Leitsatz (amtlich)
1. Zur Gegenwärtigkeit einer Vermögensschädigung eines Kindes nach Annahme eines überschuldeten Nachlasses
2. Zur Ergänzungspflegerauswahl, insbesondere dem Verhältnis Berufs-, Vereins- und Amtsvormundschaft
Verfahrensgang
AG Bernkastel-Kues (Aktenzeichen 3d F 30/20) |
Tenor
1. Auf die Beschwerde der Mutter wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengerichts - Bernkastel-Kues vom 06. November 2020 - 3d F 30/20 - teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
1.1. Der Mutter wird die Verwaltung des Nachlasses nach dem am ... Juli 2018 verstorbenen ... als Teil ihrer Vermögenssorge für das Kind N ... entzogen.
1.2. Soweit dieser Teil der elterlichen Sorge entzogen wurde, wird Ergänzungspflegschaft angeordnet. Zum Ergänzungspfleger wird das Jugendamt ... bestimmt.
2. Die weitergehende Beschwerde der Mutter wird zurückgewiesen.
3. Von der Erhebung der Gerichtskosten des erst- und zweitinstanzlichen Verfahrens wird abgesehen. Die außergerichtlichen Kosten der Beteiligten werden nicht erstattet.
4. Der Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 3.000 Euro festgesetzt.
Gründe
I. Die Beteiligten ... sind die nicht miteinander verheiraten Eltern des betroffenen Kindes N ... Die Mutter ist allein sorgeberechtigt.
N ... ist aufgrund gesetzlicher Erbfolge zum Erben des am ... geborenen und am ... Juli 2018 verstorbenen ... berufen, einem Großonkel väterlicherseits. Der Nachlass ist überschuldet. Vom Anfall der Erbschaft hatte die Mutter nach eigenen Angaben am 19. Februar 2019 Kenntnis erlangt.
Am 22. Februar 2019 erklärte die Mutter als gesetzliche Vertreterin ihres Sohnes zu Protokoll des Amtsgerichts - Nachlassgericht - Trier die Ausschlagung der Erbschaft nach ... und beantragte die familiengerichtliche Genehmigung der Erbausschlagung. Bereits seitens des Nachlassgerichts wurde die Mutter darauf hingewiesen, "dass die rechtskräftige Genehmigung innerhalb der Ausschlagungsfrist dem Nachlassgericht zugehen muss".
Die familiengerichtliche Genehmigung des Amtsgerichts - Familiengericht - Bernkastel-Kues vom 7. Oktober 2019 wurde der Mutter am 29. Oktober 2019 zugestellt. Mit dieser Zustellung wurde die Mutter ausdrücklich darauf hingewiesen, dass sie eine Ausfertigung des rechtskräftigen Genehmigungsbeschlusses fristgerecht dem Nachlassgericht übersenden oder vorlegen müsse; zu diesem Zwecke erhalte sie nach Eintritt der Rechtskraft unaufgefordert eine Beschlussausfertigung mit Rechtskraftvermerk übersandt.
Unter dem 19. November 2019 wurde die Beschlussausfertigung mit Rechtskraftvermerk seitens des Familiengerichts unmittelbar dem Nachlassgericht übersandt und mit gleicher Post auch der Mutter, die von der Genehmigung jedoch nie Gebrauch gemacht hat. Auch diesbezügliche telefonische Ratschläge des Familiengerichts hat sie offenbar nicht beherzigt.
Trotz Aufforderung vom 08. Juni 2020 und Erinnerung vom 23. Juni 2020 hat sie die Gründe für die Nichtgebrauchmachung nicht dargelegt. Am 07. Juli 2020 wurde sie erneut erinnert und aufgefordert, mitzuteilen, welche Schritte sie einleiten will. Auch wurde sie auf einen möglichen Teilentzug der elterlichen Sorge hingewiesen, wenn sie sich weiter nicht meldet.
Am 16. Juli 2020 erklärte die Mutter telefonisch, sie habe nicht gelesen, dass sie die Genehmigung beim Nachlassgericht vorlegen muss. Sie würde trotz der langen Zeit den Beschluss an das Nachlassgericht senden und sich melden, wenn sie mit ihrer Anwältin die rechtlichen Möglichkeiten geklärt hat. Dennoch hat die Mutter sich weder beim Familiengericht gemeldet noch die gerichtliche Genehmigung ans Nachlassgericht übersandt. Auch eine erneute Sachstandsanfrage an die Mutter vom 10. August 2020 blieb erfolglos.
Daraufhin hat das Amtsgericht - Familiengericht - Bernkastel-Kues am 03. September.2020 von Amts wegen ein Verfahren wegen Gefährdung des Kindesvermögens nach § 1666 BGB eingeleitet, das Jugendamt angehört und Frau ... zur Verfahrensbeiständin bestellt.
Das Jugendamt hat in seiner Stellungnahme vom 25. September 2020 gebeten, mildere Maßnahmen als den Entzug der Vermögenssorge zu prüfen, da die Kindeswohlgefährdung nur das überschuldete Erbe betreffe.
Die Verfahrensbeiständin hat den Entzug der Vermögenssorge befürwortet. Auch sie habe trotz Anschreiben keinen Kontakt zur Mutter bekommen.
Ohne vorherige Anhörung der Eltern oder des Kindes hat das Amtsgericht - Familiengericht - Bernkastel-Kues durch die Rechtspflegerin daraufhin mit Beschluss vom 06. November 2020 der Mutter die Vermögenssorge entzogen. Wegen des bisherigen Verhaltens der Mutter sei zu befürchten, dass diese einen drohenden Vermögensschaden nicht abwenden könne.
Gegen diesen ihr am 09. November 2020 zugestellten Beschluss richtet sich die Beschwerde der Mutter vom 09. Dezember 2020, mit der sie dessen Aufhebung begehrt.
Sie ist der Auffassung, dass der Rechtspfleger nicht zuständig gewesen sei, sie sei über ihre Verpflichtung zur Genehmigungsvorlage nicht belehrt, nicht hinreichend beteiligt und nicht angehört worden. Auch sei ...