.).

Mit Beschluß vom 26.8.1999 hat das Familiengericht den Antrag des Vaters auf Abänderung der Sorgerechtsentscheidung zurückgewiesen.

Triftige Gründe im Sinne des § 1696 BGB für eine Abänderung lägen nicht vor, wolle bei der Mutter bleiben, dieser Wunsch sei zu berücksichtigen, so daß kein Anlaß bestehe, dem Vater die alleinige elterliche Sorge zu übertragen. Eine gemeinsame elterliche Sorge komme nicht in Betracht, da das Verhältnis zwischen den Eltern immer noch nachhaltig gestört sei; der partnerschaftliche Konflikt verhindere jeden Konsens auf Elternebene.

Wegen der Einzelheiten wird auf den Beschluß vom 26.8.1999 verwiesen.

Gegen diesen richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte und begründete Beschwerde des Vaters.

Er verfolgt weiterhin die Übertragung der elterlichen Sorge auf beide Elternteile. Das alleinige Sorgerecht für … habe er nur beantragt, da das Amtsgericht zu erkennen gegeben habe, daß ein gemeinsames Sorgerecht nicht in Betracht komme. Das Jugendamt habe ein gemeinsames Sorgerecht befürwortet, beide Kinder wollten dies, ebenso wollten die Kinder den Vater uneingeschränkt besuchen können. Die Mutter könne nicht durch ihre Opposition ein gemeinsames Sorgerecht verhindern, dies sei nicht Sinn der neuen gesetzlichen Regelung, sie müsse vielmehr zur Kommunikation mit dem Vater gezwungen werden.

Die Mutter tritt der Beschwerde entgegen.

Sie macht sich die Entscheidung des Amtsgerichts zu eigen und trägt im übrigen vor, die Kinder könnten die Tragweite ihres angeblichen Wunsches nicht überblicken. Nicht einmal im Vermög...

Dieser Inhalt ist unter anderem im SGB Office Professional enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge